Seit vielen Jahren tut die brasilianische Regierung zu wenig, um die Ausbreitung von Mücken zu verhindern, kommentiert der StZ-Korrespondent Wolfgang Kunath. So trifft die Zika-Epidemie nun vor allem die Schutzlosen.

Rio de Janeiro - Das Zika-Virus ist über Lateinamerika gekommen wie eine Naturkatastrophe. Auch dieser Erreger kann theoretisch alle erwischen, aber in der Praxis trifft es die Armen stärker. Die Frauen, die nun schwerbehinderte Kinder gebären, gehören fast alle zur Unterschicht. Denn wo die Unterschicht wohnt, ist der Überträger des Virus zuhause, die Mücke Aedes aegypti. Sie liebt prekäre Hygiene- und Wohnverhältnisse – stehendes Wasser zum Beispiel, das man in den bescheidenen Vierteln Brasiliens in Tonnen horten muss, weil der Hahn so oft trocken bleibt.

 

Die brasilianischen Behörden haben versagt bei der Bekämpfung des Moskitos, die schon vor der Zika-Epidemie ihre erste Pflicht gewesen wäre. Denn die Aedes-Mücke überträgt auch das oft tödlich verlaufende Dengue-Fieber. Das gab es vor 30 Jahren so gut wie gar nicht, aber seitdem hat es sich ausgebreitet, kaum behindert durch wirksame Kampagnen zur Bekämpfung des Moskitos.  

Brasiliens Kommunalpolitiker wissen, dass man mit Rohren, die die Bürger nicht sehen, keine Wahlen gewinnt. Deshalb bauen sie lieber Fußballstadien. Es mag schon sein, dass die Wähler ihr Kreuzchen nach so kurzsichtigen Kriterien machen. Aber wenn die Zentralregierung die Gemeinden zwingen kann, einen bestimmten Anteil an ihrem Haushalt für die Schulen auszugeben, wie es in Brasilien geschieht – warum kann man dann nicht auch die Verlegung von Kanalröhren und Wasserleitungen fördern?