Die Parteispitze schimpft über den Koalitionspartner CDU. Die Klimapolitik soll im Wahlkampf ganz oben stehen. In Reutlingen findet ein digitaler Parteitag statt.

Stuttgart - Mit harschen Vorwürfen gegen den Regierungspartner CDU und einer Koalitionsofferte an die SPD sind die Grünen in den Landtagswahlkampf gestartet. Als „Klotz am Bein“ habe er die CDU bei der Klimapolitik empfunden, sagte am Montag Grünen-Landesparteichef Oliver Hildenbrand. „Enttäuscht“ äußerte er sich über den Partner, weil dieser in der Corona-Krise „in alte Klientelpolitik zurückgefallen“ sei und die Interessen einzelner Branchen überbetont habe.

 

„Grün-Rot wäre die Präferenz“, folgerte Co-Parteichefin Sandra Detzer für ein eventuelles Bündnis nach der Landtagswahl. Das Ziel am 14. März 2021 sei jedenfalls, „dass gegen uns keine Regierung gebildet werden kann“.

Am Wochenende wollen die Südwest-Grünen Winfried Kretschmann, der seit 2011 Ministerpräsident ist, erneut zu ihrem Spitzenkandidaten küren und das Wahlprogramm beschließen. „Wir wollen das Signal senden: Gerade in Zeiten der Unsicherheit braucht das Land jemanden, der’s kann“, sagte Detzer.

Für das Treffen, zu dem auch Bundesparteichef Robert Habeck erwartet wird, ist in der Reutlinger Stadthalle ein Studio aufgebaut. Die rund 230 Delegierten können wegen der Corona-Pandemie aber nur über Video daran teilnehmen. Intensive Debatten werden unter anderem zu den Themen Gentechnik und Mobilität erwartet. Für das Wahlprogramm sind mehr als 800 Änderungsanträge angekündigt.

Der Konkurrent „Klimaliste“

Zentrales Wahlkampfthema soll der Klimaschutz sein. Detzer räumte ein, dass die Grünen auf diesem Feld durch die Bewegung Fridays-for-Future unter Druck geraten sind: „Das hat dazu geführt, dass wir Ziele nachgeschärft haben, auch im Programm.“ Im Unterschied zu der Partei Klimaliste, die erstmals zur Landtagswahl antritt, hätten die Grünen den Anspruch, nicht nur Ziele, sondern auch den Weg dorthin zu beschreiben. Hildenbrand: „Wer zu uns in politische Konkurrenz tritt, den behandeln wir auch als Konkurrenz, wir scheuen die Auseinandersetzung nicht.“ Die Klimaliste sei allerdings nicht gleichzusetzen mit der Bewegung Fridays-for-Future.

Im Entwurf zum Wahlprogramm treten die Grünen unter anderem für die Fotovoltaik-Pflicht auf Altbauten ein, wenn eine Dachsanierung ansteht. Sie wollen häufigere Verbindungen im öffentlichen Nahverkehr, effektivere Tierschutzkontrollen und eine umfassende Digitalisierung an Schulen. Das Wahlalter soll generell auf 16 Jahre gesenkt werden. Anders als die SPD halten die Grünen einen gebührenfreien Kindergarten „derzeit noch nicht für machbar“. Es sollen vielmehr sozial gestaffelte Gebühren erhoben werden. Die Landwirtschaft soll ohne Gentechnik auskommen, gleichzeitig sprechen sich die Grünen bei diesem Thema für die Freiheit der Forschung aus.

Problem OB-Wahlen

Angesichts der Niederlage der Grünen-Kandidatin Veronika Kienzle bei der Stuttgarter OB-Wahl rief Hildenbrand die Partei zum Zusammenhalt auf: „Wir gewinnen und verlieren gemeinsam.“ Detzer sagte, Kienzle sei die richtige Kandidatin gewesen, hätte aber mehr Unterstützung aus den eigenen Reihen verdient gehabt. Mit Blick auf künftige OB-Wahlen im Land sei auch die Parteispitze stärker gefordert, räumten die Grünen-Chefs ein.