Die Kunsthalle Würth in Schwäbisch Hall zeigt Neuerwerbungen aus der Sammlung. Ein qualitätvolles, aber auch konturloses Potpourri.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Schwäbisch Hall - Freilichtmaler haben es schwer. Sie müssen bei Wind und Wetter raus in die Natur, sie stapfen über Stock und Stein und schleppen ihre Siebensachen durch Wald und Wiese. David Hockney lässt es dagegen gemütlich angehen. Vorbei die Zeiten, als der britische Maler sich zu Fuß auf den Weg machte. Heute bleibt der alte Herr im Auto sitzen und zeichnet mit dem iPad zum Beispiel die „Ankunft des Frühlings“. Das Ergebnis wirkt einerseits frisch mit seinen saftigen Grüntönen, zugleich aber auch befremdlich und künstlich. Reinhold Würth hatte schon immer ein Faible für Hockneys Malerei, weshalb er in den vergangenen Jahren immer wieder Arbeiten von Hockney angekauft hat. Offensichtlich waren sich der Hohenloher Unternehmer und sein Kunstbeirat einig: Hockneys iPad-Landschaften sind es wert, in die Sammlung aufgenommen zu werden.

 

Die Sammlung Würth ist gigantisch. Sie umfasst an die 18 000 Werke vom Mittelalter bis in die Gegenwart, Regionales und Internationales ist dabei, absolute Spitzenkunst und Abseitiges. Und noch immer wächst und wächst die Sammlung und kommen neue Werke hinzu, bei denen es wie mit Kindern sei, sagt Reinhold Würth – „Sie sind alle unterschiedlich, und doch haben Eltern sie alle gleich lieb.“ In der Kunsthalle Würth in Schwäbisch Hall werden nun 200 Werke gezeigt, die in den vergangenen Jahren neu für die Sammlung erworben wurden und tatsächlich unterschiedlicher nicht sein könnten. Hier expressive Hand- und Fingermalerei von Arnulf Rainer, dort ein fast unbewegtes Videobild von Elger Esser, das einen Garten zeigt. Francois Morellet hat ein Gitter gezeichnet, Yan Pei-Ming hat dagegen „Papst Franziskus“ mit skeptischem Blick porträtiert. Eine eher grobe Malerei, die nicht allzu inspiriert wirkt. Der chinesische Künstler lebt schon lange in Frankreich und widmet sich am liebsten berühmten Persönlichkeiten in gewaltigen Formaten.

An Warhols „Campbell’s Soup“ hat man sich satt gesehen

Die Ausstellung „Wohin das Auge reicht“ ist in einzelne Sektionen unterteilt und widmet sich der Natur oder auch der Figur, die Stefanie Gerhardt, 1974 geboren, gern in weiße, quadratische Räume sperrt. Bei ihrer Videoarbeit „Inside“ sieht man, wie sich die Modelle auf dem engen Raum die Zeit vertreiben, wie sie dösen oder sich gegen die Wand stemmen – und Stefanie Gerhardt zugleich neue Motive liefern für ihre Gemälde, wo die Figuren im weißen, konturlosen Raum liegen oder scheinbar fliegen.

Nicht alle Tage sieht man das Spätwerk des Bauhaus-Künstlers Johannes Itten. Auf den vier abstrakten Werken „Vier Jahreszeiten“ aus dem Jahr 1963 sind Rechtecke und Quadrate verschiedener Farbgruppen unterschiedlich arrangiert. An Kraft hat dagegen Andy Warhols „Campbell’s Soup Box“ verloren, die es gleich in mehreren Varianten gibt, als Siebdrucke oder Grafit-Zeichnung, die vor allem verraten, wie geschäftstüchtig der hochgejubelte Pop-Art-Künstler war.

Reinhold Würth ist eine wertvolle Säule im Kunstbetrieb

Unabhängig von der Qualität so mancher Arbeit verrät die Ausstellung aber doch, dass der Sammlung Würth Kontur und Handschrift fehlen. Reinhard Würth ist eine wertvolle Säule im Kunstbetrieb, weil er nicht nur Institutionen als Sponsor unterstützt, sondern auch die Kunstszene mit am Leben erhält – entsprechend sagt er in einem begleitenden Video „Ich kauf das Ding einfach, da hat’s ‘ne Ruh‘.“ In der Ausstellung kann das bunte Potpourri allerdings nicht überzeugen, eine Position reiht sich an die andere, ein Künstler folgt dem nächsten – und es sind in der Tat fast nur Künstler. So taucht man zur Erholung am besten ein in eine der sinnlichsten und stärksten Arbeiten: „Unschuldiges Blut“ von Anish Kapoor, eine an der Wand hängende, rosarote Schale, in der sich der Blick verliert, als versinke man im Nichts.