Die französische Sängerin Zaz hat in der Porsche-Arena mit Rock und Pop überrascht. Der Funke auf die 5000 Besucher springt erst über, als sie ihre bekannten Hits anstimmt.

Stuttgart - Es gibt sie ja tatsächlich, jene Bühnenpersönlichkeiten, die aus der Garderobe kommen, einen inneren Schalter umlegen und von einer Sekunde zur anderen den Showstar in sich von der Leine lassen können. – man denke nur an eine Rampensau wie Robbie Williams. Isabell „Zaz“ Geffroy gehört nicht in diese Künstlerkategorie. Frankreichs populärste Vertreterin des „nouvelle chanson“, auch in anderen Genres von Jazz bis südosteuropäischen Klängen gut unterwegs, braucht selbst an guten Abenden ihre Zeit, bis sie ihr – ohne Frage reichlich vorhandenes – Charisma so richtig auf den Bühnenboden bringt.

 

In der Porsche-Arena sind es am Montagabend sogar fast 45 Minuten, ehe der Funke zu den knapp fünftausend Besuchern überspringt. Etwas müde und abgespannt wirkt die für gewöhnlich quirlige und temperamentvolle Sängerin zu Beginn ihres Auftritts; möglicherweise hat sie aus Polen und Tschechien, den letzten Stationen ihrer aktuellen Europatournee, ja auch eine kleine Erkältung mitgebracht. Doch auch die Musik selbst ist es, die ihr Konzert etwas zähflüssig wirken lässt. Statt Frankophilem steht zunächst viel angloamerikanischer Pop-Rock auf dem Programm, geprägt mal von slide guitar, mal von edel tönenden Tasten-Saiten-Dialogen, die fast an die Gangart erinnern, die Bryan Ferry mit Roxy Music in den später 80er-Jahren eingeschlagen hat.

Durchaus versiert gespielt wird dieser Sound von einer Band mit E-Gitarre, Bass und Keyboards, allein: Zaz und ihre Begleiter finden zunächst nicht recht zueinander. „Plume“ vom im vergangenen Herbst erschienenen Album „Effet miroir“ etwa ist zwar hübsch anzuhören, eignet sich mit seiner eleganten Midtempo-Ästhetik aber nicht so recht für die eher von Unmittelbarkeit und burschikosem Charme lebende Stimme von Zaz.

Auf „Je veux“ kann sie sich verlassen

Den stärksten Eindruck im ersten Drittel des rund zweistündigen Programms hinterlässt prompt ein längerer Instrumentalpart, den das Quintett ohne die Chefin bestreitet. Geradezu Galaxien weit von der einst gepflegten Chansonherrlichkeit entfernt sich Zaz gar, wenn sie ein Solo an einem Theremin riskiert, einem synthetischen Klangerzeuger, der so aussieht, als sei er einem Ufo von der Laderampe gefallen und sich auch genauso anhört.

Das Kontrastprogramm liefert mit Kontrabass und Congas dann das karibisch-kubanisch angehauchte „Qué vendrá“, das, obwohl eher moderat schunkelig als explizit tänzelnd, sogleich für Bewegung und fröhliche Gesichter im Publikum sorgt. Auch die lange Zeit komplett statisch, wie festgetackert agierende Band wagt sich nun erstmals hinaus auf den in den Innenraum hineinragenden Laufsteg und die an dessen Ende platzierte kleine Zweitbühne.

Ebendort läutet nach rund einer dreiviertel Stunde ein Akustikset den endgültigen Stimmungswechsel in der Porsche-Arena ein: Zaz scattet, die Band swingt, Bistroatmosphäre macht sich breit. Und außerdem gibt es ja immer noch „Je veux“ – und auf den größten Hit ihres Repertoires kann sich Zaz nach wie vor verlassen, kämpferisch trompetet sie ihn mit niedlicher Kazoo in den Saal. Noch vier, fünf weitere Zaz-Klassiker wie „Je parle“ und „Toute ma vie“, und ein Abend, der fast etwas zu viele Ambitionen mit sich herumtrug, endet doch noch in einem stimmigen, blau-weiß-roten Dreiklang aus Leichtigkeit, Melancholie und Lebensfreude.