Die Initiative Solidarische Nachbarschaft Schoettle-Areal hat in den vergangenen Monaten Ideen und Konzepte für die Umnutzung zusammengetragen. Sie will auf dem Gelände dauerhaft bezahlbaren Wohnraum schaffen.

Aus den Stadtteilen: Kathrin Wesely (kay)

S-Süd - Während die Verhandlungen über das Areal erst noch bevorstehen, haben Andere das Gelände des Statistischen Landesamtes bereits gedanklich in Beschlag genommen und erste Ideen formuliert. Der Hintergrund: Das Statistische Landesamt gibt seinen Standort im Stuttgarter Süden nahe dem Erwin-Schoettle-Platz auf, sodass das innerstädtische Gelände bis 2023 frei wird. Das Areal ist im Besitz des Landes Baden-Württemberg und böte erhebliches Potenzial für die Entwicklung des Stadtbezirks. Dazu müsste das Land der Stadt das Gelände entweder verkaufen oder in Erbpacht überlassen.

 

Prominente Politiker mit im Boot

Um die 120 Bürger, vereint in der Initiative Solidarische Nachbarschaft Schoettle-Areal, wollen bei der Umgestaltung des frei werdenden Geländes mitreden. Sie haben bereits mehrfach getagt und erste Ideen zusammengetragen. Sie wünschen sich bezahlbaren Wohnraum, Platz für Kunst, Kultur, Soziales und Kleingewerbe. Die Initiative drängt Stadt und Land zum Handeln: „Beide müssen sich endlich einigen, denn wenn noch mehr Zeit vergeht, werden wir auf dem Schoettle-Areal bald Leerstand bekommen!“ Deswegen hat die Initiative eine Online-Petition aufgesetzt, und sucht noch bis Ende Juni Unterstützer. Ferner hat sie um die 100 Mails und Briefe an Politiker in Stadt und Land verschickt. „Die Resonanz war toll“, sagen Sabine Vogel und Markus Bauer von der Initiative: Viele hätten Zustimmung signalisiert, manche Unterstützung zugesichert – unter ihnen: Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne), Landtagskandidat Sascha Meßmer (SPD), Gemeinderat Thomas Adler (Linke) und Thomas Fuhrmann.

Die Leitfrage der Initiative lautet: Was brauchen wir in Stuttgart-Süd? Dabei sei es wichtig, so Vogel und Bauer, möglichst viele Leute zu erreichen, um möglichst viele unterschiedliche Interessen zu berücksichtigen. Jemand, der vor Jahren als Geflüchteter neu in den Bezirk kam, braucht vielleicht eine bezahlbare Wohnung, ein alter Mensch möglicherweise einen Pflegeplatz und Familien eine Kita. Und alle brauchen was zu essen, weshalb die Initiative weiterhin eine Kantine auf dem Gelände haben will. Um den Wohnraum auf dem Schoettle-Areal dauerhaft bezahlbar zu halten, wäre die Organisation als Genossenschaft denkbar. Aber auch andere funktionierende Beispiele hat sich die Initiative angeschaut und kämen als Blaupause in Betracht, etwa die Kooperative Neuer Norden. „Wichtig ist, sich vom Mietmarkt unabhängig zu machen“, sagt Sabine Vogel.

Zeitgemäße Konzepte

Ihre Gestaltungsideen hat die Initiative auf ihrer Homepage, https://schoettleareal.de, gesammelt. Zentraler Punkt ist das Miteinander: Eine solidarische Nachbarschaft soll entstehen, eine Gemeinschaft, die Identität stiftet. Dazu braucht es gemeinsamer Aktivitäten in gemeinschaftlichen Räumen. Die private Wohnfläche wird zu Gunsten von Gemeinschaftsflächen reduziert. Zugleich wünscht man sich Vielfalt bei den Wohnformen: Familien, WGs, Clusterwohnungen, Mehrgenerationenwohnen, Senioren-WG mit Pflegeunterstützung.

Die Wünsche zur Ausstattung des Areals lesen sich wie ein state of the art sozialer Gegenwartsträume: Draußen hübsche Wege durchs Areal, lauschige Plätze, ein Spielplatz und ein Parcours mit Fitnessgeräten, die für alle im Bezirk offen sind und als „konsumfreie Begegnungsorte“ fungieren mögen. Der Innenhof soll sich zum Schoettle-Platz hin öffnen.

Überhaupt ist die Öffnung in den Bezirk ein Wunsch, der sich in unterschiedlichen Aspekten äußert, beispielsweise darin, dass man im Austausch stehen möchte zu den verschiedenen Einrichtungen im näheren Umfeld. Es werden soziale Zugänge gewünscht für benachteiligte Menschen, besagte Stadtteilkantine mit günstigem Essen, eine Sharingstation, Co-Working-Spaces, ein Lebensmittellädchen, Werkstätten, Freiräume für Kulturschaffende, Urban Gardening und Kleintierhaltung. Und das alles zukunftsfähig, ressourcenschonend und ökologisch.

Auch das Bauen soll nachhaltig erfolgen, mit nur kleinen Eingriffen in die Substanz, Umnutzung von Bestehendem, Fassadenbegrünung, möglichst CO2-neutral und voll regenerativer Energien. Ein ambitioniertes, ein aufregendes Projekt ist hier im Süden auf dem Weg.