Titelteam Stuttgarter Zeitung: Peter Stolterfoht (sto)

Danach landete er ein letztes Mal beim VfB Stuttgart, als der 1995 sieben Spieltage vor Saisonende in Abstiegsgefahr schwebte. Der Disziplinfreund machte sich gleich den größten Star im Team zum Feind: Weltmeister Carlos Dunga. Ihn und seine locker-egozentrische Art hatte Sundermann schnell als größtes Problem in der Mannschaft ausgemacht. Er bat Dunga zum Gespräch und wollte ihm via Dolmetscherin das ausrichten: „Du bist die größte Pfeife.“ Weil sich die Übersetzerin unter Tränen weigerte, dies zu übermitteln, teilte Sundermann Dunga es eben selbst in Englisch mit. So verständlich, dass der Brasilianer den Verein schnell verließ. „Ich habe ihn seitdem nicht mehr gesehen“, sagt Jürgen Sundermann mit einem Grinsen, „was ich aber so mitbekomme, ist Dunga als Trainer heute ein Disziplinfanatiker wie ich damals.“ Jürgen Sundermann bekommt tatsächlich noch sehr viel mit in der Fußballszene, schließlich arbeitet er weiter regelmäßig für die Scouting-Abteilung des VfB.

 

Probleme im Training

Fertig machen zur Talfahrt, fertig machen für die Tiefpunkte. Nachdem Jürgen Sundermann gerade noch darüber berichtet hat, wie gut es ihm einst als Trainer von Trabzonspor am Schwarzen Meer gefallen habe, kommt er nun auf die zweite Station seines Türkei-Abstechers im ostanatolischen Malatya Ende der 80er-Jahre zu sprechen. Die Probleme begannen dort im Training. „Die Spieler haben immer irgendetwas genuschelt, wenn sie den Ball über oder neben das Tor geschossen haben.“ Sundermann fragte den Dolmetscher und bekam den Standardsatz seiner Profis übersetzt: „Allah hat es so gewollt.“

Bei nächster Gelegenheit erwiderte Sundermann, dass er sich mit Allah unterhalten habe und dieser das überhaupt nicht wolle. „Allah möchte, dass der Ball im Tor landet. Dieser Satz war keine gute Idee, in einer fundamentalistisch geprägten Gegend“, erinnert sich Sundermann, gegen den fortan in der Stadt Stimmung gemacht und der als „Ungläubiger“ beschimpft wurde. Als dann auch irgendwann die Erfolge ausblieben, wurde es noch ungemütlicher. „Ich musste nachts fliehen, nachdem der Clubpräsident nicht mehr für meine Sicherheit garantieren konnte.“