Wer san mia – und wo wollen wir hin? Beim FC Bayern gibt es viele Fragezeichen. Die Verträge von etlichen verdienten Topstars laufen bald aus – werden sie verlängert oder nicht? Es ist nicht die einzige Problematik, die die Münchner Chefs umtreibt.

Sport: Marco Seliger (sem)

Stuttgart/München - Immerhin, klare Ansagen gibt es vom FC Bayern auch in der Corona-Krise. Wäre ja noch schöner, wenn sich Karl-Heinz Rummenigge am Ende des Tages von diesem Virus neben dem normalen Leben, Stadionbesuchen oder persönlichen Vertragsverhandlungen auch noch den Mund und die Deutungshoheit verbieten ließe. Also zeigte der Clubchef dieser Tage mal wieder die berühmte Münchner Kante und setzte eine Botschaft in die Fußballwelt. „Wie ich gehört habe, kursieren Gerüchte, dass wir David Alaba gerne im Tausch gegen Leroy Sané an Manchester City abgeben wollen würden. Dazu sage ich klar und deutlich: Das ist Grimms Märchen und hat nichts mit der Realität zu tun“, sagte Rummenigge und ergänzte: „Dazu möchte ich ganz klar sagen, dass das überhaupt keine Option ist – wir sind ja nicht auf dem Basar.“

 

Grimms Märchen, Basar – wenn sich Verantwortliche des Rekordmeisters dieses Vokabulars bedienen, dann ist was im Busch, dann wabert was, dann herrscht zumindest: Unruhe. Das war schon bei Uli Hoeneß so, der dann gerne mal sagte, dass der Osterhase kein Nikolaus ist (oder umgekehrt).

Egal, die Rhetorik hat sich bei Rummenigge nicht geändert. In diesem Fall stellt sich die Lage so dar: Inmitten der Corona-Krise, während die Welt also stillsteht, muss der FC Bayern am Rad der Zukunft drehen – und jetzt, da die heiße Phase beginnt, mit klaren Botschaften demonstrieren, wer den Hut auf hat und entscheidet.

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Die Verträge von Manuel Neuer, Thomas Müller, Thiago, Jérôme Boateng, Javi Martinez, Sven Ulreich und – genau – David Alaba laufen im Sommer 2021 aus. Wie das so ist im Profifußball, gibt es übergeordnet in allen Fällen zwei Optionen – auch wenn in diesem Corona-Jahr wohl ein paar Clubs, die unter normalen Umständen sehr zahlungskräftig wären, als mögliche Käufer wegbrechen und die Preise für Spieler eher sinken: Vertragsverlängerung mit dem Spieler in den nächsten Wochen – oder Verkauf noch in diesem Sommer, um noch eine Ablöse zu generieren.

Auch die Trainerfrage ist offen

Und weil es es sich bei den betroffenen Bayern-Profis nicht um Randfiguren der Kategorie Jann-Fiete Arp oder Michael Cuisance (die sind tatsächlich im Münchner Kader) handelt, sondern unter anderem um die Vereinsikone (Müller), den Welttorhüter (Neuer) und den Fixpunkt im Mittelfeld (Thiago), ist die Sache schon jetzt nicht weniger als ein Politikum mit täglich neuen Wasserständen und Spekulationen.

Erschwert wird die allgemeine Verhandlungsbasis durch das Virus, das auch die Sportwelt lahmlegt und persönliche Gespräche, nun ja, zumindest erschwert. Und übergeordnet gibt es auch noch die Problematik, dass noch nicht feststeht, wer der Trainer der Zukunft in München ist. Wird es also Hansi Flick oder doch ein anderer? Diese Frage dürfte die Neuers, Müllers und Alabas brennend interessieren, wenn sie über ihre Zukunft entscheiden.

Und auch für Hansi Flick ist es nicht von untergeordnetem Belang in seinen Verhandlungen mit dem FC Bayern, wer denn nun auf Spielerseite seinen Vertrag verlängert und wer nicht. Frei nach dem Motto: Also wenn ich hier bleibe, dann will ich auch, dass der Neuer, der Müller und der Alaba hier bleiben – und, liebe Herrschaften, vergesst’s mir den Thiago nicht!

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Die Zukunftsdebatten um die prominenten Profis überlagern dabei aber alles andere. Besonders heiß diskutiert wird Personale Manuel Neuer. Wie zu hören ist, sind die Vertragsverhandlungen zwischen dem Torhüter und dem FC Bayern in den vergangenen Wochen ins Stocken geraten. Ein Grund: Das Management des Kapitäns soll einen Rentenvertrag bis 2025 für Neuer fordern. Der heute 34-jährige Neuer wäre dann 39 und nach eigenem Befinden wohl im allerbesten Torwartalter. Der FC Bayern wiederum soll Neuer angeblich nur einen Kontrakt bis 2023 bieten.

Bereits die Verpflichtung von Schalke-Torwart Alexander Nübel sorgte für Irritationen beim Nationalkeeper, der qua eigenem Selbstverständnis nicht bereit ist, seinem designierten Nachfolger freiwillig Spielpraxis zu überlassen – und sei es nur bei einem Sommervorbereitungskick gegen die Fanclubauswahl Tegernsee Südwest. Auf der anderen Seite dürfte es Neuer sehr wohl bewusst sein, dass der FC Bayern, nun ja, nicht die schlechteste Adresse in der europäischen Klasse ist.

Das Thema Neuzugänge ist auf Eis gelegt

Auch Thomas Müller weiß, was er an seinem Club hat. Unter Hansi Flick blüht der Weltmeister wieder auf – bleibt sein Förderer Flick, dürfte Müller leichter zu überzeugen sein. Auch beim spanischen Mittelfeldmann Thiago dürften die Clubchefs nach dessen famosen Leistungen der vergangenen Monate alles daran setzen, um ihn langfristig in München zu halten.

Bei Abwehrmann David Alaba gestalten sich die Dinge dem Vernehmen nach schwieriger. Fast täglich gibt es neue Wechselspekulationen beim Österreicher, der sich offenbar danach sehnt, wie im Nationalteam auch mal im zentralen Mittelfeld ran zu dürfen. Bei Javi Martinez und Jerome Boateng stehen die Zeichen wohl eher auf Abschied.

Aber auch über diesen Personalien schweben noch Fragezeichen – klar ist nur, dass der FC Bayern nach Angaben von Karl-Heinz Rummenigge das Thema Neuzugänge aufgrund der Corona-Krise erst einmal auf Eis gelegt hat. Kommt Leroy Sané? Kommt Timo Werner? Kommt Kai Havertz? Auch diese Fragen aber dürften Hansi Flick und die aktuellen Bayern-Stars mit dem Vertrag bis 2021 bald brennend interessieren. Und auch das dürfte bald zum Politikum an der Säbener Straße werden.