Das lässt aufhorchen: Auf dem Bezirksparteitag der CDU Südwürttemberg-Hohenzollern in Bad Saulgau spricht ein Mitglied der rechtsnationalen Orbán-Regierung. Zoltan Bàlog behandelt „aktuelle Fragen zur Asyl- und Zuwanderungspolitik“.

Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Bad Saulgau - Ein gewöhnlicher Bezirksparteitag ist es nicht, den die CDU Württemberg-Hohenzollern am 16. und 17. Oktober in Bad Saulgau (Kreis Sigmaringen) abhält. Die fälligen Neuwahlen des kompletten Bezirksvorstandes schrumpfen angesichts des laufenden Landtagswahlkampfs zur Fußnote. Mit Spannung werden vielmehr Reden sowohl des CDU-Spitzenkandidaten Guido Wolf als auch des Landesvorsitzenden Thomas Strobl erwartet. Sogar der Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hat sich angekündigt, um über die Verkehrspolitik des Bundes zu sprechen.

 

Im Mittelpunkt des Parteitages stehen der offiziellen Einladung zufolge jedoch die „aktuellen Fragen zur Asyl- und Zuwanderungspolitik“. Dazu hat sich die Spitze des mächtigen, mehr als 13 000 Mitglieder zählenden CDU-Bezirksverbandes mit Thomas Bareiß an der Spitze einen Gastredner eingeladen, dessen Name aufhorchen lässt: Zoltan Bálog, Minister für Humanressourcen im Kabinett des rechtsnationalen ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán. Der ungarische Regierungschef war ja vor kurzem selbst Staatsgast des CSU-Ministerpräsidenten Horst Seehofer, was eine Reihe politischer Beobachter als gezielte Provokation gegenüber Angela Merkel deuteten. Nun darf ein Kabinettsmitglied aus Budapest erstmals auch bei der Landes-CDU offiziell sprechen.

Bàlogs letzte Interviews klangen durchaus linientreu

Bálog, teilte der Sigmaringer Bezirksvorsitzende Bareiß auf Anfrage mit, habe einige Zeit in Tübingen gearbeitet und gelebt, „wodurch er Deutschland sowie unsere Haltung besonders versteht“. Der evangelische Pfarrer sei zudem Träger des Bundesverdienstkreuzes. Die „Flüchtlingswelle“ gehe ganz Europa an. „Deshalb sollten wir eher mehr als weniger mit unseren europäischen Nachbarn sprechen.“

Der ehemalige Gemeindepfarrer Bálog ist nach 1987 für theologische Studien nach Tübingen gekommen, 1989 benannte ihn der Ökumenische Rat der Kirchen in Ungarn als Seelsorger für Flüchtlinge aus der DDR. 2013 erhielt er – bereits als Minister im Kabinett Orbán und als dessen vermeintlich liberales Aushängeschild – aus der Hand des deutschen Botschafters in Budapest das Große Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband. Damit, so die Begründung des Bundespräsidialamtes, sollte Zoltan Bálogs Einsatz für Minderheiten gewürdigt werden.

Was der Minister für Humanressourcen jedoch zuletzt deutschen Medien gegenüber zu sagen hatte, klang durchaus stramm und linientreu. In einem Interview, das er dem „Deutschlandfunk“ (DLF) Ende August gegeben hatte, verteidigte Bálog den Stacheldrahtzaun gegen Flüchtlinge an der ungarischen Grenze. Abwehrmaßnahmen seien nötig, „damit wir diesen illegalen Strom aufhalten können“. Sein Land habe innerhalb der EU „ständig die Alarmglocke geschlagen und es ist keine Antwort gekommen“. Der Minister im DLF weiter: „Nun sind wir gezwungen, einseitig Dinge zu machen, die Aufsehen erregen, und ich hoffe, dass das die Entscheidungsträger zu einer schnelleren Reaktion zwingt“.

CDU: Auftritt des Ungarn ist nicht Teil einer Strategie

Auch das ist eine Besonderheit dieses CDU-Parteitags: Er spielt ausgerechnet in einer oberschwäbischen Kleinstadt, in der die Emotionen wegen eines geplanten Flüchtlingsheims über Wochen hinweg immer höher kochten. Das Regierungspräsidium Tübingen hat vor wenigen Tagen gegenüber dem Gemeinderat erzwungen, dass die landeseigene ehemalige „Japanische Schule“ in Bad Saulgau zur Flüchtlingsunterkunft für bis zu 500 Menschen umgebaut werden kann (wir berichteten). Die Saulgauer Stadtpolitik bemängelt, dass die Unterkunft mitten in einem Schulareal liege, was unweigerlich zu Konflikten führen werde. Noch am Dienstag vergangener Woche hatte der Ministerpräsident Winfried Kretschmann auf Einladung der Grünen im Stadtforum von Bad Saulgau die Zwangsmaßnahme öffentlich verteidigt.

Die beiden Ereignisse hätten nichts miteinander zu tun, beteuert Thomas Bareiß. „Meine Einladung habe ich unabhängig von der aktuellen Situation in Bad Saulgau ausgesprochen.“ Die CDU-Landesgeschäftsstelle teilte am Dienstag mit, Bálogs Auftritt sei nicht Teil einer weiterführenden Strategie im Wahlkampf. Von „weiteren Auftritten oder Einladungen ist mir nichts bekannt“, sagte ein Sprecher.