Ein klangvoller Name, viel Tradition und viel Verpflichtung: Wolfgang Porsche lenkt die Geschicke der berühmten Autodynastie. Nun wird er 75 – und sieht seine Mission noch nicht erfüllt.

Stuttgart - Er ist noch nicht fertig. Wolfgang Porsche könnte einfach in Rente gehen, aber er will noch nicht. Es gibt da ein paar Dinge, die er gern noch erledigt sehen möchte, bevor er die Führung der Automobildynastie Porsche an die nächste Generation weitergibt. Der Kulturwandel bei Volkswagen geht zwar voran, findet er, aber abgeschlossen ist er nicht. Und bis dahin will er dabeibleiben. „Ich glaube schon, dass ich den angestoßenen Wandel noch mitüberwachen sollte“, hat er kürzlich dem „Stern“ erzählt. Am Donnerstag, den 10. Mai, wird Wolfgang Porsche 75 Jahre alt. Gerade haben ihn die VW-Aktionäre für weitere fünf Jahre in den Aufsichtsrat gewählt. Und die will er auch machen, sofern die Gesundheit es zulässt.

 

Porsche ist kein Automanager im klassischen Sinn, nie gewesen – und doch zusammen mit seinem Cousin Hans Michel Piëch einer der einflussreichsten Köpfe der Branche. Ohne die Oberhäupter des Porsche/Piëch-Clans, dem die Mehrheit an Volkswagen gehört, geht nichts bei dem Wolfsburger Autobauer und auch nicht bei Audi und schon gar nicht bei dem traditionsreichen Sportwagenbauer aus Stuttgart-Zuffenhausen, der den Namen der Familie trägt. Bei allen sitzt der promovierte Handelswissenschaftler Wolfgang Porsche im Aufsichtsrat, bei der Porsche AG und der VW-Dachgesellschaft Porsche SE als Vorsitzender und damit maßgeblicher Lenker im Hintergrund.

Porsche arbeitet bei Daimler im Vertrieb

Geboren in Stuttgart, verbringt Porsche die ersten Jahre seiner Kindheit in Zell am See in Österreich, auf dem „Schüttgut“, dem Hof seines Großvaters Ferdinand, der als Konstrukteur den Grundstein des heutigen Imperiums legte. Er ist fünf, als sein Vater „Ferry“ den ersten Porsche-Sportwagen 356 auf den Markt bringt – den Vorläufer des legendären 911, mit dem der erklärte Autofan Wolfgang Porsche noch heute gern vom „Schüttgut“, wo er wieder lebt, seine Lieblingsstrecke zum Großglockner hinauffährt.

Dass man sich die Familie leider nicht aussuchen kann, ist im Zusammenhang mit den Porsches und Piëchs eine gern zitierte Weisheit - nicht zuletzt von Wolfgang Porsche selbst, dessen Geschichte man ohne die Geschichte der Familie kaum erzählen kann. Der Clan ist reich an Geld und Einfluss, aber auch an Streit.

Es geht schon Anfang der 70er-Jahre los. Weil sie sich nicht einigen kann, wer das Ruder bei Porsche in der Hand halten soll, beschließt die Familie, ganz aus dem operativen Geschäft auszusteigen und nur noch externe Manager zu berufen. Wolfgang Porsche ist da noch an der Uni. Er sattelt auf Motorräder um, importiert Yamahas nach Österreich und Ungarn, arbeitet bei Daimler im Vertrieb.

Rivalität mit seinem Cousin Ferdinand Piëch

1978 wird er erstmals in den Aufsichtsrat der Porsche AG berufen, seither hat er alle wichtigen Weichen für die Firma gestellt: die Sanierung nach der Krise Anfang der 90er, die Einführung neuer, für Porsche bis dahin untypischer Modelle wie des Geländewagens Cayenne, den Einstieg in die Elektromobilität mit dem Mission E, der nächstes Jahr auf den Markt kommen soll. „Ich habe größte Hochachtung vor einem Menschen, der jetzt 75 wird und mit solcher Agilität und solchem Interesse gerade auch neuen Themen gegenübersteht“, sagt Vorstandschef Oliver Blume. Porsche rede nicht rein, sondern suche die Diskussion. „Und das ist es, was ich an ihm schätze.“

Prägend für das öffentliche Bild ist aber auch die Rivalität Porsches mit seinem lange Zeit sehr mächtigen Cousin Ferdinand Piëch, seines Zeichens zuerst Vorstandschef und später Aufsichtsratschef bei VW. Als der kleine Sportwagenbauer aus Zuffenhausen sich Ende der 2000er-Jahre anschickte, die großen Wolfsburger zu übernehmen, habe Piëch nach außen Unterstützung signalisiert und hinter den Kulissen Sand ins Getriebe gestreut, kritisiert Porsche im „Stern“. Der Plan scheitert, die Porsche SE hält seitdem aber zumindest die Mehrheit an VW.

Noch ist Aufhören kein Thema

Der endgültige Bruch folgt 2015, als Piëch VW-Vorstandschef Martin Winterkorn öffentlich die Unterstützung entzieht. Wolfgang Porsche hält zu Winterkorn – und letztlich muss Piëch seinen Platz räumen. Später verkauft er seine Beteiligung an der Porsche SE und räumt auch dort das Feld. „Das war sicher eine Zäsur“, hat Porsche dem „Stern“ gesagt. „Ich frage mich immer wieder, wie sich jemand mit einer solch großartigen Lebensleistung innerhalb kürzester Zeit selbst ins Abseits bugsieren konnte.“

Künftig soll alles etwas ruhiger werden. Nach dem 75. Geburtstag, den Porsche ganz privat in Salzburg feiert, soll der Generationswechsel bei der Holding vorangetrieben werden. Auf der Hauptversammlung der Porsche SE kandidieren weitere Vertreter der vierten Familiengeneration für den Aufsichtsrat. Er selbst habe durchaus eine Vorstellung, wer seine Arbeit fortführen könnte, hat Porsche der „Automobilwoche“ erzählt: Ferdinand Oliver Porsche (57), ein Neffe, der wie er selbst schon in allen vier Kontrollgremien sitzt. „Er kennt diese Unternehmen sehr gut. Ihm würde ich diese Rolle voll und ganz zutrauen“, hat er gesagt. Aber noch ist Aufhören kein Thema. Und entscheiden muss am Ende sowieso die Familie.