Am Sonntag kommt der Holocaust-Überlebende Pavel Hoffmann auf Einladung des Vereins Freunde jüdischer Kultur in Esslingen ins Theodor-Rothschild-Haus. Sein Blick auf die Zukunft jüdischen Lebens in Deutschland und Europa fällt pessimistisch aus.

Pavel Hoffmann ist einer der letzten lebenden Zeitzeugen des Holocaust, ein Überlebender des Konzentrationslagers Theresienstadt. Fast seine ganze Familie wurde durch die Nazis umgebracht, er überlebte die Zeit im Konzentrationslager bis zur Befreiung. Pavel Hoffmann wurde 1939 in Prag geboren. Seine Eltern waren Mediziner. Sein Vater wurde 1942 der Teilnahme am Attentat auf Reinhard Heydrich, den stellvertretenden Reichsprotektor in Böhmen und Mähren, verdächtigt und mit tausenden anderen tschechischen Intellektuellen erschossen. Die Familie kam ins Lager Theresienstadt, wo die Mutter 1943 starb. Pavel, noch ein kleines Kind, überlebte wie durch ein Wunder die restlichen zwei Jahre im Lager als Vollwaise bis zur Befreiung 1945. Nur ein Onkel, eine Tante und er als einziger einer großen Familie hatten den Holocaust überlebt. Pavel lebte zunächst in Prag, machte Abitur, studierte, machte ein Praktikum in Deutschland, und als die Sowjets in Prag einmarschierten, blieb er mit seiner Familie in Deutschland. „Ich habe zwei Diktaturen erlebt“, sagt er. „Die der Nazis und die der Kommunisten. Antisemiten waren beide.“

 

Von da an lebte er in Reutlingen und war als Ingenieur erfolgreich. Heutzutage, im Ruhestand, sieht er sich als mahnende Stimme gegen Antisemitismus und Vorurteile aller Art. Jungen Menschen will er mit auf den Weg geben nachzudenken, immer zu hinterfragen, sich nicht mit schnellen Antworten zufrieden zu geben.

Er hält wenig davon, „wenn Schüler und Lehrer nach Auschwitz fahren“. Er kritisiert diesen Umgang mit dem Holocaust, dessen Aufarbeitung nicht gelungen sei: „Man hält Gedenktage für die ermordeten Juden ab, dann wird Klezmermusik gespielt.“ Nur die Juden als Opfer des Holocausts hätten es in die Herzen der Menschen geschafft. „Aber die wehrhaften Juden nicht“. Damit bezieht er sich auf den „heutigen Antisemitismus“, der als Antizionismus mit seiner Kritik an der Politik des Staates Israel seine moderne Fortsetzung gefunden habe. Gleichzeitig lasse man zu, dass muslimische Machthaber wie im Iran oder in den palästinensischen Gebieten die Auslöschung Israels fordern, dass jüdischen Menschen in Deutschland vom öffentlichen Tragen der Kippa abgeraten werde, und Synagogen geschützt werden müssen. Manche Einwanderer in Deutschland seien im Judenhass erzogen und brächten ihn nach Deutschland mit.

Mit muslimischen und linken Zeitgenossen geht er hart ins Gericht: „Seit den Zeiten von Joseph Goebbels hat noch keine antijüdische beziehungsweise antiisraelische Propaganda so viel Erfolg gehabt wie die arabisch-linke Propaganda.“

Hoffmann gehört mit seinen 83 Jahren zu den Skeptikern, was jüdisches Leben in Deutschland und Europa betrifft. Er ist sicher: „Jüdisches Leben wird vermutlich nur in Israel fortgesetzt.“ Er weiß auch, dass Vorträge von Holocaust-Überlebenden andere Erwartungen hervorrufen und seine Texte davon abweichen. Das käme nicht immer gut an. „Eine Journalistin, die fast alle meine Texte veröffentlicht hat, wird als Mossad-Agentin bezeichnet und muss oft um ihren Arbeitsplatz bangen“, sagt Pavel Hoffmann.

Früher hat er bis zu 30 Vorträge im Jahr gehalten. Heute lässt er es deutlich ruhiger angehen – wegen seines Alters und nicht zuletzt auch aus Rücksicht auf seine Frau, die sich vor antijüdischen Übergriffen fürchte.

Der Vortrag von Pavel Hoffmann beginnt am Sonntag, 20. November, um 18 Uhr im Festsaal des Theodor-Rothschild-Hauses in Esslingen, Mülbergerstraße 146