Mit dem Café Moulu hat sich Erdal Cakir den großen Wunsch vom eigenen Tagescafé erfüllt.

Stadtkind: Tanja Simoncev (tan)

S-West - Schon während seiner Zeit als Betriebsleiter im Palast der Republik sehnte sich Erdal Cakir nach einem eigenen Tagescafé. In einem Wohngebiet im Westen wurde der 47-jährige Gastronom fündig und sein Traum Realität. Zum zehnten Geburtstag zögert der Stuttgarter, trotz Durststrecken und Konkurrenz an jeder Ecke, nicht und betont fröhlich: „Ich bin happy.“ Warum auch nicht? Das lichtdurchflutete Café Moulu an der Ecke Senefelder-/Leuschnerstraße ist beliebt – man kennt sich, man grüßt sich. Diese herzliche, ja fast schon intime Atmosphäre war von Anfang an so gewollt. „Mir war es wichtig, etwas für die Leute, die hier leben, zu machen“, betont der gelernte Bäcker Cakir.

 

Trotz Durststrecken und Konkurrenzdruck ist der Gastronom immer happy

Apropos Bäcker: die habe es im Stuttgarter Westen vor zehn Jahren an jeder Ecke gegeben. „Als ich das Café eröffnet habe, gab es hier weit und breit nichts anderes“, erinnert sich der Vater von zwei Kindern. Der Stuttgarter mit türkischen Wurzeln, der sich nach einer Kaffeebar ganz nach dem Vorbild der großen Metropolen dieser Welt sehnte, geriet in Erklärungsnot. Man habe das Café für unnötig empfunden. Nicht einfach für den Kaffee-Visionär, der in diesem Jahr auch sein 25-jähriges Jubiläum in der Gastro-Szene der Stadt feiert. Im Theaterhauszelt in Wangen hatte alles begonnen, im Palast der Republik arbeitete sich Cakir schnell von der Aushilfe zum Betriebsleiter hoch, acht Jahre später verlangte es ihm nach einer Luftveränderung.

Durch Zufall sei ihm die Location, ein ehemaliger Tante-Emma-Laden im Westen, in die Hände gefallen. Mit dem Vermieter hätte es gleich gepasst, dem Umbau stand nichts im Weg. Witzige Anekdote: Direkt gegenüber, wo heute das Gesundheitsamt ist, wurde Cakir geboren. Das nennt man dann wohl Schicksal. Groß wurde der Café-Chef aber eine Ecke zentraler, in der Calwer Straße. „Wenn man so will bin ich ein waschechtes Stadtkind“, so der Gastronom.

Nach Absprache mit Architekten verwandelte sich der einstige Lebensmittelladen innerhalb von sieben Monaten vom Rohbau zum Café Moulu. Das war im Mai 2007. Moulu heißt übrigens gemahlener Kaffee. „Das Moulu sollte ein reines Kaffeehaus sein mit Frühstück, Kaffee und Kuchen“, erzählt der Kaffee-Liebhaber.

Den Milchschaum zieren Herzen oder Blumen

Von Anfang an bestach das Moulu aber auch durch selbstgemachte Kuchen und den Mittagstisch. Was den Kaffee angeht, habe man zu Beginn viele Fehler gemacht: „Durch jeden Fehler haben wir uns verbessert.“ Der Cappuccino, so wie er heute serviert wird, hätte seine Zeit gebraucht. „Ich habe viele Bücher gewälzt.“ Ein Freund habe ihn schließlich auf das „Reinmelieren“ aufmerksam gemacht, sagt der Barista. Reinmelieren? Heutzutage besser bekannt als „Latte-Art“, die er in Stuttgart salonfähig machte. „Wir waren die Ersten, die das so gemacht haben“, glaubt er. Und weil Übung den Meister macht, werden die Herz- und Tulpen-Motive mittlerweile auch ganz locker-lässig aus dem Ärmel geschüttelt.

In den letzten zehn Jahren habe sich viel getan, besinnt sich Cakir noch einmal zurück: „Stuttgart hat immer mehr Baustellen, wir haben seit Jahren Wlan.“ Freelancer würden oft lange an ihren Laptops vor sich hinarbeiten. „Dass aus meinem Moulu manchmal ein Büro wird, gefällt mir eher weniger“, sagt er. „Wir haben doch acht Zeitungen zur Auswahl oder warum nicht mit der Nachbarin auf einen Kaffee-Tratsch vorbeikommen?“

Der moderne Großstädter von heute verlegt auch gerne sein Büro ins Café

Im Moulu hätten sich Leute kennengelernt, seien zusammengekommen und würden jetzt ihre Kinder großziehen. Auch seine Kinder wachsen dort rein und auf. Junge Mädels machten es sich auf Stühlen bequem, ziehen ihre Schuhe aus: „Das Moulu ist wie ein Wohnzimmer.“