Zum Wochenstart geht es beim Berliner Festival mit Filmen über das Attentat von Utøya und die Flugzeugentführung von Entebbe düster zu. Darsteller wie Daniel Brühl und die 19-jährige Norwegerin Andrea Brentzen bringen Licht ins Bären-Rennen.

Berlin - Terrorismus ist ein Thema, das seit den siebziger Jahren leider nichts an Aktualität verloren hat, auch wenn sich die Motive und Ideologien, mit denen er seine Taten rechtfertigt, stark verändert haben. Gleich zwei Beiträge im diesjährigen Berlinale-Wettbewerb beschäftigten sich auf grundlegend verschiedene Weise mit terroristischer Gewalt. Mit einer multiperspektivischen Erzählung erinnert José Padilhas „7 Tage in Entebbe“ (Außer Konkurrenz) an die Entführung der Airfrance-Maschine am 27. Juni 1976 durch zwei Mitglieder der deutschen „Revolutionären Zellen“ und ihren beiden palästinensischen Gesinnungsgenossen.

 

248 Passagiere wurden damals im ugandischen Entebbe festgehalten, um Mitkämpfer aus deutschen und israelischen Gefängnissen frei zu pressen, bis die israelische Armee die Geiselnahme mit einem spektakuären Einsatz beendete. Daniel Brühl schlüpft in die Rolle des deutschen Linksextremisten Wilfried Böse, der schon in früheren Verfilmungen des Stoffes von Klaus Kinski und Horst Buchholz gespielt wurde. Äußerst differenziert spiegelt der Film die verschiedenen Motivationslagen der deutschen Terroristen, die nach dem Tod Ulrike Meinhofs die revolutionäre Gewaltspirale weiterdrehen wollen, und den palästinensischen Entführern, die sich im Krieg mit dem Staat Israel sehen.

Die Sicht der Geiseln wird genauso deutlich herausgearbeitet wie die komplexen Entscheidungszwänge, denen sich die israelische Regierung unter Yitzhak Rabin (Lior Ashkenazi) ausgesetzt sieht, die bisher strikt jegliche Verhandlungen mit Terroristen verweigert hat. Daraus strickt der brasilianische Regisseur Padilhas, der 2008 für „Tropa de Elite“ mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet wurde, einen intelligenten und hochfunktionalen Polit-Thriller, der vor allem auf traurige Weise deutlich macht, wie wenig sich während der letzten vierzig Jahre im Nahost-Konflikt verändert hat.

Traumatische 72 Filmminuten aus Norwegen

„Wir können stolz darauf sein, aber wir werden nie etwas erreichen, wenn wir nicht anfangen zu verhandeln“, sagt nach der geglückten Geiselbefreiung im Film Ministerpräsident Rabin, der 19 Jahre und einen Friedensnobelpreis später von einem fanatisch-religiösen Israeli ermordet wurde.

Ganz aus der Sicht der Opfer nähert sich der norwegische Wettbewerbsbeitrag „Utøya, 22. Juli“ von Erik Poppe den traumtischen Ereignissen im Sommer 2012 an, als ein rechtsextremer Gewalttäter zunächst in Oslo eine Autobombe zündete, um danach auf der nahegelegenen Insel Utøya ein Jugendlager der „Norwegischen Arbeiterpartei“ zu überfallen, wobei 69 Menschen ums Leben kommen. 72 Minuten wütete der hoch bewaffnete Amokläufer auf der Insel. 72 Minuten dauert auch der Film, der in einer einzigen Einstellung ohne Schnitt gedreht wurde. Nur einmal kommt von Ferne als verschwommener Schattenriss der Täter ins Bild. Poppe hält sich von allem Gewalt-Voyeurismus fern und zeigt die Angst, aber auch die Hilfsbereitschaft der Jugendlichen in dieser panischen Bedrohungssituation.

Der hyper-empathische Erzählansatz versteht sich als filmisches Mahnmal, das mit Respekt vor den Opfern einen Beitrag zur Bewältigung der traumatischen Ereignisse leisten will. Die junge Andrea Bernzen ist herausragend in der Rolle der 19-jährigen Kaja, die sich in der ausbrechenden Panik auf die Suche nach der jüngere Schwester begibt. Bernzen dürfte durchausJose Aussichten auf einen Silbernen Bären als beste Hauptdarstellerin haben.