Aus Esslingen kommen die Kinderbuch-Klassiker die „Wurzelkinder“, „Häschenschule“ und der „kleine Rabe Socke“. Die Lektorin Sabine Frankholz begleitet den kleinen Raben und weitere Protagonisten seit mehr als 20 Jahren. Dass aus dem Charakter ein Erfolg werden könnte, hatte sie anfangs nicht geahnt.

Kultur: Kathrin Waldow (kaw)

Esslingen/Stuttgart - Die Geschichten vom „kleinen Raben Socke“ kennt heute fast jedes Kind. Eine, die ihn seit seiner Geburtsstunde vor 21 Jahren begleitet, ist Sabine Frankholz. Wenn man mit der Lektorin kurzerhand einen Termin vereinbart, lautet ihre Antwort: „Der kleine Rabe Socke würde sagen, das geht ja ratzfatz.“ Frankholz lässt sich auf das Spiel ein, erst einmal als Rabe Socke auf unsere Fragen zu antworten: „Hast du gut geschlafen?“ – „Oberrabenstark. Es war ein langer Tag gestern.“ „Freust du dich auf den Winter?“ – „Ja. Schnee ist gut. Da baue ich wieder einen Schneebaum.“ Letzte Frage: „Was ist deine Leibspeise?“ – „Spaghetti mit Soße, Schmatzewürmer und der Schokoladenkuchen von Frau Dachs!“

 

“Niemand hätte gedacht, dass der kleine Rabe ein Erfolg wird“

Wie viel vom kleinen Raben steckt nach so vielen Jahren der Zusammenarbeit in der Lektorin? „Es gibt keinen Arbeitstag ohne den kleinen Raben. Sogar im Urlaub begegne ich ihm, zum Beispiel als Schlüsselanhänger, auf einem Rucksack oder in Form eines Buches, das ein Kind dabei hat. Charakterlich würde ich sagen, dass ich auch neugierig bin und offen auf die Dinge zugehe, wie der kleine Rabe. Manchmal gehe ich auch über meine Grenzen, wie Socke.“

Am Anfang hätte niemand gedacht, dass der stibitzende Rabe ein Erfolgscharakter wird, erzählt Frankholz. „Das erste Buch heißt „Alles meins“ da stiehlt der Rabe seinen Freunden Dinge. Wir waren damals sehr skeptisch, ob das funktioniert.“ Doch die Geschichten der Autorin Nele Moost und der Illustratorin Annet Rudolph überzeugten die Leser. Mittlerweile sind zehn Bilderbücher, 15 Pappebücher, fünf Vorlesebücher, zahlreiche Wiederverwertungen, einen Film und eine Fernsehserie erschienen. Dazu gibt es den Raben als Plüschtier, auf Bettwäsche, einer Trinkflasche und er hat eine eigene Facebook-Seite – das ganze Programm. Sabine Frankholz’ Büro ist voll mit Büchern über und Utensilien zum kleinen Raben Socke. „Früher war man als Lektorin mehr auf das Buch fixiert, heute muss man alles im Blick haben, vorausschauend agieren“, sagt sie.

Esslinger Klassiker: Wurzelkinder und Schreiber-Museum

Mit ihren 26 Berufsjahren hat sie den Wandel in der Branche und eine Fusion miterlebt. Volontiert hat sie beim Esslinger J. F. Schreiber-Verlag, der seit 2014 Thienemann-Esslinger Verlag heißt und mittlerweile in Stuttgart sitzt. „Mit Esslingen verbindet uns viel. Da kommen wir her, und der kleine Rabe ist dort entstanden. Als unser Verlag noch in Esslingen war, gab es Stadtführungen zum kleinen Raben, bei der wir eingebunden waren“, sagt sie.

Im Thienemann-Esslinger Verlag erscheinen auch die Kinderbuch-Klassiker „Etwas von den Wurzelkindern“ (Erstveröffentlichung 1906) „Die Häschenschule“ (Erstveröffentlichung 1924) sowie „Der Räuber Hotzenplotz“, „Krabat“, „Jim Knopf“, „Momo“ und „Die unendliche Geschichte“. Die ersten beiden stammen aus der Zeit des Schreiber Verlags und haben ihren Ursprung in Esslingen.

Hier gibt es auch das Wurzelkinder-Museum, offiziell ist es das Schreiber-Museum, das die Geschichte des Lithografen und Verlegers Jakob Friedrich Ferdinand Schreiber und der bei ihm erschienen Kinder- und Lehrbücher zeigt. Es bietet eine wunderbare Gelegenheit in die Welt der Wurzelkinder und der frühen Kinderbücher einzutauchen.

Nostalgische Neuentdeckungen

Heute laufen sie im Nostalgie-Programm des Thienemann Verlags. Sibylle Schumann betreut diesen Bereich und sitzt Sabine Frankholz gegenüber. „Die Klassiker werden immer wieder neu gedruckt. Die Ersterscheinung bei uns ist jedoch das Bilderbuch über die Gans „Petunia“. 1950 wurde es zum ersten mal gedruckt und erscheint seit Kurzem neu illustriert bei uns.“ Schumann betreut die Schätze und hebt aus dem Archiv des Verlags so manche Neuentdeckung.

Neuerscheinungen stehen auch vom kleinen Raben Socke an. 2019 soll es zwei neue Bücher und einen Film geben. Zudem wird bereits an seinem 25. Geburtstag gearbeitet. „Den Autorinnen gehen die Geschichten jedenfalls nicht aus. Wir werden noch viel vom kleinen Raben lesen,“ sagt Sabine Frankholz.

Mehr zur Geschichte:

Thienemann-Esslinger Verlag
Die Schwerpunkte des Verlags sind Kinder- und Jugend-bücher für alle Altersgruppen. Seit 2014 sind die Kinderbuchverlage Thienemann und Esslinger Verlag J. F. Schreiber vereint. Unter dem gemeinsamen Dach werden vier Programmbereiche geführt: Thienemann, Esslinger, Planet! und Gabriel. Zuvor war der 1831 in Esslingen gegründete Schreiber Verlag und später der Esslinger Verlag J.F. Schreiber ein Teil der Klett-Gruppe. Thienemann-Esslinger Verlag, Blumenstraße 36, Stuttgart, Telefon 07 11 / 21 05 50, www.thienemann-esslinger.de.

J. F. Schreiber-Museum
In dem historischen Museum im Salemer Pfleghof gibt es jede Menge Informationen und Anschauungsmaterial, Drucke und Filme über den Kinder- und Lehrbuchverlag mit seiner 150-jährigen Geschichte in Esslingen. Mittwochs findet ein offenes Kinderbasteln statt. Untere Beutau 8-10, Esslingen, Telefon07 11/35 12 32 40, Di-Sa 14-18 Uhr, So 11-18 Uhr, www.museen-esslingen.de