Das Baukindergeld und andere Förderprogramme werden nach Einschätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung die Baukosten weiter in die Höhe treiben. Die Forscher plädieren für eine neue Strategie beim sozialen Wohnungsbau.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Die Baupreise werden laut einer Prognose des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) 2019 um 4,5 Prozent steigen. Im zurückliegenden Jahr dürfte das Plus fast fünf Prozent erreicht haben, schätzen die Wissenschaftler Martin Gornig, Claus Michelsen und Martin Bruns im aktuellen DIW-Wochenbericht. Sowohl die Lohn- als auch die Materialkosten seien zuletzt kräftig gestiegen. „Baukindergeld und höhere Abschreibungen für den Mietwohnungsbau dürften den bereits sehr starken Preisauftrieb weiter anschieben“, schreiben die Forscher mit Blick auf das neue Jahr.

 

Sie zeigen sich skeptisch, ob die Förderprogramme tatsächlich die Bautätigkeit anregen und damit Entspannung auf dem Wohnungsmarkt bringen werden. „Die Bauwirtschaft dürfte ihre Kapazitäten angesichts der Kürze mancher Förderprogramme kaum ausweiten.“ Baukindergeld kann bis Ende 2020 beantragt werden. Die geplanten Sonderabschreibungen für Bauträger soll es nur für Projekte geben, die zwischen dem 31. 8. 2018 und dem 1. 1. 2022 angezeigt oder genehmigt wurden.

Forscher warnen vor Mitnahmeeffekten

Vor diesem Hintergrund befürchtet das DIW Mitnahmeeffekte – dass also Steuergeld in Bauvorhaben fließt, die auch ohne staatliche Förderung zustande gekommen wären. „Es muss aber mehr gebaut werden, und zwar vor allem in den Großstädten“, sagte DIW-Experte Martin Gornig unserer Zeitung. Zwar ist unstrittig, dass die Bautätigkeit seit 2010 kräftig zugelegt hat – allein in den Wohnungsbau wurden 2018 laut DIW-Schätzung rund 73 Milliarden Euro investiert. In vielen Städten bleibe das Angebot aber noch immer weit hinter der Nachfrage zurück.

Die neuen Fördermittel würden mit der Gießkanne ausgeschüttet, kritisiert das DIW. Das Baukindergeld liegt unabhängig vom Wohnort bei 12 000 Euro je Sprössling. Die geplanten Sonderabschreibungen seien für Neubauprojekte auf dem Land sogar lukrativer als in der Stadt, monierte das DIW bereits im November in einer Stellungnahme zu dem Gesetzesvorhaben. Unterstützt werden sollen nämlich nur Bauprojekte, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten 3000 Euro je Quadratmeter nicht überschreiten. Das Preisgefälle zwischen Stadt und Land werde dabei nicht berücksichtigt. Da nur der Gebäude- und nicht der Bodenwert abschreibungsfähig sei, falle die Förderrendite zudem dort am höchsten aus, wo Bauland billig ist.

Für sinnvoll halten die DIW-Experten hingegen Investitionen in den sozialen Wohnungsbau. Für die Jahre 2018 bis 2021 stellt der Bund den Ländern dafür fünf Milliarden Euro zur Verfügung. Die Fehler der Vergangenheit, als ganze Siedlungen mit Sozialwohnungen errichtet und damit soziale Brennpunkte geschaffen wurden, dürften aber nicht wiederholt werden. „Vielmehr sollten in Großstädten in Vierteln, wo dies zur Wahrung der sozialen Mischung sinnvoll erscheint, einzelne Mietshäuser oder Häuserzeilen mit Sozialwohnungen errichtet werden“, meint Gornig.

Der soziale Wohnungsbau ist umstritten

Um eine Mischung verschiedener Einkommensklassen zu erreichen, werden teilweise auch private Investoren verpflichtet, beim Bau von Mehrfamilienhäusern einen gewissen Anteil für Sozialwohnungen zu reservieren. „Wirklich benachteiligte Gruppen versuchen die Vermieter dann aber in der Regel doch rauszuhalten“, sagt Gornig. Einen vollständigen Ersatz für kommunale Sozialwohnungen biete dieses Modell daher nicht.

Der soziale Wohnungsbau ist allerdings umstritten, weil die hohen Grundstückskosten und Baupreise natürlich auch hier zu Buche schlagen. Der Wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums kritisierte im vergangenen Jahr überdies, dass nicht immer die Bedürftigsten profitierten: Nach dem Einzug werde meistens nicht mehr überprüft, ob der Bewohner die einschlägigen Einkommensgrenzen nicht wieder überschreite. Der Beirat regte deshalb an, der Staat solle stattdessen lieber das Wohngeld für Haushalte mit niedrigen Einkommen erhöhen. Die Bundesregierung hat für 2020 eine Reform dieser Subvention angekündigt. Die Sätze und Einkommensgrenzen waren zuletzt 2016 angehoben worden.

Nach Einschätzung des Beirats würde eine neuerliche Erhöhung auch einen Anreiz für private Investoren schaffen, in dem für Wohngeldbezieher interessanten Preissegment zu bauen. Angesichts der großen Nachfrage auch zahlungskräftigerer Haushalte nach Wohnungen ist allerdings fraglich, ob dieser Effekt tatsächlich eintritt.

Eines der größten Hindernisse für den Wohnungsbau ist laut Reiner Braun vom Beratungsunternehmen Empirica die unzureichende Ausweisung von Bauland durch die Kommunen. „Hier in Deutschland können von der Idee bis zur Umsetzung zehn Jahre vergehen“