Zum zehnten Geburtstag der Akademie für Darstellende Kunst (ADK) in Ludwigsburg kommt Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Er sagt: Kunst sichert Freiheit und Demokratie.

Ludwigsburg - Ein warmer Sommerabend im Ludwigsburger Akademiehof, man steht gemütlich zusammen vor dem Nebeneingang zur Akademie für Darstellende Kunst (ADK), die es seit zehn Jahren in der Barockstadt gibt. Der Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) wird erwartet, Bodyguards und Polizisten sichern alles ab. Elisabeth Schweeger, die Direktorin der Theaterakademie, betont: „Ich bin kein bisschen aufgeregt.“

 

So wartet man auf den knorrigen grünen Regierungschef und schwelgt in Erinnerungen. Wie schwierig war es doch anno 2008, eine Ausbildungsstätte für Schauspieler ausgerechnet nach Ludwigsburg zu holen. Wo es doch in Stuttgart schon die Kunstakademie gab. Und so sammelt man sich um Dietrich Birk (CDU), der damals Staatssekretär im Wissenschaftsministerium war. Thomas Schadt, der Chef der benachbarten Filmakademie, erzählt das so: „Der Oettinger hat zu Birk gesagt: Mach das mal. Und er hat es gemacht.“ Das gibt später für Birk einen Extra-Applaus.

Wie bei Filterkaffee die Akademie gerettet wurde

Denn so einfach war das nicht, schließlich gab es viel Widerstand zu überwinden. Schadt zeigt ein Foto mit unzähligen Kaffeetassen (mit Filterkaffee!) und Sprudelgläsern: „In dieser Sitzung haben wir Wolfgang Bergmann eine Minute vor Zwölf überzeugt, erster Direktor zu werden.“ Sonst wäre alles doch noch geplatzt. Und Dietrich Birk, inzwischen Geschäftsführer des ziemlich unkünstlerischen Verbandes der Maschinenbauer, erinnert sich gerne – auch an eine Begegnung 2010 mit Thomas Schadt.

„Das war in Shanghai auf der Expo“, sagt er. An dem Tag war Horst Köhler als Bundespräsident zurückgetreten, welches Bild sollte man nun im Deutschen Pavillon aufhängen? Horst Seehofer, damals als Bundesratspräsident amtierendes Staatsoberhaupt, hatte man nicht: „Das war ziemlich stressig.“ Aber an diesem Jubiläumsabend genießt Birk das Leben, die Kultur, die jungen Leute, sein Werk also. Und auch Werner Spec, parteilos, genießt einen stadtbahn- und gemeinderatsfreien Abend. „Ja, das war was“, sagt er schmunzelnd zur goldenen Gründerzeit.

Ein Foto, das im Saal gezeigt wird, zeigt Spec 2008 mit einem Bauhelm auf der Baustelle mit Birk und dem designierten Direktor Wolfgang Bergmann. „Wie man Werner kennt“, spottet Schadt, „schon mit den Gedanken wieder beim nächsten und übernächsten Projekt.“

Kretschmann erinnert an das „Theater in Berlin“

Und Kretschmann? Nach langer Wartezeit fährt er mit der Hybrid-Plug-In-S-Klasse vor, die er selbst einmal als „Sardinenbüchse“ bezeichnet hat. Der Regierungschef faltet sich heraus, schüttelt Hände, bleibt aber spröde. Das ist nicht seine Welt, auch wenn er Kunst und Kultur nicht abgeneigt ist. Seine Rede liest Kretschmann ohne viel Empathie vom Blatt ab, so dass es gewisse Längen gibt.

Nur ab und zu gewährt der 70-Jährige Einblicke in seine Seele. „Sie als Theaterstudenten fragen sich mit Blick nach Berlin bestimmt: Was soll das Theater?“ sagt er augenzwinkernd in Richtung Unionsstreit. Und dann bekennt er ganz persönlich, wie sehr er manchmal kultureller Erleuchtung bedarf: „Was wir Politiker tun, ist doch meistens wenig kreativ. Es geht nur um Fehlervermeidung.“ Da freue er sich über jeden Theaterbesuch, wo es einmal nicht um Schlagzeilen und Parteiintrigen gehe. Und schließlich, das betonen alle an diesem Abend, sei ein kritisches, kreatives Theater angesichts von populistischen und demokratiefeindlichen Tendenzen nötiger denn je.

So feiert man Geburtstag – und wie bei Jubilarfeiern üblich wird alles Negative ausgeblendet. Man klopft sich auf die Schulter: Die Stadt, die Akademie, das Land, ehemalige und aktuelle ADK-Macher. Das muss auch mal sein.