Nicht immer stammt "natürliches Vanille-Aroma" wirklich aus den Schoten. Dank viraler TikTok-Videos fürchten viele, dass der Vanille-Geschmack aus Biber-Sekreten stammt – aber stimmt das?

Katrin Jokic

Wer „natürliches Vanille-Aroma“ liest, denkt wahrscheinlich zuerst einmal an Vanilleschoten und ihr Mark. Vanille wird aus den Kapselfrüchten verschiedener Orchideen-Arten gewonnen und vor allem auf Madagaskar, La Réunion und anderen Inseln im Indischen Ozean angebaut. Die Gewinnung ist aufwändig – Blüten müssen per Hand bestäubt, geerntet und aufwendig fermentiert werden. 40.000 von Hand bestäubte Blüten ergeben am Ende gerade einmal ein Kilo Vanillin. Hinzu kommen Krankheiten und Unwetter, die immer wieder zu Missernten führen. Deswegen gehört die echte Vanille zu den teuersten Gewürzen der Welt.

 

Die weltweite Nachfrage nach „natürlicher Vanille“ könnte mit echter Vanille aus Schoten nicht gedeckt werden. Synthetisch wird das Aroma meist aus Isoeugenol hergestellt, doch dann ist es eben kein natürliches Aroma mehr.

Dank moderner Chemietechnik ist es möglich, (vermeintlich) natürliches Vanille-Aroma auf anderen Wegen zu gewinnen. Doch woher kommt der Vanille-Geschmack dann tatsächlich, wenn nicht aus einer Schote? Es gibt verschiedene Verfahren.

Bibergeil: Wird daraus Vanille-Aroma hergestellt?

2020 erhielt das Thema Vanille-Aroma dank der Social-Media-Plattform TikTok neue Aufmerksamkeit. Ein Video des Users sloowmoee, das zeigt, wie er nach der Herkunft von Vanille-Geschmack googelt und sich anschließend ekelt, ging viral.

Der Grund: Natürliches Vanille-Aroma kann aus Castoreum, sogenanntem Bibergeil, gewonnen werden. Dabei handelt es sich um eine bräunliche, klebrige Substanz, die Biber aus ihrem Hinterteil absondern, um ihr Territorium zu markieren. In der Vergangenheit wurde Bibergeil bereits in der Medizin eingesetzt, teilweise kommt es auch als Duftstoff in Parfums und anderen Kosmetikartikeln zum Einsatz.

In den USA ist Castoreum als Lebensmittelzusatzstoff zugelassen. Es wird als Himbeer-, Erdbeer- oder eben Vanille-Aroma eingesetzt und muss lediglich als „natürliches Aroma“ gekennzeichnet werden. Inbesondere Vegetarier und Veganer können so nicht herausfinden, welche Aromen tatsächlich von Tieren stammen.

Die Verwendung von Bibergeil ist jedoch auch in den USA umstritten. Nicht nur ekeln sich wahrscheinlich viele Menschen bei der Vorstellung, mit ihrem Vanille-Eis auch Bibergeil zu essen, die Jagd schädigt auch die Biberpopulation in Nordamerika. Generell ist die Verwendung von Bibergeil als Vanille-Aroma eher selten, denn die Gewinnung ist viel zu teuer. Lebensmittelhersteller greifen mittlerweile auf andere Methoden zurück.

In Deutschland gilt der Biber als geschützt und die Verwendung des Sekrets ist in Lebensmitteln verboten. In Kosmetika wie Parfums und After Shaves ist die Verwendung zwar erlaubt, aber äußerst selten.

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Vanille-Aroma aus Fichten

Fichtenholz enthalten Lignine, die wesentlich für die Verholzung und Festigkeit von pflanzlichem Gewebe sind. Dieses Lignin wird mit einem Kupferkatalysator oxidiert – und schon entsteht Vanillin, also der Hauptaromastoff der Gewürzvanille. Aus 100 Kilo Holz lassen sich 3 Kilo Vanillin gewinnen, aus dem Rest wird Cellulose gemacht. Hersteller und Lebensmittelkonzerne verwenden das Vanillin als natürliches Aroma, schließlich ist es aus einem natürlichen, nachwachsenden Rohstoff gewonnen worden.

Vanille-Aroma aus Kuhfladen

Nicht nur Fichten enthalten Ligninfasern – diese kommen auch in den Ausscheidungen von pflanzenfressenden Tieren vor. Denn ihnen fehlen die Mikroorganismen, die das Lignin zersetzen, so wie es bei fleischfressenden Tieren der Fall ist. Die japanische Forscherin Mayu Yamamoto machte sich dies zunutze und konnte tatsächlich aus Kuhdung Vanillin gewinnen. Aus 40.000 Tonnen Kuhfladen können bis zu 2 Tonnen Vanillin hergestellt werden.

Curcumin und Hefe liefern Vanille-Geschmack

Curcumin ist der Farbstoff, der beispielsweise Safran seine intensive Färbung verleiht. Es kommt aber auch in Kurkuma vor und ist daher beispielsweise auch in Currypulvern enthalten. Aus diesem Farbstoff, weiteren Enzymen und der Chemietechnik kann schließlich Vanillin gewonnen werden. Die Enzyme stammen aus Pilzen und Hefe, also ebenfalls natürlichen Rohstoffen. Diese Entdeckung stammt aus Deutschland.

Auch in Dänemark verwendeten Gentechniker Hefe und Pilze, um Vanillin herzustellen. Einfache Bäckerhefe wurde mit speziellen Pilz-Genen, Bazillen, Pflanzen und auch mit einem menschlichen Gen bestückt – und am Ende entstand natürliches Vanillin.

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