Schlafmangel, Fußballverzicht und Spielplatz-Soziologie: Vatersein bringt die Männer manchmal um den Verstand. Fast.

Stuttgart - Der Vatertag ist natürlich ohne Frage ein Anlass zum Feiern. Dabei haben es Väter nicht immer leicht. Gerade weil sich viele von ihnen heute mehr um ihre Kinder kümmern wollen. Deshalb hat auch das Interesse von Männern an Väterkursen stark zugenommen, sagt Familiencoach Mathias Voelchert aus dem niederbayerischen Windberg. Manches nämlich macht Papas schier irre.

 

Nächtlicher Ausnahmezustand:

Die größte Herausforderung für Väter sind die Tage, Wochen und Monate nach der Geburt. „Da haut’s die Väter aus dem Anzug“, sagt Familienberater Mathias Voelchert, der in Bayern vor zehn Jahren das Familylab gegründet hat und bundesweit Kurse gibt. Zum Beispiel weil das Kind nachts nicht schläft, sondern schreit. Das, sagt Voelchert, macht vielen Vätern - genau wie den Müttern auch - zu schaffen: „Sie rechnen diese Wahnsinnssituation hoch und denken: Wenn das so weitergeht, bin ich in zwei Monaten tot.“ Anfängerfehler.

Fußball-Verzicht:

Mit den Kumpels ein Spiel schauen oder spontan selber auf den Platz - das ist selbstverständlich. Bis das Baby da ist. Viele junge Männer wollen ihre Kids aufwachsen sehen und sich am Haushalt beteiligen. Aber dann ist da doch die Sehnsucht nach dem Kicken am Samstag. Möglicherweise genau dann, wenn auch die Partnerin ein paar freie Stunden haben will. Da muss verhandelt werden. Und das leider ohne Schiri.

Argusaugen auf dem Vater

„Wenn ich mit dem Kind alleine bin, funktioniert es gut, aber wenn meine Frau da ist, klappt’s nicht.“ Den Eindruck hätten gerade junge Väter oft, sagt Coach Voelchert. „Viele Mütter denken, die Väter können’s nicht.“ Der Papa liegt mit dem Kind auf dem Sofa, eingeschlafen vor dem Fernseher. Warum bringt er es nicht ins Bett? Der Mann kocht, aber auf seine Art. Er hält das Baby, aber anders als die Mutter. Die Nähe zwischen ihr und dem Säugling ist besonders eng. Doch heißt das, dass sie alles am besten kann? Nein, sagt Voelchert. „Manchmal schreit das Baby erstmal wie am Spieß, wenn der Papa etwas anders macht.“ Aber Kinder gewöhnen sich an die Unterschiede - und können gut umgehen damit.

Böde Sprüche:

„Ich hab’ das damals auch so hinbekommen, ohne bezahlten Urlaub“ oder „Windeln wechseln, Wäsche waschen?“: Solche Sprüche kommen oft in einem Ton, in dem das unterdrückte „Weichei“ noch mitschwingt. Jeder dritte Vater geht heute in Elternzeit. Doch diese Männer, schreibt Andreas Lorenz auf seinem Blog „papa-online“, riskieren noch immer, von Chefs oder Kollegen dumm angemacht zu werden.

Der Van wird zum Kleinstwagen:

Das Auto des Liebespaares war früher schön leer. Jetzt braucht es: Kinderwagen, Windeln, Fläschchen, Spielsachen. Das Auto ist blitzschnell rappelvoll. Dann erst kann es in den Urlaub gehen. Oder zu den Schwiegereltern.

Überflusshölle:

Wo ist das Kind hingekommen? Irgendwo zwischen den Bergen aus Geschenkpapier, Schleifen und Verpackungskartons muss es sein. So ein Kindergeburtstag ist oft eine wahre Materialschlacht. Nur um dann nachher künstliche Stimmen aus Plastikteilen dröhnen zu hören. Bis das nächste Geschenk die alten in die Ecke verbannt.

Ist mein Kind normal?

Bin ich normal? Quälende Fragen gerade für Männer, die alte Rollen ablegen wollen. Früher, schreibt der Kinderpsychiater Horst Petri, hatten vor allem die Väter die Verantwortung, die Kinder in die Welt der Regeln und Gesetze einzuführen. Heute haben viele Männer nicht mehr die fixe Idee vom Standardkind, das es durch Vorschriften und Strafen zu formen gilt. „Sie lassen sich sehr auf ihre Kinder ein“, sagt Berater Voelchert.

Der Kampf um die Macht:

„Du bist nicht mein Vater, du hast mir gar nichts zu sagen!“ Dieser Satz fällt wohl in den meisten Patchwork-Familien irgendwann. Wer also entscheidet, der biologische oder der Stiefpapa? „Sich hinten anzustellen als Patchwork-Vater entspannt die Sache“, sagt Voelchert.

Temperaturtücken:

Mütze oder keine Mütze? Jäckchen oder nicht? Dünne Hose, dicke Hose? So bald man die kleinen, feinen Fingerchen durch die Ärmel gefriemelt und die ersten Schritte nach draußen gemacht hat, zweifelt garantiert jemand an der getanen Arbeit...

Spielplatz-Soziologie:

Der Vater an der Schaukel, wochentags, umgeben von Müttern. Er spürt ihn, den argwöhnischen Blick: schon wieder so ein Hobby-Vater. Smalltalk wäre gefragt, um in den Kreis der Frauen aufgenommen zu werden. Aber wie, wenn man doch nichts gemeinsam hat, außer das Elternsein? Gut, dass es das Kind gibt. Wenn es ungefragt die Sandförmchen der anderen klaut, kommt auch ein Vater schneller ins Gespräch als ihm lieb ist.