Das ZDF-Kulturmagazin „Aspekte“ geht von Freitag an neue Wege. Das hat auch etwas mit den geänderten Sehgewohnheiten der Zuschauer zu tun.

Berlin/Mainz - Raus aus dem Fernsehstudio: Die ZDF-Kultursendung „Aspekte“ wandelt sich von Freitag, 23. Oktober (23.00 Uhr) an zum Reportageformat. Kunst, Kino, Literatur, Musik und Gesellschaftsthemen sollen mit Gesprächspartnerinnen und -partnern an interessanten Orten erörtert werden, ergänzend zu Filmeinspielern. Nach gut sechseinhalb Jahren endet die Phase als eine Art Show mit Studiopublikum, das es zumindest vor Corona gab. Noch sieben von insgesamt 39 Ausgaben in diesem Jahr kommen bis Jahresende. Neu ist, dass „Aspekte“ nun schon immer freitags ab 21 Uhr in der ZDF-Mediathek abrufbar sein soll.

 

Vor 55 Jahren war „Aspekte“ die erste überregionale Kultursendung des deutschen Fernsehens. Die ersten drei Ausgaben mit Walther Schmieding ab dem 17. Oktober 1965 trugen noch den Titel „Kulturbericht“. Seit dem 1. Januar 1966 läuft die Sendung unter dem Namen „Aspekte“.

„Ich fand es in all den schönen Studio-Jahren immer schon reizvoll auszufliegen“, sagt die Moderatorin Katty Salié (45). „Die Biennale von Venedig oder unsere Berichterstattung aus den europäischen Kulturhauptstädten – mittendrin zu sein ist immer ein großer Gewinn.“ Ihr Moderatorenkollege Jo Schück (40) sagt: „Mein Reporterherz hat nie aufgehört zu schlagen, jetzt schlägt es wieder ein kleines bisschen schneller.“ Frühere „Aspekte“-Gesichter waren über viele Jahre Luzia Braun (1993 bis 2011) und Wolfgang Herles (2000 bis 2011), auch Roger Willemsen moderierte mal im Jahr 2000.

Reportagen wirken zeitloser

Die erste neue Ausgabe moderiert Salié, dann immer im Wechsel mit Schück: Das Thema ist Spiel und Spielen. Dabei geht es unter anderem um den Boom der Brett- und Videospiele in der Corona-Zeit, Machtspiele in der Politik und Thomas Hettches Puppenspiel-Roman „Herzfaden“. Die Opernsängerin Diana Damrau singt eine Arie aus Donizettis Oper „Maria Stuart“ (Maria Stuarda).

Der Redaktionsleiter Daniel Fiedler (53) in Berlin sagt: „Die Medienwelt verändert sich stark.“ Heute könne man im linearen Fernsehen viel schneller Zuschauer verlieren als noch vor ein paar Jahren, etwa wenn eine Studiosendung zu viele Stimmungs- und Emotionswechsel habe. „Aspekte“ gelinge es in der Reportageform besser, „Geschichten zu erzählen oder gesellschaftliche Debatten abzubilden“, sagt Fiedler. „Gerade für die nicht-lineare Nutzung per Mediathek bietet die Reportageform Vorteile. Reportagiges wirkt zeitloser.“

Schon vor der Pandemie habe es Überlegungen gegeben, das Format zu verändern. Das Virus habe die Entwicklung beschleunigt. Das Team habe aus Sicherheitsgründen ab Ende März vieles lieber draußen produziert. Das habe auch der Quote gut getan. Im Schnitt schauten 2020 bislang etwa 1,2 Millionen freitags abends zu. Der Marktanteil stieg in den vergangenen Monaten auf durchschnittlich um die sechs Prozent.

„TTT“ und die 3-Sat-“Kulturzeit“

Was TV-Kulturmagazine angeht, ist Deutschland üppig ausgestattet: Neben dem ZDF-Magazin, das seit 1979 auch den „Aspekte“-Literaturpreis für das beste deutschsprachige Romandebüt vergibt – in diesem Jahr an Deniz Ohde für ihren Roman „Streulicht“ – gibt es im Ersten die Sonntagssendung „Titel Thesen Temperamente“.

„TTT“ war ursprünglich eine Marke des Hessischen Rundfunks (HR), ebenfalls seit den sechziger Jahren. Andere ARD-Anstalten sendeten früher den „Kulturreport“ oder den „Kulturweltspiegel“. Seit 2006 hat die Kultursendung im Ersten, die abwechselnd von HR, RBB, BR, MDR, NDR und WDR verantwortet wird, den einheitlichen Namen „Titel Thesen Temperamente“. Seit 13 Jahren moderiert meist Max Moor. Außerdem gibt es die werktägliche 3-Sat-„Kulturzeit“ – von Sendern in Deutschland, Österreich und der Schweiz gemeinsam produziert.