Titelteam Stuttgarter Zeitung: Peter Stolterfoht (sto)

Sehr gut aufgehoben hat sich Jürgen Sundermann dagegen bei Schalke 04 gefühlt, wo er zuvor Trainer gewesen war. Was viel mit dem Manager Rudi Assauer zu tun hatte, ein Freund aus Kindertagen. „Seine Alzheimer-Erkrankung beschäftigt mich sehr“, sagt Sundermann. „Ich will ihn schon so lange besuchen, aber ich schaffe es nicht. Er würde mich nicht erkennen, und das könnte ich nicht ertragen.“ Kurz vor der Endstation am Marienplatz ist Jürgen Sundermann nachdenklich geworden. Er spricht jetzt über seinen Vater, der als Schlosser bei Thyssen arbeitete und bei einem Arbeitsunfall auf schreckliche Weise starb: bei einem Sturz in den kochenden Stahl. Das Leben von Jürgen Sundermann ging danach in eine nicht geplante Richtung. Er wollte nach dem Abitur unbedingt Pilot werden. Um die Mutter und den Bruder finanziell nach dem Tod des Vaters finanziell zu unterstützen, machte er stattdessen den Fußball zu seinem Beruf. Und Hennes Weisweiler wurde zu einer Art Ersatzvater für ihn.

 

"Bekloppter Wessi"

„Wat haben Sie denn da für schöne Kuchen in der Vitrine?“ Jürgen Sundermann steht im Café Kaiserbau und freut sich auf die Nachspielzeit des Zahnradbahngesprächs. Bevor der Karottenkuchen und ein Cappuccino auf den Tisch kommen, stellt er noch schnell in einer sehenswerten Vorführung unterschiedliche Trainertypen an der Seitenlinie dar. Zu sehen gibt es zum Beispiel den Teilnahmslosen, mit verträumtem Blick und den Händen in den Hosentaschen, und dann den hochemotionalen Fuchtler, in dem sich Jürgen Sundermann viel besser wiedererkennt.Und er erzählt von seiner Zeit beim VfB Leipzig, den er 1994 trainierte. „Die haben in mir den bekloppten Wessi gesehen. Die Rolle fand ich aber gar nicht so schlecht.“ Er hielt dort Mannschaftsbesprechungen nicht in Lehrräumen mit Taktiktafel ab, sondern bei schönem Wetter draußen unterm Apfelbaum. „Die dachten sich, dass so einer in der DDR garantiert nicht Trainer geworden wäre. Stimmt wahrscheinlich auch, weil für mich Fußball nie eine Wissenschaft gewesen ist.“ Jürgen Sundermann war vor allem immer Motivator mit einer klaren Ansprache. Die, so findet er, ist jetzt auch in der aktuellen Situation beim VfB gefragt. „Ein Abstieg wäre fürchterlich“, sagt er und klatscht zum Abschluss des Gesprächs erst in die Hände und dann seinem Gegenüber auf die Schulter. „Mach’s gut, mein Junge.“ Und der fühlt sich nach der kernigen Verabschiedung ganz kurz ein bisschen wie ein Spieler im Team vom Wundermann.