Toben, Spielen und Entspannen: Rosalia D’Avola bietet Yoga für Kinder an. Der Kurs soll ihnen helfen, sich beim Erwachsenwerden nicht zu verlieren. Das Angebot ist sehr gefragt.

Fünf Mädchen liegen im Grafenauer Graf-Ulrich-Bau auf ihren Yoga-Matten. Die Augen sind geschlossen, ab und zu ertönt noch ein leises Kichern. Dann beginnt Rosalia D’Avola zu sprechen. Die Yoga-Lehrerin schickt ihre Schülerinnen auf eine kleine Fantasiereise. Sie sollen sich eine Stadt vorstellen, deren Wege, den Duft der Blumen. Die Mädchen werden ganz ruhig, jedes geht seiner eigenen Vorstellung nach. Als die Fantasiereise vorbei ist, dürfen die Kinder von ihrem Kopfkino erzählen. Alle haben eine andere Geschichte erlebt, aber alle Storys sind unheimlich fantasievoll.

 

Der Geist entfernt sich immer weiter

Wer eine Stunde Yoga für Kids miterlebt, sieht sofort, dass Kinder-Yoga ganz anders ist als die Version für Erwachsene. „Bei den Erwachsenen geht es vor allem um die Asanas, die Bewegungen“, erklärt Rosalia D’Avola. Bei Kindern hingegen stünden die mentalen Vorteile des Yogas im Vordergrund. „Kinder sind schon von Natur aus Yogis“, sagt die Rutesheimerin. „Beim Spielen nehmen sie von sich aus Yoga-Positionen ein, sie sind gelenkig, fantasievoll und leben im hier und jetzt.“ Aber: „Sobald sie älter werden, verlernen sie diese Eigenschaften.“ Heutzutage leider besonders schnell. „Die Kinder werden von der digitalen Welt abgelenkt und darauf gepolt, immer Leistung zu bringen“, sagt Rosalia D’Avola. Der Geist entferne sich dabei so weit vom Menschen, dass der Körper irgendwann nicht mehr hinterherkomme.

Yoga soll diesem Prozess entgegenwirken. „Durch Yoga wird Stress abgebaut, die Kinder entspannen sich, stärken ihre Aufmerksamkeit und ihr Konzentrationsvermögen.“ Darüber hinaus könne jedes Kind während der Yoga-Stunden genau so sein, wie es will. Deshalb wird dort auch getobt, gespielt und herumgealbert. Die Kinder dürfen im „Wetterbericht“ erzählen, wie es ihnen geht und was sie so erlebt haben. Sie lernen, Entspannungsmassagen durchzuführen, ihr Bewusstsein für sich selbst und die Natur zu schärfen und natürlich auch, Yoga-Übungen zu praktizieren. Alles im spielerischen Rahmen. Die Asanas werden in Geschichten oder Lieder verpackt. So machen die Kinder nicht Yoga, sondern verwandeln sich in brüllende Löwen, in Schmetterlinge, in Krieger.

Was ist Respekt?

Jede Stunde ist einem bestimmten Thema gewidmet. Mal geht es um den Umgang mit der Natur und Müllvermeidung. Mal um gesunde Ernährung und ein besseres Körperbewusstsein. An diesem Nachmittag lautet das Thema Respekt. Die Mädchen dürfen sich überlegen, was Respekt für sie bedeutet. „Einander zuhören“ ist die häufigste Antwort. Hierauf basiert auch das Spiel, das sich Rosalia D’Avola für ihre Schützlinge überlegt hat. Die Kinder stellen sich im Kreis auf, jedes bekommt ein Tuch in die Hand gedrückt. Sobald die Yoga-Lehrerin das Signal gibt, werfen alle ihre Tücher in die Luft und rennen los, um das Tuch der Nachbarin zu fangen. Rosalia D’Avola variiert ihre Anweisungen bei jeder Runde. Mal soll im Uhrzeigersinn gerannt werden, dann in die entgegengesetzte Richtung. Wer nicht zuhört, verursacht eine Karambolage.

Die Mischung aus Auspowern und Entspannen tut den Kindern sichtbar gut. „Seit ich Yoga mache, kann ich besser schlafen“, sagt zum Beispiel die achtjährige Monia. Das ist, wie Rosalia D’Avola erklärt, ein typischer Nebeneffekt. Weil durch Yoga der Geist zur Ruhe kommt. Monia erzählt auch, dass sie von ihrer Mutter zum Yoga geschickt wurde. „Ich bin nachmittags immer ziemlich aufgedreht und meine Mutter dachte, Entspannung tut mir ganz gut.“ Offiziell gilt Kinder-Yoga inzwischen übrigens als „besonders entwicklungsfördernd“.

Auch die Lehrerin entspannt

Es ist aber nicht nur für die jungen Yogis ein guter Ausgleich, sondern auch für Rosalia D’Avola, deren Kurse sich normalerweise an Erwachsene richten. Sie selbst ist vor 20 Jahren zum Yoga gekommen. Ursprünglich, um ihren Rücken zu stärken. In den Kursen hat sie schnell festgestellt, dass Yoga so viel mehr beinhaltet als nur Dehnungsübungen. Deshalb beschloss die gelernte Verkäuferin vor vier Jahren, eine Ausbildung zur Yoga-Lehrerin zu machen. „Da hat mich dann auch das Thema Yoga für Kinder gepackt.“

Die aktuelle Gruppe in Grafenau ist mit insgesamt sechs Mädchen voll. „Nach den Sommerferien möchte ich aber gerne wieder einen Kurs anbieten“, sagt Rosalia D’Avola.