Im vergangenen Sommer war der Theatergarten in Ludwigsburg das einzige Freilichttheater im Land, das ein umfangreiches Programm auf die Beine stellte. Mit dem Pensum in diesem Jahr ist es aber nicht zu vergleichen.

Digital Desk: Michael Bosch (mbo)

Ludwigsburg - Im vergangenen Sommer war der Theatergarten im Herzen von Ludwigsburg das einzige Freilichttheater in Baden-Württemberg, das einen umfangreichen Spielplan – mit insgesamt 70 Vorstellungen – erfolgreich umgesetzt hat. Das Team ist deshalb Corona erprobt und weiß, wie Theater unter Pandemiebedingungen funktionieren kann. Wegen des reduzierten Umfangs hatten die Macher ihr Programm aus dem Vorjahr „Small is beautiful“ getauft. Von „small“, also klein, kann in diesem Jahr aber nicht die Rede sein. Es geht in die Vollen. 110 Vorstellungen stehen von Ende Juni bis Mitte September im Programmheft, bis zu 15 in der Woche – ein echtes Mammut-Programm also.

 

„Die Blechtrommel“ nach dem Buch von Günter Grass und der Dauerbrenner „How to date a feminist" werden wieder aufgeführt, Orlando ist die erste Inszenierung des Theatersommers, bei dem sich mit Martin Mader ein junger Gast-Regisseur beweisen darf. Das Stück vor dem Hintergrund der Geschichte von Virginia Woolfs Figur Orlando war bereits im vergangenen Jahr geplant gewesen, dann aber noch einmal verschoben worden. Gleiches gilt für das Sonderprogramm „Reality Close-up“, das von mehreren Stiftungen mitfinanziert wird und zum Jubiläum der Bühne eigentlich schon im vergangenen Sommer hätte stattfinden sollen.

Ein Stück ganz ohne Dialoge

Besonders gespannt darf das Publikum auf die Premiere von „Die Stunde da wir nichts voneinander wussten“ sein. In dem Stück von Literaturnobelpreisträger Peter Handke aus dem Jahr 1992 wird kaum gesprochen. Dennoch ist unglaublich viel los: Im Original treffen bis zu 200 Rollen aufeinander, beim Theatersommer werden es etwas über 100 sein – gespielt von nur sechs Schauspielern. „Das ist logistisch ein enormer Aufwand“, sagt Regisseur und Intendant Peter Kratz. Das Stück sei „bunt, unterhaltend, poetisch“, und habe ihn auch deshalb gereizt, weil es auf der Bühne „wahnsinnig viele Begegnungen“ gebe, „Begegnungen, die man in der Coronazeit lange nicht gesehen hat“, so Kratz.

Für das Ensemble war schon das Miteinander bei den Proben eine Herausforderung. Mit der ständigen Angst, dass jemand ausfallen könnte – und sei es nur wegen Nebenwirkungen nach einer Coronaimpfung – probt es sich eben nicht ganz so unbeschwert. „Wir haben auch schon für 3500 Euro Coronatests verbraten“, sagt Kratz. Immerhin: Bislang lief alles glatt. Auch wenn der Regisseur bei einigen seiner Schauspieler, nach einer langen Zeit ohne Arbeit, eine gewisse Müdigkeit gespürt hat. „Ich hatte das Gefühl, dass sie schneller erschöpft beziehungsweise unkonzentriert waren“, sagt Kratz. Dass es viele Darsteller aber wieder auf die Bühne zieht, dafür spricht allein die „irrsinnigen Bewerberzahl“. So viele Interessenten wie in diesem Jahr hatte der Theatersommer noch nie.

Kindertheater ist gefragt wie immer

Ob das verschobene Jubiläumsprogramm ein Erfolg wird? Einen anderen Gedanken verbietet sich Peter Kratz. Er weiß aber auch, dass er von vielen Faktoren abhängt: Vom Wetter beispielsweise oder von weiteren Lockerungen in den kommenden Wochen. Eins steht aber jetzt schon fest: Das Kindertheater „Pippi Langstrumpf“ wird wieder ein Renner. Gut vier Wochen vor der ersten Vorstellung sind bereits 70 Prozent des Kartenkontingents vergriffen. „Die Eltern wollen raus mit ihren Kindern“, sagt Kratz, „und das haben sie sich auch verdient.“ Schade für ihn ist nur, dass er mit dem Kindertheater nichts verdient. „Aber die Preise erhöhen werden wir nicht.“

Nur 85 statt 250 Zuschauer

Die Spielzeit startet am Mittwoch, 23. Juni, und geht bis zum 18. September – drei Wochen länger als normal. Das komplette Programm, zu dem auch das „Spät-Spektakel“, das an fünf Abenden stattfindet, gehört, gibt es auf der Internetseite: www.theatersommer.net.

Der Theatersommer kann trotz niedriger Infektionszahlen nur mit einem Hygienekonzept stattfinden. Vor der großen Bühne dürfen deshalb statt 250 nur 85 Zuschauer Platz nehmen, vor der Kinderbühne statt 180 nur 50. Damit die Gastronomen in der näheren Umgebung vom Theaterpublikum profitieren, beginnen die Vorstellungen an Freitagen und am Wochenende eine Stunde früher. Start ist 19 statt 20 Uhr. Umgekehrt erhofft sich Intendant Peter Kratz auch etwas mehr Ruhe für die Darsteller und Zuschauer.