In der neuen ZDF-Show „Das Spiel beginnt“ zeigt Johannes B. Kerner vollen Körpereinsatz – sieht so die Rettung der Samstagabendunterhaltung aus?

Stuttgart - Wenn der ZDF-Moderator Johannes B. Kerner witzig sein will, und das ist er ja manchmal durchaus, vor allem wenn ihm Autoren wie Marcus Bäcker was Witziges ins Skript schreiben, dann haut er Sprüche raus wie diesen am Samstagabend in seiner Show „Das Spiel beginnt“: „Judo? Hab‘ ich auch mal gemacht“, sagte der Gastgeber zum zwölf Jahre jungen Kandidaten Bela, „aber vor dem Ersten Weltkrieg. Ist ein bisschen her.“ Das hinderte den 52-jährigen TV-Veteran nicht daran – „spontan“ wie aufgezeichnetes Fernsehen nun mal ist – Bela zum Duell auf der Matte aufzufordern. Die Socken waren schwupps ausgezogen, wenig später lag Kerner auf dem Rücken, kampfunfähig wie ein Marienkäfer.

 

Eigentlich könnte man mit Kerner am Boden kein passenderes Symbolbild finden, um den angeblich so schlechten Zustand der Samstagabendunterhaltung zu illustrieren. In diesen Tagen, in denen sich laut einer Umfrage fast die Hälfte der Deutschen den Show-Klassiker „Wetten, dass . . ?“ zurück im Fernsehen wünscht, präsentiert das ZDF diese Kerner-Rückenschau. Es ist die inzwischen sechste Ausgabe der (ZDF-PR!) „großen Familienunterhaltung“ für „Zuschauer von 3 bis 99 Jahren“. Nach der ersten Sendung vor zwei Jahren urteilten viele so genannte Experten, vor allem die in den sozialen Medien,: „die schlechteste Show aller Zeiten“. Das ist nicht gerecht.

Die ARD kann’s – das ZDF bislang noch nicht

In „Das Spiel beginnt“ treten wohlsituierte Teenies gegen Stars an in Spielrunden, für die Gesellschaftsspiele wie „Stadt, Land, Fluss“ oder „Goblet Mampfer“ fernsehtauglich gemacht wurden. Klassisches Lagerfeuer-Fernsehen ist das, ohne „Halli Galli“-Beschiss, für jeden was dabei: Diesmal „Schauspiel-Legende“ Uschi Glas für diejenigen, die wissen, dass die 73-Jährige schon vor „Fack ju Göhte“ eine Karriere hatte, und „Deutschlands Social Media Star“ Dagi Bee, 22.

Obwohl hinter den Kulissen Routiniers am Werk sind, von der Regie (Frank Hof) bis zum Set-Design (Florian Wieder) – es funkt nicht bei „Das Spiel beginnt“. Die Show ist zu glatt, wo sie kantig sein müsste. Sie überrascht nicht. Noch schlimmer: Sie macht Überraschungsmomente zunichte, weil sie in Trailern, die in die laufende Sendung eingebaut wurden, verrät, was noch kommt. Kerner am Boden, davon wusste man schon gleich zu Beginn der Show.

Das Erste hat da derzeit ein glücklicheres Händchen. Mit Sendungen wie „Klein gegen Groß“ mit Kai Pflaume oder dem von Guido Cantz moderierten Klassiker „Verstehen Sie Spaß?“ stellt der Sender eindrucksvoll, sprich mit Quoten von mehr als fünf Millionen Zuschauern, unter Beweis, dass die Samstagabendshow keineswegs tot ist.

Man sucht die Nähe zur neuen Medienwelt

Nur dem ZDF gelingt der große Wurf in der Post-„Wetten, dass . . ?“-Ära (noch) nicht. An den ZDF-Neuzugang Steven Gätjen scheint sich das Publikum noch nicht gewöhnt zu haben. Von dessen im November ausgestrahlter Familienshow „4 geben alles“ wird es keine Fortsetzung geben. Und so setzt die Mainzer Anstalt parallel auf Altbewährtes: auf den vierfachen Vater Johannes Baptist Kerner – und auf Formate, die aufgekocht werden. So schaut Kerner am 1. April, kein Scherz, Fernsehköchen wieder in die Töpfe. „Kerners Köche“ heißt die Sendung. Der große Unterschied zu „Kerner kocht“ (2004 bis 2008): Es wird samstagnachmittags gekocht statt Freitagnacht. So viel zum Thema Innovationsfreude beim ZDF.

Die beschränkt sich derzeit offenbar darauf, die Nähe zur neuen Medienwelt und ihren Protagonisten zu suchen. Dass der Youtuberin Dagi Bee, die bei „Das Spiel beginnt“ das Kinderteam unterstützte, auf Instagram mehr als vier Millionen Menschen folgen, war Kerner gleich zweimal der Erwähnung wert. Mantragleich wiederholte er, der selbst weder über ein Facebook- noch ein Instagram-Konto verfügt, diese für ihn offenbar obszön hohe Zahl, als erhoffe er sich, dass der eine oder andere Dagi-Bee-Fan sich zum altehrwürdigen ZDF verirrt. Denn das ist ja die große Herausforderung des linearen Fernsehens: Wie bloß an die Smartphone-gewöhnte und Fernsehapparat-entwöhnte Wisch-und-weg-Generation herankommen?

Ob diese Anbiederung genützt hat? Insgesamt 3,52 Millionen schauten zu. Sagen wir so: Die Quote lag nicht auf dem Boden. Von einem Höhenflug am Samstagabend kann aber auch nicht die Rede sein.