Jay Leno, einst der erfolgreichste Talkmaster der USA, widmet sich in dem TV- und Webvideo-Format „Jay Leno’s Garage“ ganz der Freude am Automobil. Und zwar so, dass auch Automuffel gerne mal zuschauen.

Stuttgart - Nüchtern betrachtet, sind Verbrennungsmotoren eine der Geißeln der Menschheit. Nur ist Nüchternheit nicht das, was die Kamera einfängt, wenn Jay Leno für seine TV- und Youtube-Sendung „Jay Leno’s Garage“ eine mehr oder weniger betagte und oft saurierhaft überdimensionierte Karre über die Highways rund um Anaheim in Kalifornien lenkt. Man sieht vielmehr den beseelten Rausch durch Benzindämpfe, die jauchzende Freude am Fortkommen ohne eigenen Kraftaufwand, die glucksende Zufriedenheit des Bestauntwerdens, das warme Glühen nostalgischer Kindheitserinnerungen, das Geborgensein einer Rückkehr in den Mutterleib. Kurzum, die Kamera zeigt das pure Glück.

 

Mehr als 340 Fahrzeuge

In den 90er Jahren und das ganze erste Jahrzehnt des neuen Jahrtausends hindurch war Jay Leno, der Nachfolger der TV-Legende Johnny Carson, der erfolgreichste Talkshow-Gastgeber der USA. In dieser Zeit hat er sehr gut verdient und sein Geld wohl auch besser angelegt als viele Kollegen. Jedenfalls hat er sich im Lauf seines Lebens ein privates Fahrzeugmuseum zusammengekauft – für Multimillionäre zwar kein ganz ungewöhnliches Hobby, das bei Leno allerdings Züge ins Professionelle annimmt. Ende 2019 besaß der ehemalige Stand-up-Comedian 181 Autos und 160 Motorräder.

Dass Leno den Sender CNBC überreden konnte, ihn aus seinem fröhlichen Ruhestand eine Autosendung machen zu lassen, ist ebenfalls nicht Ungewöhnliches. Autoformate gibt es viele, sie gehören zu jenem Schwarzbrot der Sender und Streamer, das nie vorne in den Quotenhitparaden auftaucht, aber in Relation zu den überschaubaren Produktionskosten sehr erfreulich ein treues Publikum bindet.

Wabbelige Straßenlage

Lenos Format aber ist auf diskrete Weise besonders. Im Normalfall werden hier keine Autos an ihrer Belastungsgrenze über Schikanestrecken gejagt, was anderswo Schauwerte bringt, es wird aber auch nicht mit speichelndem Neid- und Bewunderungsmix auf die Herrenfahrerherrlichkeit der Schwerstreichen geschaut. Leno kann das Ganze entspannt angehen, er hat ja schon lange kein Auto mehr gesehen, das er sich selbst nicht leisten könnte. Es kommt nur nicht jedes, das er haben möchte, auch auf den Markt.

In der TV-Sendung „Jay Leno’s Garage“ sind Treffen mit Promis und andere Aufmerksamkeitsheischer wichtig, auf Lenos Youtube-Kanal stehen die Autos selbst und andere Sammler, Restauratoren, Kuratoren und PS-Historiker im Mittelpunkt. Leno zeigt Basteleien an Oldtimern, lieber noch führt er die majestätisch wabbelige Straßenlage klassischer US-Straßenkreuzer vor, und vor allem fachsimpelt er mit anderen Autonarren, Branchenexperten und manchmal auch mit Mobilitätsvisionären.

Auch mal mit Panzermotor

Wie vergnügt und allürenlos der Ende April 70 Jahre alt werdende Leno mit Gästen und Pedalen umgeht, macht „Jay Leno’s Garage“ zur faszinierendsten Autosendung überhaupt, egal ob es um einen brandneuen Porsche, einen schnaubenden 1918er Pierce Arrow Model 66, einen drei Tonnen schweren 58er Continental Mark III oder ein von Tüftlern zusammengeschweißtes Unikat wie den Blastolene Special mit seinem Panzermotor geht. Man muss sich gar nicht besonders für Autos interessieren, ja, man kann sie innig wegwünschen von unseren Straßen – und dem Charme dieses Formats trotzdem erliegen.

Denn im Kern geht es nicht um Autos, sondern um die Freude an etwas, um den Luxus, etwas wichtig nehmen zu dürfen, was nicht lebensnotwendig ist, und um die Potenzierung der Freude durch Teilen mit anderen. Es geht, wie gesagt, um Glück.