Nach dem Tod der Sammlerin Charlotte Zander wollen die Erben die weltweit einmalige Kollektion von Naiver Kunst erhalten – aber noch fehlt ein Konzept, wie die finanziellen Verluste eingedämmt werden können.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Bönnigheim - Der Wille ist vorhanden, das lässt sich aus allen Äußerungen der Beteiligten heraushören. „Wir arbeiten intensiv an einer Lösung“, sagt Susanne Zander. „Wir haben großes Interesse daran, dass der Status quo erhalten bleibt“, sagt Kornelius Bamberger. Sowohl die Tochter der im März verstorbenen Kunstsammlerin Charlotte Zander, als auch der Bönnigheimer Bürgermeister wollen gar nicht erst einen Zweifel daran aufkommen lassen, dass sie ein gemeinsames Ziel verfolgen: die Erhaltung der weltweit einmaligen Sammlung Naiver Kunst am jetzigen Standort, im Bönnigheimer Schloss. Allein: gefunden ist diese Lösung noch nicht.

 

Schon Charlotte Zander, die Namensgeberin des Museums, hatte zu Lebzeiten häufig angedeutet, dass sie ihre Sammlung irgendwann verkaufen und zerschlagen müsse, sollte sich kein Sponsor finden. Aber obwohl sich dieser Sponsor nicht fand, machte sie die Ankündigung nie wahr – sondern steckte Jahr für Jahr rund 300 000 Euro aus ihrem Vermögen in das Museum, um den Ausstellungsbetrieb zu gewährleisten. Seit dem Tod der Kunstsammlerin im März leitet nun deren Tochter Susanne das Museum, und die Frage, wie es weiter gehen kann, stellt sich umso drängender. „Wir sind in engem Kontakt mit der Stadt Bönnigheim“, sagt Susanne Zander. Schließlich habe die gesamte Kollektion dort ihren Platz, sei dort zu Hause. „Und wir sind sehr froh, dass das so ist.“

Die Stadt fürchtet, dass das Museum schließen muss

Bislang läuft der Betrieb des Museums unverändert weiter. Aber auch Bamberger weiß, dass das so nicht bleiben muss. „Die Gefahr, dass die Kunstwerke woanders hingehen, besteht latent schon seit langer Zeit“, sagt der Bürgermeister. Für die symbolische Miete von einem Euro stellt Bönnigheim dem Museum das Schloss zur Verfügung., und das schon seit der Eröffnung im Jahr 1996. Weitergehende finanzielle Unterstützung kann die Stadt nicht bieten. „Wir sind leider nicht auf Rosen gebettet.“

Dass der Landkreis oder gar das Land sich an den Kosten beteiligen, gilt als äußerst unwahrscheinlich. „Wir haben wirklich alle möglichen Kontakte geknüpft, aber für die öffentliche Hand wären solche Beträge nicht zu finanzieren“, sagt Bamberger. „Die Ideallösung wäre daher sicher, die Sammlung in eine Stiftung zu überführen. Aber entsprechende Pläne gibt es ebenfalls bereits seit vielen Jahren, ohne dass sie je konkreter wurden.“ Dies hänge auch mit der hohen Summe zusammen, die notwendig wäre, um die Kunstwerke zu übernehmen. „Ein entsprechend solventer Mensch konnte bislang nicht gefunden werden“, erklärt Bamberger.

Die 4500 Kunstwerke kosten zusammen 30 Millionen Euro

Auf knapp 30 Millionen Euro wird der Gesamtwert der 4500 Gemälde und Skulpturen von Autodidakten geschätzt, die Charlotte Zander zusammengetragen hat. Die Kollektion gilt als die hochwertigste ihrer Art in den Bereichen Naive Kunst, Art brut und Outsider-Art, und sie hat für Bönnigheim nicht nur eine ideelle Bedeutung. Das dortige Schnapsmuseum ist interessant, das Apothekenmuseum ist ein Kleinod – aber nur wegen des Zander-Museums kann Bönnigheim wirklich überzeugend mit dem Slogan „Wein- und Museumsstadt“ um Touristen zu werben.

Allerdings ist allen bewusst, dass das Museum an einem prominenteren Ort mehr Besucher anlocken würde. „Es ist nicht die rasende Menge, die nach Bönnigheim strömt, das ist klar“, sagt Susanne Zander, ohne konkrete Zahlen zu nennen. Die Tochter der verstorbenen Mäzenatin leitet selbst eine Galerie in Köln und hat ebenfalls eine Faible für Naive Kunst – auch das ist ein Grund, warum sie die Sammlung ihrer Mutter beisammen halten will.

Obwohl Susanne Zander zum jetzigen Zeitpunkt keine konkreten Aussagen zu möglichen Rettungsplänen macht, lässt sich zumindest zwischen den Zeilen noch etwas anderes heraushören: dass die Chancen auf eine Weiterführung des Museums so schlecht nicht stehen. Das öffentliche Interesse an Naiver Kunst habe zuletzt deutlich zugenommen, sagt sie. „Und darin sehe ich eine Chance.“ Geplant sei daher, die bislang recht eingeschränkten Öffnungszeiten in Bönnigheim auszuweiten und „publikumsfreundlicher zu gestalten“. Außerdem gebe es Ideen für neue Sonderausstellungen. „Noch ist nichts spruchreif, aber immerhin wird das Museum bald 20 Jahre alt – und zu diesem Anlass wollen wir schon etwas auf die Beine stellen.“