Von der Sternegastronomie in Schloss Hohenheim in die Weinstube Zum Bäckerhaus: Markus Eberhardinger verstärkt als Küchenchef das junge Team eines 153 Jahre alten Familienbetriebs in Roßwälden.

Lokales: Matthias Ring (mri)

Stuttgart - Freitagabend in der Weinstube Zum Bäckerhaus in Roßwälden, einem Ortsteil von Ebersbach im Kreis Göppingen mit 2000 Einwohnern. Fast alle der 55 Plätze sind belegt. Die Frauengruppe links im Tresenbereich ist kurz vor dem Aufbruch. Rechts im Gastraum, in dem ein Holzofen wohlige Wärme spendet, herrscht in der Sechserrunde andächtiges Schweigen, als der Rostbraten auf dem Tisch steht. Nebenan ist man schon beim Ricotta mit Erdbeeren. Was ist das für ein Stammtisch? „Oifach so“ steht auf dem Holzschild, das eine der Frauen hochhält. Ihr Mann sagt, wir sind die „Bo-Ne-Sa-Was“, so die Anfangsbuchstaben der vier Paare, die sich seit 32 Jahren einmal im Monat im „Beggahaus“ treffen.

 

Am Vorabend war der Bürgermeister samt Gefolge da, und als hundert Meter die Dorfstraße runter der Maibaum aufgestellt worden war, gingen die Männer danach noch einen heben im einzigen Gasthaus im Ort. „Wir sind kein Restaurant, sondern eine Wirtschaft“, sagt Markus Eberhardinger, 36, seit Anfang des Jahres Küchenchef und zum Geschäftsführertrio gehörend. Zuvor war er Teil eines anderen Führungstrios: dem der Stuttgarter Speisemeisterei, dem Sternerestaurant in Schloss Hohenheim, mit Patron Frank Oehler. 2008 hatte Eberhardinger dort als Chef-Saucier angefangen, ab 2010 war er Küchenchef, von 2013 an zusätzlich Gesellschafter und Geschäftsführer der Speisemeisterei GmbH.

Fünf Gänge gibt es hier nur selten

Und nun also Roßwälden. Keine Garnele mit Shiso, Apfel, Kerbel und Joghurt mehr, sondern Wurstsalat, Maultaschen und eben Rostbraten. Der aber ist ein besonders guter, wie auch der knackige, lauwarme Spargelsalat als Vorspeise: mit gerösteten Weißbrotecken, Radieschen, Frühlingszwiebeln und Pflücksalat in einem harmonischen Kräutersud aus Petersilie, Liebstöckel, Kerbel und Dill. „Kein Produktchauvinismus“, sagt Eberhardinger, wobei dieser auch in der Speisemeisterei nicht ausgeprägt sei. Aber: „Wenn ich hier ein Fünf-Gänge-Menü auf der Karte hätte, könnte ich der Ware beim Verderben zuschauen.“ Ausnahmen bestätigen diese Regel: Das Fischmenü an Karfreitag sei gut angenommen worden.

Wegen seines Wechsels in die Weinstube wollte Eberhardinger kein Aufhebens in der Presse. Erst mal abwarten, wie die Dorfgemeinschaft mit einer Mischung aus Neugier und Misstrauen den „Sternefuzzi“ begutachtet. Außerdem: Bekannt durch Funk und Fernsehen ist das Bäckerhaus schon wegen seiner Frau Christina, 32, die er im Frühjahr 2016 geheiratet hat. Sie ist Konditormeisterin, war die Beste ihres Jahrgangs und zaubert regelmäßig Süßes in der SWR-Sendung „Kaffee oder Tee“. Das Bäckerhaus heißt so, weil es Weinstube und Bäckerei ist, eine seltene Kombination von zwei Betriebsformen, die jede für sich – hier Landgasthof, dort Bäckerhandwerk – vom Aussterben bedroht ist. In Roßwälden aber lebt man die Tradition seit 1864, in sechster und siebter Generation als Familienbetrieb.