Die Verantwortlichen stehen vor einem Rätsel: Die Blechlawinen auf den Ludwigsburger Hauptstraßen sind so lang wie im Februar – und das, obwohl noch viele im Homeoffice arbeiten. Die Linienbusse füllen sich langsam wieder.

Ludwigsburg - Trotz aller Ängste und der Beschneidung persönlicher Freiheit, eine Hoffnung wurde während des Corona-Krise immer wieder genährt: Die Ausbremsung der Aktivitäten könne sich positiv auf das Klima auswirken – auf das weltweite ebenso wie auf das überschaubare einer Stadt. Doch inzwischen scheint sicher: Der Effekt in Bezug auf den Klimawandel geht gegen null, und in den Städten ist die Luft beinahe wieder so dick wie vor dem Lockdown. Auf den Ludwigsburger Straßen wurden im September wieder ähnlich viele Autos gezählt wie im Februar. Und das gibt Rätsel auf, denn noch immer arbeiten die Angestellten großer Betriebe im Homeoffice.

 

Die Straßen in Ludwigsburg sind offenbar immer voll ausgelastet oder gar überlastet. Doch zu manchem Stau kommt es momentan vor allem wegen einer ungewöhnlichen Häufung von Baustellen. Um nur ein paar wenige zu nennen: Auf den Hauptachsen wie der Schwieberdinger oder der Heilbronner Straße, am Stadtrand bei der Autobahnanschlussstelle Ludwigsburg-Süd, in der Gänsfußallee und in der Schillerstraße wird gebaut. Dazu kommen Sperren wie die in der Leonberger Straße, wo ein Haus eingestürzt ist.

„Eine ungute Entwicklung“

Die Situation sei auch für den ÖPNV sehr schwierig, sagt Frank Metzger, der Betriebsleiter der Ludwigsburger Verkehrs-Linien (LVL). „Das mit den vielen Baustellen zurzeit zermürbt uns.“ Auch für die Busse gebe es ja keine Umleitungsstrecken. „Wir können da ja gar nicht drauf reagieren“, meint Metzger.

Ein Blick auf die Zahlen zeige, dass Ludwigsburg auch ohne Baustellen staugeplagt sei, resümiert Michael Ilk: „Wir haben zu viele Autos in der Stadt.“ Der Mobilitätsbürgermeister sieht besorgt auf „eine ungute Entwicklung“. Zum einen für die im Stau festsitzenden Autofahrer, zum anderen, weil dieses hohe Fahrzeugaufkommen alle städtischen Versuche vereitelt, ein immer noch drohendes Fahrverbot wegen der extremen Belastung der Luft mit Stickstoff abzuwenden.

Kleinste Quoten in März und April

Nachdem noch im Februar auf der Ludwigsburger Schlossstraße täglich regelmäßig mehr als 50 000 Fahrzeuge gezählt worden waren, ging deren Zahl vor allem im März und April deutlich zurück. So waren zum Beispiel an den Sonntagen 22. und am 29. März lediglich 13 900 und 13 100 Autos unterwegs. An den Werktagen davor und danach lag die Quote bei 30 000 und 34 000 Autos. Am Montag, 13. April, fuhren sogar noch weniger Autos als am Sonntag zuvor: 18 600 (am Sonntag waren es 19 400). Im Laufe des Juni begann ein erneuer Anstieg, der sich bis Ende August bereits auf 49 000 bis 50 000 hochgeschaukelt hatte. Bis Mitte September blieben die täglichen Zahlen im Schnitt über der 50 000er Marke.

„Die Schule hat zwar wieder begonnen“, sagt Ilk, „aber es dauert immer eine Weile, bis der Normalzustand erreicht ist.“ Man werde wohl erst im Oktober wissen, ob der sich seit Anfang September andeutende Negativtrend durchschlägt. Der Bürgermeister befürchtet, dass ängstliche Menschen, die bisher den ÖPNV genutzt hätten, sich weigern könnten, mit dem Bus zu fahren und stattdessen dauerhaft auf das Auto umstiegen.

Schulbusse sind sehr voll

Dieser Angst kann LVL-Betriebsleiter Metzger die Spitze nehmen. „Die Schüler sind jedenfalls zurück“, sagt er. Und im übrigen Verkehr seien immerhin bis zu 80 Prozent der Busfahrgäste zurückgekommen. Er glaubt, dass der Personenkreis, der dem ÖPNV zurzeit noch fehle, weiterhin im Homeoffice arbeite. „Wir wissen natürlich auch nicht, wie die großen Betriebe in den nächsten Wochen damit umgehen“, sagt Metzger. Insgesamt sei die Situation jedenfalls besser als befürchtet. Dass Eltern sich über dicht gefüllte Schulbusse am Morgen beklagen, kann Metzger verstehen. „Wir fahren da das volle Programm“, sagt er, „die Busse sind nicht überfüllter als vor Corona. Aber natürlich kann da kein Abstand von zwei Metern eingehalten werden.“ Um daran etwas zu ändern, müssten die Schulen die Anfangszeiten deutlich entzerren.

Wie es weitergehen soll auf den Ludwigsburger Straßen ist offen. Am Mittwoch will der Gemeinderat über das Verkehrsproblem diskutieren.