In der erste Veranstaltung der Reihe „Zukunft Bad Cannstatt“ wurde in die Vergangenheit des Stadtbezirks geblickt. Auf diese sowie Trümpfe wie das Mineralwasser, die Altstadt oder den Wein können alle stolz sein, waren sich Organisatoren und Bürger einig.

Bad Cannstatt - Wer über die Geschichte nichts weiß, der kann auch nicht in die Zukunft blicken“. Mit diesen Worten hat der Bezirksvorsteher Bernd-Marcel Löffler die erste Veranstaltung der Reihe „Zukunft Bad Cannstatt“ am vergangenen Dienstag eröffnet. An vier Abenden blicken die Mitwirkenden der von Bezirksamt, Volkshochschule und vielen Vereinen, Parteien und Institutionen getragenen Reihe in die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft Bad Cannstatts, um daraus Ideen zu entwickeln, die dem Bezirk zu neuem Glanz verhelfen. Am Dienstag ging es im Kursaal um seine Historie.

 
Rund 200 Bürger waren bei der Veranstaltung im Kursaal. Foto: Bayer

Andreas Thiel entführte die 200 Besucher tief in die Geschichte. Der Archäologe vom Landesamt für Denkmalpflege berichtete, dass schon in der Eiszeit Menschen auf der heutigen Cannstatter Gemarkung gejagt hätten. In der Steinzeit seien sie am Neckar sogar sesshaft geworden. „Ich gratuliere, Sie wohnen auf historischem Boden“, sagte er. Die meisten erhaltenen Spuren gebe es aus der Römerzeit. Wie die bedeutende Ansiedlung auf dem Hallschlag hieß, darüber gebe es zu seinem Bedauern keine Erkenntnis. Klar ist hingegen: „Cannstatt hat sich in dieser Zeit zu einem Verkehrsknotenpunkt entwickelt.“ Das ist der Bezirk bis heute.

Aber eben auch mehr als nur Verkehrsknotenpunkt und sozialer Brennpunkt, wie der gebürtige Cannstatter und Stadtführer Stefan Betsch erläuterte. Der Wein und die Altstadt seien Trümpfe von Bad Cannstatt. Die mittelalterliche Altstadt sei ein Juwel. Und zudem viel besser als ihr Ruf. „Wir haben viele inhabergeführte Geschäfte und kaum Leerstände.“ Er wünsche sich, dass für Cannstatt ein positives Image herausgearbeitet wird, das einen Weg in die Köpfe der Leute findet. „Wir müssen damit anfangen, wir müssen stolz sein auf Bad Cannstatt – das können wir mit Fug und Recht.“

Mineralwasser und Industrie sind Trümpfe

Zu den Dingen, auf die Bad Cannstatt stolz sein kann und die touristisch nach Ansicht der Redner mehr beworben werden sollten, zählen das Mineralwasser und die Industriegeschichte. 44 Millionen Liter Mineralwasser sprudeln täglich aus den Quellen, die Hälfte wird in 19 Brunnen gefasst, erklärte Norbert Paydl, der Leiter der Mineralbäder in Stuttgart. Er blickte auf die Badekultur im Ort mit dem größten Mineralwasservorkommen Westeuropas zurück, die Mitte des 19. Jahrhunderts ihre Blütezeit hatte. Er wünsche sich für das Mineralbad in Cannstatt eine Schwimmgruppe, die für die Liebe zum Bad steht – „analog zu den Leuzianern und Bergianern.“

Hans Betsch, der Ehrenvorsitzende des Vereins Pro Alt-Cannstatt, gab einen Überblick über die wichtigsten Bad Cannstatter Erfinder. Da waren natürlich Gottlieb Daimler und Wilhelm Maybach oder die Firma Lindauer, die den ersten industriell gefertigten BH herstellte. Und auch Unternehmen wie Ritter Sport, Stihl oder Kärcher hatten ihren Ursprung im Stadtbezirk. „Und was wird heute daraus gemacht? Gar nichts“, schimpfte Betsch. „Jede andere Stadt wäre stolz darauf.“

Der Wasen ist mehr als nur Volksfest

Die Geschichte des Neckars und des Cannstatter Wasens skizzierte der Ortshistoriker Olaf Schulze, der den Abend auch moderierte. Er zeigte anhand historischer Bilder, wie sehr die Cannstatter einst mit dem Neckar verbunden waren: Es gab Badeanstalten, einen Ruderboot-Verleih und sogar Eisfeste auf dem zugefrorenen Fluss. Der Wasen sei die Geburtsstätte des Fußballs in Deutschland und weit mehr als nur ein Volksfest-Gelände, berichtete er. Trotzdem gelte es künftig, auch die Wasen-Touristen auf den Rest von Bad Cannstatt aufmerksam zu machen. Schilder, die auf die Altstadt hinweisen, wären ein Anfang.

Auch die Bürger brachten, inspiriert von den Vorträgen, viele Vorschläge ein. Ein Ideenwettbewerb für die Umgestaltung des Hochbunkers an der Rosensteinbrücke, Hinweisschilder auf die industrielle und musikalische Vergangenheit oder lokale Produkte und historische Ansichtskarten in den örtlichen Läden waren nur einige der Vorschläge. Eine Bürgerin kritisierte das fehlende Bewusstsein der Cannstatter für ihre Heimat. Und das, obwohl sie doch alle nicht ohne Grund dort leben würden. Nicht umsonst sei der Ort über die Jahrtausende so attraktiv gewesen, sagte sie, und fügte an: „Vielleicht kommen wir dem Geheimnis von Bad Cannstatt auf die Spur.“

Termin:
Die nächste Veranstaltung in der Reihe „Zukunft Bad Cannstatt“ mit dem Titel „Was Bad Cannstatt heute ist – Zustand, Grenzen und Möglichkeiten“ findet am Dienstag, 17. November, ab 19 Uhr im Kursaal statt.