Senioren-Wohngemeinschaften werden immer beliebter. Wir stellen zwei in der Innenstadt vor. Beispiel eins: Die Bewohner der WG an der Friedhofstraße – ein Vorreiterprojekt der Landesbaugenossenschaft – freuen sich über gute Nachbarschaft. Im Beispiel zwei, dem Wohnprojekt Wabe im Generationenhaus Heslach, gibt es durchaus auch mal Streitigkeiten.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

S-Süd - Für Petra Schneider ist ihr Wohnprojekt wie ein Sechser im Lotto. Auch Marlies Pilz bekräftigt: „Hier zieht niemand gerne wieder aus.“ Die beiden wohnen seit mehreren Jahren im obersten Stock des Generationenhauses Heslach. Dort hat die Stadt Stuttgart dem Verein Wabe – Gemeinschaftliche Wohnformen für Jung und Alt – fünf Wohnungen zur Verfügung gestellt. Die fünf Frauen, die dort leben, haben jeweils eine Wohnung für sich alleine, aber alle helfen sich gegenseitig und unternehmen auch ab und zu etwas zusammen.

 

Seit 14 Jahren leben die fünf Frauen zusammen

Alle fünf sind im Jahr 2001 gemeinsam eingezogen. Vier Frauen seien sie anfangs gewesen, die fünfte haben sie über eine Annonce gefunden, erzählt Petra Schneider. Bei ihrem Einzug waren die jüngste im Bunde 30 Jahre alt, die älteste 70. Marlies Pilz ist heute 83 Jahre alt. Lange hatte sie mit Mann und Kindern in Backnang gelebt. Als ihr Ehemann vor knapp 20 Jahren starb, erfüllte sie sich den lang gehegten Wunsch, in die Stadt zu ziehen. „Was soll ich da draußen alleine?“, habe sie sich gedacht. Als sie auf den Verein Wabe stieß, wusste sie sofort, das dies das Richtige für sie ist: die zentrale Lage in der Innenstadt, der Ausblick über Heslach, die Nähe zum Wald und die schöne Wohnung. Vor allem der Gemeinschaftsgedanke gefiel ihr. Mit Begeisterung sind die Damen in ihr Wohnprojekt gestartet. Anfangs saßen sie oft beieinander, haben gekocht, gefeiert und viel Freizeit miteinander verbracht. Das ist inzwischen nicht mehr so. „Das hat sich irgendwie zerlaufen“, bedauert die 64-jährige Petra Schneider. Eine richtige Gemeinschaft oder gar eine große Familie sei es auf Dauer leider nicht geworden. Zu unterschiedlich sind die Lebensentwürfe, die Persönlichkeiten. Wäscheständer auf dem Flur und andere Kleinigkeiten führen auch mal zu Streiterein.

Heute leben die Frauen zwar noch zu fünft im obersten Stockwerk, aber eher nebeneinander her. Die gegenseitige Unterstützung ist aber geblieben. Seitdem Marlies Pilz nicht mehr weit laufen kann, erledigen die anderen Besorgungen und Einkäufe für sie. Vor allem mit Petra Schneider ist sie gut befreundet. Die beiden kümmern sich rührend umeinander, gehen wie selbstverständlich beieinander ein und aus. „Das ist wirklich ein Geschenk“, sagt Schneider.

Alleinleben ist nicht die ideale Lebensform für jeden

Die 64-Jährige ist eine große Befürworterin von alternativen Wohnformen. Nur acht Jahre lang hat sie in ihrem Leben alleine gewohnt. Für diese Zeit sei es das Richtig gewesen, sagt Schneider. Auf Dauer ist Alleinleben für sie jedoch nicht die ideale Lebensform. Die meiste Zeit hat sie in Wohngemeinschaften verbracht. „Jetzt habe ich aber die perfekte Wohnform für mich gefunden“, sagt Schneider. Sie habe ihre eigene Wohnung, lebe aber nicht allein. Ein Familienersatz hat die Lehrerin nicht gesucht, nur Gesellschaft und gegenseitige Unterstützung im Alltag.

Optimal findet Schneider die Anbindung an das Generationenhaus. Sie engagiert sich dort stark und besucht regelmäßig Veranstaltungen. Schön findet sie, dass immer was los ist. „Wer hier allein sein will, will auch wirklich allein sein“, betont sie. Denn Gesellschaft finde sich im Haus immer. Neben dem Initiativen- sowie dem Familienzentrum befindet sich im Gebrüder-Schmid-Weg 13 ein Alten- und Pflegeheim. Nur mehr Kinder im Haus würde sich Petra Schneider deshalb wünschen. Marlies Pilz ist vor allem froh, dass die anderen Frauen tierlieb sind. Deshalb ist der einzige Herr im fünften Stock auch akzeptiert. Hund Flo ist völlig in die Gemeinschaft integriert.