Vor zehn Jahren wurde Youtube gegründet. Längst ist das Portal die populärste Internet-Plattform für Videos. Für Jugendliche sind die Videomacher die neuen Stars. Die erfolgreichsten verdienen damit viel Geld.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Vor zehn Jahren ist Youtube gegründet worden. Längst ist das Portal die populärste Internet-Plattform für Videos. Für Jugendliche sind die Videomacher die neuen Stars. Die erfolgreichsten verdienen damit viel Geld.

 

Im Zoo – das erste Video

Mit „Me at the Zoo“ fing alles an: Das erste Youtube-Video aller Zeiten zeigt den Mitgründer der Site, Jawed Karim, wie er vor Elefanten im Zoo von San Diego steht und einen Satz über deren lange Rüssel sagt. Es wurde 17,4 Millionen Mal angeklickt. Ein gutes Beispiel für die Netzlogik: die Quote zählt, vergiss den Inhalt. Für die einen ist der Medienbetrieb damit radikal demokratisiert worden, für die anderen ist dieses Zoo-Video der Anfang vom Ende hochwertiger Videounterhaltung.

Youtube braucht ein Viertel des Datenvolumens in Europa

2006 hat Google für 1,65 Milliarden Dollar Youtube gekauft, es war der bis dahin größte Zukauf des Suchmaschinenunternehmens. Youtube ist heute nach Zahlen des Netzwerkanbieters Sandvine für knapp 23 Prozent des heruntergeladenen Datenvolumens in Europa verantwortlich.

„Gangnam Style“ bricht die Zwei-Milliarden-Schallmauer

Zehn Jahre Youtube sind zehn Jahre Popkultur. Einige Highlights: mit ihrem Trash-Song „Wo bist du, mein Sonnenlicht“ brachte es die Grup Tekkan 2006 erst zu Millionen Youtube-Klicks und dann zum Plattenvertrag. 2009 setzte der perfekt inszenierte „JK Wedding Entrance Dance“ weltweit die Ansprüche für Hochzeitsfeiern nach oben. 2012 lief das Netz vor Remakes der „Harlem Shake“-Videos über, im selben Jahr wurde Felix Baumgartners Sprung aus der Stratosphäre live via Youtube übertragen. 2013/14 drehte jeder sein „Happy“-Video, und der koreanische Popstar Psy sammelt mit seinem Welthit „Gangnam Style“ auch nach der Zwei-Milliarden-Schallmauer fleißig Klicks.

Dass diese Zahlen den Youtube-Klickzähler gesprengt hätten, war übrigens nur ein Witz: Youtube hatte seine Zähler längst für Zahlen jenseits von zwei Milliarden angepasst.

 

Die erfolgreichsten Youtuber verdienen Millionen

Hinter den bunten Kulissen wird viel Geld verdient. In der Regel über Anzeigen, die sich Nutzer vor einem Youtube-Clip ansehen müssen. Google verdient damit Milliarden und verteilt einen Teil davon an die Produzenten und Vertreiber der Videos weiter.

Die Erfolgreichsten verdienen damit bis zu mehrere Millionen Dollar im Jahr – „bis zu“, weil Schätzungen wie die des Internet-Marktforschers Socialblade stark streuen und über den für die Einnahmen maßgeblichen Preis für 1000 Anzeigenkontakte nur spekuliert werden kann. Der Dienst Tubemogul schätzt ihn auf 7,60 Dollar (6,70 Euro), andere wie Socialblade vermuten deutlich niedrigere Werte. Als gesichert kann gelten, dass bei Youtube weniger gezahlt wird als im Fernsehen, wo tausend Anzeigenkontakte für einen kurzen Werbespot rund 15 Euro kosten – in den USA ebenso wie in Europa.

Der Stuttgarter Sami Slimani hat Tipps für jede Lebenslage

Youtube hat eine neue Art von Inhalteproduzenten hervorgebracht: den Youtuber. Die weltweit meisten Abonnenten, nämlich 34 Millionen, hat der Schwede Felix Kjellberg. Er zockt sich alias Pewdiepie durch Videospiele. Youtube selbst kommt als Videoproduzent auf Platz zwei. Platz drei belegt der chilenische Youtuber Holasoygerman, der in rasant geschnittenen Videos auf Spanisch über Alltagsphänomene plaudert.

Der erfolgreichste deutsche Youtuber, Gronkh, spielt für dreieinhalb Millionen Abonnenten Computerspiele durch. Der Stuttgarter Youtuber Sami Slimani hat mit Tipps für jede Lebenslage – Snacks für den Valentinstag oder „DIY Mustache Pullover“ etwa – 1,1 Millionen Abonnenten gesammelt und ist außerhalb der virtuellen Youtube-Welt ein (Teenie-)Star. Das Donzdorfer Musiklabel Nuclear Blast hat mit all seinen Videos mehr als 900 000 Klicks geholt und steht damit deutschlandweit auf Platz vier.

Es geht längst nicht mehr nur um Musik

Die Top 30 der meistegeklickten Youtube-Clips aller Zeiten sind (bis auf eine Ausnahme) Musikvideos. Youtube, so hieß es Ende der Nullerjahre, habe dem Musikfernsehen den Garaus gemacht. Tatsächlich hat man sich daran gewöhnt, dass jedes Musikvideo nur einen Mausklick entfernt ist – wenn auch nicht (mehr) zwingend bei Youtube, zumindest in Deutschland. Hierzulande haben sich etwa mit tape.tv oder dem zu Pro Sieben  Sat 1 gehörenden Youtube-Konkurrenten Myvideo alternative Anbieter am Markt positioniert.

Der kreative Nutzer

Bei Youtube geht es längst nicht mehr nur um Musik. Vielmehr sind Videos im Netz heute selbstverständlich – auch, weil (fast) keiner mehr einen Flaschenhals namens ISDN-Zugang daheim hat. Youtube hat auch kommerziellen Streaming-Diensten wie Netflix oder den Mediatheken der Fernsehsender den Weg gewiesen – die im Grunde nichts anderes sind als das von Youtube etablierte Prinzip „Video-on-Demand“, also Bewegtbild auf Abruf. Mehr noch: Videos sind im Netz wichtiger denn je – sie werden gerne betrachtet, bringen Werbeeinnahmen, lassen Nutzer kreativ werden.

Soziale Medien wie Facebook, Twitter und Instagram setzen massiv auf Videos. Mit Youtube, aber auch mit neuen Diensten wie Younow kann jeder jederzeit von überall einen Livekanal eröffnen. Mehr als drei Milliarden Videos werden auf Facebook im Moment jeden Tag geschaut – das ist dreimal mehr als noch im September.

Der Quatsch-Faktor funktioniert bis heute

Was sich seit dem Start von Youtube nicht geändert hat: der Quatsch-Faktor. „Da tanzen Teenager zur Musik aus der Stereoanlage, oder eine Schwester beobachtet ihren Bruder beim Hanteltraining und schneidet mit, wie dieser versehentlich das Aquarium zertrümmert“, schrieb die StZ anno 2006 in ihrem ersten Beitrag über Youtube. Videos mit dieser Art von Inhalt funktionieren bis heute.