Kathi Lanz und Paul Hübner haben ihre Jobs gekündigt, einen Van gekauft und reisen nun, als kleine Agentur, durch Europa. Mit Lust am Leben, Freude an der Arbeit und einem Ziel vor Augen: ihren Platz in der Welt zu finden.

Stadtkind: Tanja Simoncev (tan)

Stuttgart - Einfach immer der Nase nach, frei und flexibel die Welt erkunden, ohne Druck und Stress vom Boss, der Sonne entgegen. "Schön wär's", denken die einen. "Ein Traum", seufzen die anderen. Doch das alles muss keine Wunschvorstellung bleiben - zumindest nicht, wenn es nach Kathi Lanz und Paul Hübner geht. Die beiden haben gewagt, was viele sich nicht trauen: Jobs kündigen, Van kaufen und ab durch die Mitte bzw. Europa. Klingt nach jugendlichem Leichtsinn, ist aber pure Lebenslust. Das Pärchen hat sich viele Gedanken gemacht und am Ende selbst gefragt: "Warum nicht?" Man stehe mit Ende 20 mitten im Leben, habe keine Verpflichtungen, müsse kein Haus abzahlen und keine Kinder hüten." Man habe "Vannomaden", so der Name des Projekts, vielmehr als seine Pflicht gesehen - "denn wenn nicht wir, wer dann?", sagen die beiden bestimmt. "Außerdem wollten wir den Leuten auch zeigen, wie einfach das geht."

 

Vannomaden from Klanz on Vimeo.

Ganz normale Nomaden

Doch wer sind die zwei Endzwanziger, die so Bock auf ein Nomadenleben haben? Da wäre zum einen Paul, der im Herzen Stuttgarts an der Karlshöhe aufgewachsen und studierter Wirtschaftsingenieur ist. Ihn habe es aber direkt nach dem Studium ganz woanders hin und zwar in die Werbe- bzw. Design-Branche verschlagen. Er machte sich schnell selbstständig und arbeitete u.a. als Projektmanager bei renommierten Agenturen wie Strichpunkt. Und auch wenn die einzigen Wurzeln des 29-Jährigen im Stuttgarter Westen liegen, war da immer die Lust auf ferne Länder, fremde Kulturen und Rumreiserei. Schon während dem Studium verbrachte er Zeit in Österreich und Finnland, lebte außerdem in Kanada und der Ukraine. Vor drei Jahren lernte er Kathi kennen, die das gleiche Schicksal mit Agenturleben pur, nur am arbeiten sein und keine Freizeit haben mit ihm teilte. 

Kathi, die gebürtig aus München stammt, kam das erste Mal bei ihrem Studium "Medien- und Kommunikationsdesign" in Ravensburg mit den Schwaben in Berührung und fand sofort Gefallen an Wörtern wie Weckle und Hocketse. Schon während dem dualen Studium und den immer wiederkehrenden Zeiten in einer Münchner Agentur arbeitete die 27-Jährige mit internationalen Kollegen zusammen. Auch ihre Kommilitonen seien damals aus ganz Deutschland zusammengewürfelt worden und zu einer kreativen Komune zusammengewachsen. "Ich habe so viel in den drei Jahren gelernt", sagt Kathi, von Print über Web zu Film, Multimedia und Drehbücher schreiben. Die Sportarten Snowboarden, Surfen und Longboard fahren haben Kathi außerdem immer wieder in die Berge und ans Meer gezogen. Kein Wunder also, musste irgendwann nochmal ein City-Change her. Und da das Trickfilmfestival, Schlösser und Jung von Matt die leidenschaftliche Board-Sportlerin schon immer begeistert hatten, ging's danach ab nach Stuttgart. Auch die Zeit bei Jung von Matt sei eine sehr lehrreiche gewesen, der Zusammenhalt im Team einzigartig.  

In der Welt zu Hause

Doch dann wurde es einfach Zeit für Veränderung, Ausbruch, Freiheit, whatever. So richtig wissen es die beiden selbst nicht mehr. "Ich glaube es war im Winter beim Snowboarden. Wir wollten beide nochmal ins Ausland, was Neues erleben und alle Ideen, die wir hatten, haben sich gut mit einem Van kombinieren lassen", erinnert sich Kathi. Die Überlegungen, zurückgezogen, in einer Hütte, in den Bergen wurden schnell zur Vision: "Lass uns eine Agentur im Van machen." Der Arbeitstitiel sei auch schon immer Vannomaden gewesen. "Und das beste ist, wir müssen uns nicht entscheiden, ob wir nach Oslo oder Stockholm fahren und freelancen kann man auch wunderbar von überall. Wir probieren das jetzt einfach mal aus." Man habe zusammen eine GbR gegründet, funktioniere als kleine, autarke Agentur und könne nun als Freelance-Duo Agenturen in ganz Europa unterstützen. Und auch wenn nicht alles super easy gelaufen sei, z.B. was den Solar-Strom angeht, so sei die Resonanz auf das Vorhaben der beiden doch überwältigend. "Wir haben sogar schon Sponsoren begeistern können und den ersten Job in der Tasche." Und man habe keinen ätzenden Alltag mehr, könne alle Bretter in den Van packen und einfach drauf los. Gibt es da dann überhaupt noch Zweifel? "Eigentlich nicht, denn das Risiko ist super überschaubar", findet Paul. "Zum Problem könnte letztlich nur der Van werden, dass wir uns auf die Nerven gehen oder keine Aufträge bekommen." 

Jetzt müsse man nur noch eines verinnerlichen: "Wir sind mobil und mit der Mobilität kommt auch die Flexibilität. Zu verstehen, auch in unseren Köpfen, dass wir eigentlich gar keine Route brauchen, sondern da hin können, wo wir hin wollen. Das ist schon super." Als erstes Ziel habe man sich aber trotz aller Freiheit Skandinavien ausgesucht. "Das ist auch so eine Gegend, wo wir uns ein bisschen wiedererkennen, im Wald, in der Natur, auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Wir wollen aber im Grunde völlig frei sein." Mittlerweile hat das reiselustige Pärchen Norwegen erreicht und will sich gegenseitig alle zwei Wochen als Roadcaptain ablösen. "Und wenn's irgendwo geil ist, dann bleiben wir da auch länger", betonen sie. "Wir machen das alles auch, um unseren Platz in der Welt zu finden." Man werde über den neuen Alltag bloggen und, so hoffe man, viele Nachahmer finden. "Einmal im Leben eine Bewegung starten. Vielleicht ist das ja unsere Aufgabe. Wir haben also ganz kleine Ziele", so Paul und Kathi lachend.

Houde ist ihr Kampfschrei, Bjørn, was auf norwegisch Bär bedeutet, heißt ihr Van, der die zwei Nomaden auf seinem Rücken durch die Welt trägt. Was die beiden so erleben, lässt sich hier verfolgen, weitere Infos und den Kontakt gibt's hier