Der Winzer und Brenner Marcus Hofmeister wird bei den World Drinks Awards ausgezeichnet. Die große Gala fällt aber wegen Corona aus. Seine Destillerie in der Rommelshauser Straße betreibt er mit seiner Familie seit mehr als zehn Jahren.

Fellbach - Als Marcus Hofmeister jüngst seine E-Mails gecheckt hat, fand er eine Nachricht. „Herzlichen Glückwunsch, Sie haben gewonnen“, stand da auf Englisch. Fast hätte er sie als nervige Werbebotschaft in den digitalen Papierkorb befördert. Doch zum Glück schaute er genauer hin. Er hatte tatsächlich gewonnen. Bei den World Drinks Awards erhielt er die Auszeichnung: Best German Liqueur-Gin. Damit wächst in Fellbach nicht nur guter Wein. Auch der beste Gin-Likör Deutschlands wird hier gebrannt.

 

Weltweite Nummer eins ist eine Destillerie in Großbritannien

Den Preis erhielt Hofmeister für seinen herbsüßen „Sloe Gin“, bestehend aus fruchtigem Schlehensaft und Gin. Den hatte er 2019 Jahr bei den World Drinks Awards eingereicht – in etwa Olympische Spiele der alkoholischen Getränke. „Das ist die weltweit größte Veranstaltung, es werden Drinks aus der ganzen Welt ein-gereicht“, erklärt Hofmeister. Wie bei Olympia gibt es viele Kategorien. Statt Hochsprung, Speerwurf und Schach eben Bier, Whisky – oder Likör. Hier hat Hofmeister mit seiner Destillerie in der Kategorie Gin-Likör als bester Deutscher gewonnen. Weltweite Nummer eins ist eine Destillerie in Großbritannien. Dort haben die Veranstalter auch ihren Sitz.

„Ich habe mich natürlich sehr darüber gefreut“, sagt der 43-Jährige, auch wenn die Benachrichtigung per Digitalpost recht schmucklos war. „Ich bekomme aber noch eine hochwertige Urkunde zugeschickt.“ Normalerweise gibt es auch eine große Gala, bei der die Preise verliehen werden. Die fällt dieses Jahr aber wegen der Corona-Pandemie wohl ins Wasser.

Kaufen kann sich Hofmeister von seinem Preis nichts

Wie hart sich Hofmeister den Sieg erkämpfen musste, ist unklar. „Wie viele Deutsche mitgemacht haben, weiß ich gar nicht“, gibt er zu. „Es werden nur Sieger veröffentlicht.“ Ganz überrascht ist der Edelbrand-Sommelier von der Auszeichnung nicht. „Ich weiß, ohne angeberisch zu sein, dass es ein gutes Produkt ist“, sagt der 43-Jährige. „Wir sind viel auf Endverbrauchermessen unterwegs, und ich habe nie gehört, dass der Sloe Gin nicht schmeckt. Deswegen habe ich ihn natürlich schon mit einer gewissen Erwartungshaltung eingereicht.“

Kaufen kann sich Hofmeister von seinem Preis nichts. Im Gegenteil. Wie bei vielen anderen Wettbewerben, bei denen sich Hofmeister beteiligt, muss eine Art Startgeld bezahlt werden. „Das ist jetzt der dritte internationale Wettbewerb“, erzählt er. „Beim Landesverband der Klein- und Obstbrenner machen wir alle zwei Jahre mit, in den Jahren dazwischen bei anderen.“ Da dann jeweils mit unterschiedlichen Schwerpunkten: mal Gin, mal Whisky und jetzt eben der Gin-Likör. Dabei geht es Hofmeister nicht um den Ruhm. „Wir wollen Rückmeldungen bekommen und hören, wie unsere Produktqualität ist“, erklärt er. Dafür nimmt er auch Startgelder in Kauf. Ausgezeichnet wurde er unter anderem 2019 zur besten Brennerei in der Kategorie Obstbrände, beim International Spirits Award 2016 war sein Produkt „Obstbrand des Jahres“.

Der gebürtige Stuttgarter studierte in Geisenheim Weinbau und Getränketechnologie

Neben dem Gin-Likör hat Hofmeister schwäbische Whiskys und Obstbrände im Angebot seines Hofladens: „Vom klassischen Williams über Apfelbrand bis zu Mirabelle – was der Obstgarten hergibt.“ Die Grundlage kommt zu 90 Prozent aus seinen eigenen Obstanbauflächen von Stuttgart bis Weinstadt. „Alles, was am Baum wächst, machen wir selbst“, erklärt Hofmeister. Nur Beerenobst bekomme er von einem früheren Schulfreund. Neben den Obstbäumen hat Hofmeister auch Weinberge, denn sein Hauptberuf ist nicht die Brennerei. „Ich bin ursprünglich Winzer“, erzählt er. „Das Brennen ist ein Hobby, das ein bisschen ausgeufert ist und inzwischen zu einem nicht unwesentlichen Teil zum Einkommen beiträgt.“

Der gebürtige Stuttgarter studierte in Geisenheim Weinbau und Getränketechnologie. 2005 übernahm er den Betrieb seines Stiefvaters Albrecht Rieger. Von ihm komme die Basis. „Mein Stiefvater hat seit Anfang der 90er-Jahre eine Brennerei. Da habe ich während Studienzeiten immer mitgeholfen“, erinnert sich Hofmeister. Im Studium kam dann zusätzlich der Anstoß zum Whisky. „Da saßen wir abends zusammen und haben diskutiert. Dann kam die Frage auf – warum machen wir nur Obstbrände und keinen Whisky?“ Der Brenner fand kein Gegenargument. Mit der Übernahme des Betriebs schaffte er sich eine zweite Brennanlage an und konnte bald Fellbacher Whisky verkaufen.

Von den Corona-Schließungen wurde Hofmeister glücklicherweise verschont

„Mit meiner Frau habe ich mich entschlossen, die Brennerei auf eigene Füße zu stellen“, erzählt er. 2009 investierten die beiden in einen Verkaufsraum und eine Schaubrennerei. Stets neugierig erweiterte er kurz darauf sein Sortiment. „2011 haben wir den ersten Gin gemacht, weil die Nachfrage größer geworden ist“, so Hofmeister. Ihre Hauptkundschaft erstreckt sich auf Stuttgarts Speckgürtel bis Esslingen und Ludwigsburg. Aber auch in ganz Deutschland beliefern sie Weinhandlungen und Delikatessenhändler.

Die Destillerie Rieger und Hofmeister ist auch heute, nach mehr als zehn Jahren noch ein echter Familienbetrieb. „Wir sind insgesamt zu dritt“, erzählt der Brenner. „Meine Frau unterstützt mich, soweit sie Zeit hat.“ Sie betreibt nebenan die Weinstube Moiakäfer. „Dann ist mein Stiefvater immer noch im Betrieb tätig. Er unterstützt meine Frau und mich, wo es geht.“ Für den Weinbau, unter anderem auch am Kappelberg, haben sie einen Mitarbeiter angestellt. Was ihm mehr Spaß macht, das Brennen oder der Weinbau, kann Hofmeister nicht sagen. „Es hat alles seinen Reiz“, sagt er. „Die Abwechslung ist schön. Ich mache jeden Tag etwas anderes.“

Von den Corona-Schließungen wurde Hofmeister glücklicherweise verschont. „Wir konnten offen bleiben, weil wir ein Hofladen sind“, erklärt er. „Aber die klassischen Händler von uns mussten zumachen. Das hat gerade in der Woche vor Ostern wehgetan, weil der Umsatz fehlte.“ Auch die Weinstube Moiakäfer musste komplett schließen. So hatte Hofmeisters Frau Zeit, ihre beiden Kinder im Home-Schooling zu betreuen. Auch die zeigen schon erstes Interesse an der Brennerei und dem Weinbau – zumindest zeitweise. „Manchmal ist das Interesse sehr groß“, erzählt Hofmeister. „Aber wenn die Kumpels zum Fußball gehen, dann ist das Interesse wieder ganz klein.“ Im Alter von neun und elf Jahren, ist es aber wohl vollkommen in Ordnung, wenn sich das Interesse am Alkohol in Grenzen hält.