Zapata-Aus Das Ende einer Club-Ära

Mit dem Ende des Clubs Zapata geht der Stadt nach dem Röhre-Aus eine weitere Live-Spielstätte verloren. Kritiker sprechen von Behördenwillkür, die Verwaltung weist dagegen alle Schuld von sich.
Stuttgart - Einen Tag, nachdem der Live-Club Zapata seinen Spielbetrieb mit sofortiger Wirkung eingestellt hat, beschäftigt das Thema Stuttgarter Kulturschaffende wie Verwaltung gleichermaßen. Javier Arévalo, Betreiber der Veranstaltungsstätte, hatte am Donnerstag überraschend das Ende seines Clubs bekannt gegeben und in einer Pressemitteilung scharfe Vorwürfe gegenüber der Stadt erhoben: „Sondergenehmigungsanträge wurden vom Amt für öffentliche Ordnung gar nicht oder zu spät bearbeitet. Dadurch war unsere Zuverlässigkeit in Frage gestellt.“
Rezzo Schlauch, ehemaliger OB-Kandidat in Stuttgart, zeigte sich bestürzt über das Zapata-Ende. „Es ist ein Skandal. Im Grunde ist das Zapata an der Behördenwillkür von Baurechts- und Ordnungsamt verzweifelt. Der Eindruck ist offensichtlich, dass das Zapata auf der Abschussliste stand. Wegen der restriktiven Genehmigungspolitik der Stadt konnte Arévalo bis einen Tag vor seinen Veranstaltungen nicht richtig disponieren und ist daher in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten.“ Laut Arévalo führte dies zu Differenzen mit dem Vermieter: „Er war nicht bereit, von der Kündigung der Räume abzusehen.“ Vermieter ist die Firma Wizemann. Deren Geschäftsführer Constantin Wizemann wollte sich auf Nachfrage nicht äußern.
Behörden haben Zapata jahrelang unterstützt
Bei der Stadt wollte man die Vorwürfe am Donnerstag erst nicht kommentieren, am Freitag ließ sich Andreas Scharf, Sprecher der Stadt Stuttgart dann in einer dünnen Pressemitteilung mit folgenden Worten zitieren: „Wir bedauern sehr, dass es das Zapata nicht mehr geben soll. Über die Gründe wollen wir, auch im Sinne von Herrn Arévalo, nicht spekulieren.“ Auf Nachfrage erläuterte schließlich Hermann Karpf, persönlicher Referent von Bürgermeister Martin Schairer, die Sicht der Verwaltung: „Man hat Herrn Arévalo über Jahre hin immer wieder Wege gezeigt, wie er einen Vollbetrieb hätte hinbekommen können. Alle Behörden haben dem Zapata, wie es besser nicht ging, beratend und geduldig beigestanden. Nicht wir haben den Betrieb eingestellt, er hat von sich aus zugemacht.“
Obwohl die Stadt alle Schuld von sich weist, liefert das Aus des Zapata Wasser auf die Mühlen der Subkulturschaffenden. Nach dem umstrittenen Ende des Live-Clubs Röhre und der Schließung der Spielstätte KimTimJim wirft die Kulturszene der Verwaltung mangelndes Fingerspitzengefühl vor. Unter der Überschrift „Subkultur erhalten und neue Veranstaltungsflächen schaffen“ ging nach Bekanntgabe der Zapata-Schließung Vorschlag 3986 im Bürgerhaushalt ein: „Die Sperrzeitregelung muss an die modernen Lebensverhältnisse der Stadt angepasst werden“, wird hier unter anderem gefordert.
Nach Zapata-Ende Live-Kultur in Gefahr?
Peter James, der Leiter des Popbüros der Region Stuttgart, sieht nach dem Wegfall des Zapatas die Pop-Kultur in Stuttgart in Gefahr. „Uns fehlen Spielorte mit einer Kapazität für 600 bis 1200 Zuschauer. Für ganz kleine und ganz große Bands gibt es Auftrittsmöglichkeiten. Nur noch AC/DC auf dem Wasen bedeutet Stillstand. Der Mittelbau aber, der die neuen Trends bringt und damit wichtigen Input liefert, kommt mittlerweile nicht mehr nach Stuttgart“, so James. „Bald ist der Schaden irreparabel. Es ist überfällig, dass die Musikszene sich organisiert und als Interessenverband den Dialog mit der Stadt sucht.“
Mit dem Zapata-Aus geht eine Stuttgarter Club-Ära zu Ende. Das Zapata eröffnete einst im ehemaligen Südmilch-Gelände, wo sich heute der Ufa-Palast befindet. Als Live-Club war der Veranstaltungsort in den 90er Jahren sehr beliebt, Rezzo Schlauch, Die Fantastischen Vier und andere feierten dort. Nach dem Abriss der ersten Heimstätte zog man in die Räumlichkeiten der Firma Wizemann am Hallschlag. Zuletzt war das Zapata als Club im Sinne einer Diskothek für die elektronische Musik-Szene nicht mehr relevant. Stattdessen war das Zapata als Spielstätte immer wieder im Gespräch, weil Stars wie Lady Gaga, Jamiroquai, Seeed oder jüngst Bon Jovi dort in – für ihre Verhältnisse – intimer Atmosphäre die Live-Qualitäten ihrer neuen Songs testen konnten.
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