Sommerlicher Wohlfühl-Spaß: In der Komödie von Danny Boyle („Slumdog Millionär“) und Richard Curtis („Vier Hochzeiten und ein Todesfall“) hat die Menschheit die Beatles vergessen. Nur ein Singer-Songwriter erinnert sich an ihre Hits und steigt zum Popstar auf.

Stuttgart - Der Regisseur und der Autor stehen für beste Unterhaltung: Danny Boyle wurde für „Slumdog Millionär“ mit einem Oscar prämiert, Richard Curtis für sein Skript zu „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“ für die begehrte Statuette nominiert. Als Produzenten zeichnen Tim Bevan und Eric Fellner verantwortlich, ihre Firma Working Title hat Erfolgskomödien wie „Tatsächlich . . . Liebe“, „About a Boy“ sowie die „Bridget Jones“-Reihe ins Kino gebracht. Die ohrwurmgespickten Soundtracks genannter Werke trugen maßgeblich zu deren Erfolg bei, passend also, dass das Quartett nun in „Yesterday“ das Œuvre der Beatles feiert.

 

Fünfzehn ihrer Songs sind zu hören, Popklassiker, die Jack Malik (Himesh Patel) liebt. Ein leidenschaftlicher, jedoch erfolgloser Singer-Songwriter ist er, in Pubs und bei Festen seines verschlafenen Heimatdorfs tritt er auf. Den Traum von einer Musikerkarriere hat er längst begraben, nur seine Sandkastenfreundin Ellie (Lily James) glaubt unerschütterlich an ihn, chauffiert ihn von Gig zu Gig und fungiert als seine Managerin. Dann kommt es zu einem mysteriösen weltweiten Stromausfall, bei dem Jack von einem Bus angefahren wird.

Beatles! Nie gehört!

Zwei Zähne büßt er ein, doch der Unfall hat auch sein Gutes: Als Jack den titelgebenden Song auf der Gitarre klimpert, merkt er, dass seine Kumpels ihn nicht kennen, von den Fab Four nie gehört haben. Er recherchiert im Netz. Unter „Beatles“ findet er nur Käfer, unter „John“ beziehungsweise „Paul“ ausschließlich Päpste. Die berühmteste Band der Welt ist aus dem kollektiven Gedächtnis der Menschheit gelöscht, wie auch – nette Spitze – Oasis. Mit den unbekannten Hits stürmt Jack die Charts, Pop-Grande Ed Sheeran – selbstironisch als er selbst – engagiert ihn als Vorprogramm, PR-Frau Debra, lustvoll hintertrieben angelegt von „Saturday Night Live“-Giftspritze Kate McKinnon, bietet ihm ihre Dienste an.

Ein Märchen, ein Traum, der wahr wird – aber zu welchem Preis? Sorgfältig werden die Figuren eingeführt und in ihrem kleinbürgerlichen Lebensumfeld gezeigt. Zurückhaltend, linkisch ist Jack, zupackend, ewig positiv die Lehrerin Ellie; dass es zwischen den beiden funken wird, steht außer Frage. Im Prinzip bekommt man es hier mit einer typischen romantischen Komödie zu tun. Und mit dem sympathischen Newcomer Patel, der auf den Spuren von Hugh Grant wandelt, siehe etwa „Notting Hill“ (nach einem Drehbuch von Curtis), worin der populäre Stotter-Brite der royalen Julia Roberts verfällt. Aber ehe die beiden sich finden, müssen noch wichtige Fragen geklärt werden – vor allem, ob sich Karriere und Liebe vereinen lassen.

In den Fängen des Musikbusiness

So kommen die Fallstricke des Musikbusiness zur Sprache. Eine Konferenz beim Plattenlabel in Los Angeles zeigt, wie Marketingstrategien entwickelt werden, man Karrieren anschiebt, einen Hype aufbaut und dann am „Produkt“ kräftig verdient. „Ich biete dir Ruhm und Reichtum“, verspricht Leopardenjackenträgerin Debra, die ihrerseits schon von der neuen, zweiten Mega-Villa am Strand von Malibu träumt. Ein Konzert auf dem Dach eines ehemaligen Strandhotels erinnert an den spontanen Londoner Rooftop-Auftritt der Pilzköpfe anlässlich ihres Albums „Let it be“. Sehr witzig ist die Debatte, ob „Hey Jude“ nicht besser „Hey Dude“ heißen sollte, und als mitreißendes Finale überzeugt der Wembley-Stadion-Auftritt, bei dem Jack via Videowand – wie sonst? – der überglücklichen Ellie sein Herz ausschüttet.

Hinzu kommen kreischende Fans, Joel Fry als struwwelköpfiger, ungelenker und Sprüche klopfender Sidekick – siehe nochmals „Notting Hill“ mit Rhys Ifans als Mitbewohner von Hugh Grant – und vor allem die stets wunderbare Lily James, die ihrerseits ihr musikalisches Talent bereits in „Mamma Mia! Here we go again“ unter Beweis gestellt hat. Ein beschwingter, sommerlicher Wohlfühlspaß ist das, flüssig und flott abgespult, der freilich die Frage ausspart, wie eine Welt ohne die Beatles aussähe. Eine mögliche Antwort gibt eine Bekannte von Jack, die „Fix you“ von Coldplay „Yesterday“ vorzieht. Darüber möchte man nicht einmal streiten.

Yesterday. Großbritannien 2019. Regie: Danny Boyle. Mit Himesh Patel, Lily James, Ed Sheeran, Kate McKinnon. 116 Minuten. Ohne Altersbeschränkung.