Ein Sturm führt zum schwersten Zugunglück in Dänemark seit 1988. Auf einer Brücke schleudert der Wind Ladung eines entgegenkommenden Güterzuges gegen einen Passagierzug. Sechs Menschen sterben.

Kopenhagen - Für Bo Mikkelsen und 130 weitere Passagiere, samt drei Besatzungsmitgliedern, endete die Zugfahrt auf der Meeresbrücke über den Großen Belt am Mittwochmorgen, im schlimmsten Zugunglück Dänemarks seit 1988. An diesem ersten Arbeitstag im neuen Jahr tobte ein Sturmtief über Skandinavien.

 

Sechs Menschen starben in den Zugtrümmern, 16 wurden verletzt. „Ich weiß nicht, wie ich reagieren soll“, sagt der im Gesicht kreideweiße Student dem Sender TV2. „Ich war so nervös, die Leute zitterten. Wir wussten nicht wie lange wir noch im Waggon sitzen mussten danach. Es war so, als ob man in einem Film dabei wäre“, ergänzt der Mitreisende Li Peng. Mehrere Fenster seien zersplittert.

Der Schnellzug war von der Insel Fünen in Richtung der Insel Seeland und der dortigen Hauptstadt Kopenhagen unterwegs. Dabei wurde er um 7.35 Uhr von losgelösten Teilen eines auf der Gegenspur entgegenkommenden Güterzuges getroffen und musste scharf abbremsen. Gegenstände flogen durch die Luft. Das erklärt die Schwere der Zerstörung.

Glück im Unglück, dass keiner der beiden Züge entgleiste

Der Lokführer des Güterzuges hatte offenbar nicht bemerkt, dass die grünen Außenplanen und einige Befestigungen von mehreren Waggons, die Bierkästen für den dänischen Getränkekonzern Carlsberg transportierten, fast völlig von den Sturmböen zerrissen worden waren und wild herumflatterten.

Glück im Unglück war es, dass keiner der Züge entgleiste. Sie wären im schlimmsten Fall von der hohen Brücke in die stürmische, kalte See hinuntergestürzt. Zudem hatte der Personenzug gerade erst die Insel Fünen auf der Meeresbrücke Richtung Kopenhagen verlassen, wodurch die Rettungsarbeiten vom Land aus deutlich erleichtert wurden. Es hätte auch anders kommen können.

Zusammen mit anderen, nicht verletzten Passagieren wurden Mikkelsen in ein Sportzentrum in der an die Meeresbrücke grenzenden Stadt Nyborg auf der Insel Fünen gebracht, wo sie von Psychologen und Pfarrern betreut wurden. „Uns wurde gesagt, es handle sich nur um einen leichteren Zwischenfall. Deshalb ist es wirklich schockierend nun die Nachricht zu hören, dass mehrere gestorben sind“, sagt der Student dem Sender TV2.

Die Waggons enthielten Bierkästen, die in die Brauerei zurück sollten

Für den Auto- und Zugverkehr wurde die Große-Belt-Brücke erst wieder um 10.30 geöffnet. Für den weltweit exportierenden dänischen Bierkonzern Carlsberg ist das Unglück an dem vielleicht seine Waggons mit Bierkästen schuld tragen ein PR-Albtraum. Es ist nicht geklärt, ob die Planen und Befestigungselemente der Carlsberg-Waggons ausschließlich aufgrund des ungewöhnlich starken Sturms abrissen oder ob sie schlampig befestigt worden waren. Die Waggons enthielten Bierkästen, die in die Brauerei zurück sollten.

„Wir sind zutiefst berührt von dem Unglück und die Frachtfirma hat leider bestätigt, dass es sich um eine Güterzug handelte, der unsere Güter transportierte“, heißt es von Carlsberg. Verantwortlich für den Carlsberg Gütertransport ist DB Cargo, eine Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn, schreibt die dänische Zeitung Jyllands-Posten.

Die DB Cargo will keinen Warnhinweis wegen des Sturms bekommen haben

Deren Pressesprecher Jan Wildau unterstreicht gegenüber dieser Zeitung, dass DB Cargo keinen Warnhinweis bekommen habe, der eine Güterzugüberfahrt aufgrund des schlechten Wetters verboten hätte. „Wir werden tun, was wir können, um bei der Aufklärungsarbeit zu helfen“, heißt es von Carlsberg. Das deutsche Transportunternehmen habe die Hauptverantwortung für den Transport gehabt, so der Tenor der Brauerei. .„Ermittlungen sollen nun klären, was genau schief gelaufen ist. Bisher war die Rettungsarbeit unsere Priorität“, sagte der Polizeichef von Fünen, Arne Gram.

Dänemarks Ministerpräsident Lars Lökke Rasmussen drückte seine Betroffenheit über das Zugunglück aus. „Das tragische Unglück auf der Großen-Belt-Brücke mit vielen Toten und Verletzten hat uns alle erschüttert“, sagte er. „Ganz normale Dänen, auf dem Weg zur Arbeit oder nach Hause von den Weihnachtsferien, haben ihr Leben in Stücke zerrissen bekommen“, sagte er weiter. Auch Schwedens Ministerpräsident Stefan Löfven drückte Dänemark sein Beileid aus.

Bislang galten die Verbindungen im inselreichen Königreich Dänemark als völlig sicher

Ein wenig unbehaglich war es schon immer, gerade bei starkem Unwetter mit dem Schnellzug über die dänische Ostsee zu rasen, nur getragen von einer dünnen, hohen Meeresbrücke. Doch bislang galten diese Verbindungen im inselreichen Königreich Dänemark als völlig sicher.

Auf der Unglücksbrücke gibt es etwa zwei Windmessstellen vom Dänischen Meteorologischen Institut, die bei anhaltenden Windstärken von 21 Metern pro Sekunde Güterzügen eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 80 Kilometern pro Stunde auferlegen. Elektrische Reisezüge dürfen ab der Windstärke von 27 Metern pro Sekunde maximal 100 Kilometer pro Stunde fahren. Bei Dieselreisezügen gibt keine Begrenzung. Bei Windstärken ab 30 Metern pro Sekunde wird der gesamte Zugverkehr eingestellt.

Die Brücke über den Storebælt verbindet die dänischen Inseln Fünen und Seeland (Sjælland) und ist damit einer der wichtigsten Verkehrswege Dänemarks. Auf Seeland liegt auch Kopenhagen. Viele Reisende aus Deutschland nutzen die Brücke, wenn sie mit dem Auto in die dänische Hauptstadt oder in Richtung Schweden fahren.