Schlafmünzen und D-Mark-Scheine liegen in vielen Haushalten oft unbemerkt herum. Deshalb reißt die Schlange am Wechselschalter der Bundesbank nicht ab.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Die kleinen Schlawiner kennen jedes Versteck: Blumentopf, Vorhangsaum, Wäscheschrank. Schlafmünzen und ihre wertvolleren Artgenossen, die D-Mark-Scheine, liegen in vielen deutschen Haushalten seit zehn Jahren unbemerkt herum. In der Filiale der Bundesbank wird das schlummernde Kapital der Schwaben zehn Jahre nach der Umstellung auf das Euro-Bargeld nach wie vor zu neuem Leben erweckt. Rund 50 Personen kommen täglich, um Restbestände an D-Mark in Münzen und Scheinen umzutauschen. „Das hat auch nichts damit zu tun, dass die Menschen darauf nun besonders aufmerksam geworden wären wegen des zehnten Geburtstags des Euro“, sagt Jürgen Hirsch, der Sprecher des Geldinstituts. Anfangs, kurz nach der Euroeinführung, seien es noch rund 100 Menschen pro Tag gewesen, die im Kassenraum im dritten Stock des Gebäudes an der Theodor-Heuss-Straße Schlange standen.

 

D-Mark-Bestände in Kleiderschränken

Ursula Braun hat ein Sparschwein geschlachtet – und wusste gar nicht, dass es so wohlgenährt war. Ein Geschenk von Freunden, das sie vor 13 Jahren zu ihrem 50. Geburtstag bekommen hatte, verbarg den Schatz. Vermeintlich als Gag setzten die Schenkenden das Schweinderl in einen Bratentopf. „Eine Münze hab ich darin wohl scheppern hören“, sagt die 63-Jährige. Die Scheine aber nahm sie nicht wahr. Nun hat sie das Tier geschlachtet und staunte nicht schlecht: 405 Mark hatten die Bekannten ihr zusätzlich zum seither oft und gerne benutzten Topf geschenkt. „Unglaublich, der Topf war doch schon teuer“, sagt sie, während sie in der Schlange auf den Umtausch zum Kurs von einem Euro für 1,95583 D-Mark wartet. Dieser ist seit der Euroeinführung gleich geblieben.

Den Klassiker hat Karl Philipp dabei. „Das hat meine Frau im Kleiderschrank ganz hinten unten gefunden“, sagt er und zückt eine bunt bemalte Käseschachtel voller Münzen. Überwiegend kupferne, die ihre glanzvollen Zeiten längst hinter sich haben. Vielleicht eine geheimer Schatz, den die Kinder mal versteckt haben? Er weiß es nicht, und die Kinder, die längst aus dem Haus sind, auch nicht. Genau bekannt ist ihm hingegen die Summe: 12,23 Mark hat er. Und weil das immerhin auch sechs Euro, also zwei Tassen Kaffee sind, hat er sich von Freiberg auf den Weg in die Innenstadt gemacht, um den alten Schatz in neues Geld umzutauschen. Der Kleiderschrank barg auch für Melanie Hiebers Schwiegervater eine Überraschung. 620 Mark zog er zwischen Strümpfen und Wäsche hervor, als er für den Umzug ausräumte, lauter Scheine waren es.

Sonderprägungen für Münzsammler

In der Schlange zum Kassenschalter der Bundesbank, in dem die D-Mark-Tauscher geduldig warten, stehen auch die Münzsammler. Denn hier werden auch Sonderprägungen ausgegeben. Nicht auf teure Goldstücke, sondern auf normale Zahlungsmittel ist die Sammlung von Manfred Treutel ausgerichtet. Er hat Mark und Pfennig in Sammlermappen feinsäuberlich aufbewahrt. „Aber von ein paar Stücken trenne ich mich nun“, erzählt er.

Wie groß der Andrang am zweiten Tag des Jahres schon gewesen ist, können die Wartenden an einem Geräusch abschätzen: Immer wieder rattert und scheppert es, wenn die Bankangestellten große Münzmengen in den Zählautomaten schütten.