Für manche Stadträte ist es eine Geheimwaffe im Kampf gegen die Wohnungsnot: das sogenannte Dichtekonzept. Der Baubürgermeister warnt allerdings vor überzogenen Erwartungen und hofft, dass die Ratsfraktionen bei Nachverdichtungen künftig auch mitziehen.

Stuttgart - Der Begriff „Konzept“ hat laut Duden verschiedene Bedeutungen: Zum einen kann man darunter ein klar definiertes Programm verstehen, zum anderen aber auch einen ersten skizzenhaften Entwurf. Weil Stadträte und Stadtverwaltung unterschiedlichen Definitionen des gleichen Begriffs haben, gab es im Technischen Ausschuss Ende November einen heftigen Schlagabtausch über das sogenannte Dichtekonzept: In der Landeshauptstadt sollen damit mehr Wohnungen auf Brachflächen und in Innenhöfen gebaut werden, indem man etwa die Grundflächen der Wohnungen verkleinert. Am Montag befasst sich nun der Unterausschuss für Wohnen mit dem inzwischen in „Potenzialanalyse Wohnen“ umgetauften Konzept, am Dienstag wird den Stadträten im Technikausschuss eine Studie des Stadtplanungsbüros Orplan präsentiert.

 

Baubürgermeister Peter Pätzold (Grüne) übt sich im Vorfeld der Sitzungen in Selbstkritik: „Wir hätten klarer machen sollen, dass es noch nicht um eine konkrete Handlungsanleitung geht, sondern um eine Untersuchung anhand ausgewählter Beispiele, wie ein solches Konzept zu entwickeln ist.“ Vor allem die SPD, aber auch CDU und SÖS/Linke-plus im Gemeinderat hatten kritisiert, dass das Konzept zur Nachverdichtung bereits vor fünf Jahren in Auftrag gegeben worden sei und bis heute nichts auf dem Tisch liege.

Im Schnitt leben in Stuttgart 62 Einwohner auf einem Hektar Fläche zusammen

Ob das fertige Konzept als Geheimwaffe im Kampf gegen den Mangel an bezahlbarem Wohnraum dienen kann, ist fraglich. Zu groß sind oft die Widerstände vor Ort, wenn es um die Bebauung von Freiflächen geht, wie etwa das Beispiel der strittigen Nachverdichtung im Möhringer Stadtteil Fasanenhof zeigt. „Stuttgart ist schon heute eine der am dichtesten besiedelsten Städte Deutschlands“, stellt der Baubürgermeister fest. Im städtischen Durchschnitt leben 62 Einwohner auf einem Hektar Fläche – die Streuung reicht freilich von 220 Einwohner pro Hektar im Vogelsang bis zu 1,7 Einwohnern pro Hektar im Österfeld.

„Aber natürlich haben wir noch Potenzial für eine Nachverdichtung“, sagt Pätzold. Die Studie von Orplan habe an Hand von zehn ausgewählten Beispielen untersucht, wie und wo sich an verschiedenen Stellen in der Stadt mehr Wohnungen auf vergleichsweise geringer Grundfläche unterbringen lasse. Jetzt gehe es darum, das gesamte Stadtgebiet nach solchen Wohnungsbauflächen abzuklopfen und dabei Aspekte wie Eigentumsverhältnisse, Stadtklima, Anbindung an den Öffentlichen Verkehr sowie die soziale Struktur vor Ort zu berücksichtigen. 2020 soll dann das Konzept dann tatsächlich stehen.

Baubürgermeister appelliert an Stadträte, Nachverdichtungen auch durchzusetzen

Wie viel mehr Wohnungen durch die Anwendung des Konzepts tatsächlich entstehen könnten, ist abhängig von der einzelnen Baufläche. „Die Streuung liegt je nach dem zwischen 15 und über 300 Prozent“, sagt der Abteilungsleiter im Stadtplanungsamt, Matthias Bertram. Der Baubürgermeister hofft nun auf den entsprechenden politischen Rückhalt im Gemeinderat, wenn es bei einzelnen Bauvorhaben zum Schwur kommt: „Nachverdichtung erzeugt immer Protest. Ich hoffe, der Rat bleibt dann auch mal standhaft.“ Die Mahnung richtet sich vor allem an jene Fraktionen, die sich in der Vergangenheit wie die CDU im Fall des Fasanenhofs oder die SÖS/Linke-plus im Fall der Zuffenhausener Keltersiedlung die Bedenken politisch zu eigen gemacht hatten.