Um die Aufklärung des gewaltsamen Todes des „Schluchsee-Wolfs“ zu beschleunigen, haben sieben Naturschutzverbände 2500 Euro Belohnung ausgesetzt. Das findet der Landesjagdverband übertrieben – arbeitet aber mit derselben Methode, wenn es ihm nützt.

Stuttgart - „Für Hinweise, die zur Ergreifung des Täters führen, ist eine Belohnung von 1000 Euro ausgesetzt.“ - Wenn Ermittlungsbehörden nicht weiter kommen, geben sie häufig finanzielle Anreize, um Tipps aus der Bevölkerung zu erhalten. Bei Kapitalverbrechen oder der Suche nach entflohenen Strafgefangenen bringen solche Belohnungen mitunter den gewünschten Erfolg. Das gilt auch für jene Fällen, bei denen Privatleute Geldbeträge ausloben, um die Arbeit der Kripo zu unterstützen. So haben etwa mehrere Freiburger die von der Staatsanwaltschaft gebotenen 6000 Euro um satte 29.000 Euro aufgestockt, um den Mörder der Studentin Maria L. dingfest zu machen – ein Fall, der die ganze Republik erschütterte.

 

Angesichts solcher Tragödien mag es seltsam anmuten, wenn auch bei Verstößen gegen den Tierschutz Informationshonorare fließen. Auf staatliche Behörden geht das selten zurück, immer häufiger setzen jedoch private Organisationen wie „Peta“ auf Belohnungen, um Tierschutzfrevel aufzuklären. In Berlin zum Beispiel bot der Verein 1000 Euro auf, um jene Rohlinge zu finden, die mit einem Igel „Fußball“ gespielt hatten. Bei streng geschützten Arten kommen noch ganz andere Summen zusammen. So setzte der World Wide Fund for Nature (WWF) im vergangenen Jahr ein „Kopfgeld“ von 25 000 Euro auf jenen aus, der in der Lausitz einen der dort lebenden Wölfe abgeschossen hat.

Auch Jäger verurteilen die Tat

2500 Euro haben dieser Tage sieben Umwelt-Organisationen aus Baden-Württemberg ausgelobt, um Hinweise auf den Wilderer des „Schluchsee-Wolfs“ zu erhalten. Das Tier war im Juni dieses Jahres erstmals im Alb-Donau-Kreis gesichtet worden, wurde dann aber am 8. Juli tot aus dem Schluchsee geborgen. Eine Obduktion ergab, dass der ursprünglich aus Niedersachsen stammende Wolf erschossen wurde. In der Leber fand sich ein Projektil, das „aus einer Jagdwaffe stammen könnte“, wie die Umweltorganisationen vorsichtig erklären. Die Staatsanwaltschaft Freiburg ermittelt, und wird der Täter überführt, droht ihm eine Geld- oder sogar eine Freiheitsstrafe. „Wir hoffen, dass wir damit einen Beitrag zur Aufklärung leisten können, damit der Schütze oder die Schützin schnell gefasst und zur Verantwortung gezogen werden kann“, sagt Nabu-Landeschef Johannes Enssle.

Beim Landesjagdverband (LJV) kam diese Ermittlungshilfe jedoch nicht gut an: „Eine Belohnung suggeriert fehlendes Vertrauen in die Strafverfolgung hier im Land und hebt den Tod des Wolfes auf eine menschlich-emotionale Schiene“, sagte Landesjägermeister Jörg Friedmann. Dies sei „nicht zielführend“. Das habe auch nichts damit zu tun, dass man eventuell „böse Buben in den eigenen Reihen decken“ wollte, versichert LJV-Hauptgeschäftsführer Erhard Jauch: „Wir verurteilen diese Tat. Der Abschuss ist für unsere Bemühungen um einen sachlichen und zielorientierten Umgang mit Wolf und Luchs ein herber Rückschlag.“ Man dürfe den Wolf aber auch nicht verklären, sagt Jauch und ärgert sich auch darüber, dass ein Kripobeamter kürzlich öffentlich von der „Ermordung“ des Wolfes geredet hatte.

Vergifteter Wanderfalke

Wenn es um ihre eigene Sache geht, scheuen die Jäger allerdings nicht vor diesem Instrument zurück. So haben sie vor zwei Jahren zusammen mit dem Deutschen Falkenorden 5000 Euro für „sachdienliche Hinweise“ geboten, um die Vergiftung eines Wanderfalken bei Stuttgart aufzuklären. Und bereits 2005 habe der Deutsche Jagdverband zusammen mit dem Nabu eine Belohnung zur Ergreifung eines Wolfswilderers ausgelobt, heißt es in Kreisen von Naturschützern. „Die Jäger sind da nicht glaubwürdig“, sagt Markus Rösler, naturschutzpolitischer Sprecher der Landtags-Grünen und engagierter Vorkämpfer für ein „Wolfsmanagement“. Rösler hat in der Causa „Schluchseewolf“ Strafanzeige gegen Unbekannt bei der Staatsanwaltschaft in Freiburg gestellt – auch wenn die Chance, den Täter zu fassen, ziemlich gering ist. „Das wäre das erste Mal, dass die Polizei einen Wolfsmörder dingfest machte“, sagt der Grünen-Politiker und bemüht die Statistik: Seit 2000 gebe es 26 belegte Fälle für erschossene Wölfe, in dreien stellten sich die Täter selbst, die 23 anderen seien bisher nicht aufgeklärt.

Neuer Wolf bei Heilbronn?

Rund 150 Jahre nach Tötung des letzten heimischen Wolfs in Baden und Württemberg spiegeln diese Zahlen einen Grundkonflikt zwischen Wolfsverächtern und Wolfsliebhabern. Biologen sind davon überzeugt, dass das Tier ohnehin kommt – und dass das Land darauf vorbereitet sein sollte. Das ist nach Ansicht von Umweltstaatssekretär Andre Baumann aber noch nicht optimal der Fall. Der Schutz für die Herden von Ziegenhaltern und Schäfern sei noch nicht ausreichend, sagt er.

Doch möglicherweise ist schon wieder ein Tier unterwegs. So sind in Unterkessach bei Widdern nördlich von Heilbronn dieser Tage mehrere Lämmer gerissen worden. Nun sollen gentechnische Untersuchungen klären, ob man dies einem Wolf oder wildernden Hunden zuschreiben muss. Dass im Odenwald ein Tier umherstreift, ist belegt. „Der braucht bis Widdern gerade mal zwei Nächte“, sagt Markus Rösler. Sollte sich der Wolfsverdacht bestätigen, wäre es nach 150 Jahren der erste Fall, dass ein Wolf in Baden-Württemberg ein Schaf gerissen hätte.