Die Netflix-Aktie hat gerade ein wenig nachgegeben. Die Programmplaner aber trumpfen auf. Im zweiten Halbjahr 2018 treten unter anderem Altstar Michael Douglas und „Simpsons“-Erfinder Matt Groening mit Neuheiten an.

Stuttgart - Kaum sackt die Netflix-Aktie mal ein bisschen ab, weil nervöse Spekulanten ihre Anteile am erfolgreichsten Streamingdienst der Welt abstoßen und deftige Gewinne absahnen, kommen die alten Skeptiker unter ihren altdeutschen Schrankwänden hervorgekrochen: Man werde schon noch sehen, mahnen sie wie immer schon, Streaming mit teuren Eigenproduktionen sei ein unhaltbares Geschäftsmodell, Netflix sei auf Sand und Hype gebaut, und bald werde die Firma, die das lineare Fernsehen, das Kino und den DVD-Markt aufmische, am Ende sein. Zum Teil sind das noch dieselben Experten, die schon 1995 das baldige Ende von Amazon vorhersagten.

 

Von wegen Ende

Netflix zeigt sich denn auch völlig unbeeindruckt und hat am Wochenende in Beverly Hills beim Sommertreffen der Vereinigung der amerikanischen Fernsehkritiker, der TCA, eine staunenswerte Liste kommender Serien vorgelegt.

Von einigen wusste man zwar bereits, wie von „Disenchantment“ (Start: 17. August 2018), der neuen Animationsserie des „Simpsons“- und „Futurama“-Erfinders Matt Groening. Bei anderen gab es bislang allenfalls Gerüchte.

Die Miniserie „Madam C. J. Walker“ wird von der ersten afroamerikanischen Selfmade-Millionärin erzählen, der Unternehmerin, Wohltäterin, Bürgerrechtlerin und Kunstmäzenin Sarah Breedlove (1867-1919), die ihr Vermögen mit Haarpflegemitteln und Schönheitssalons für Afroamerikanerinnen machte. Oscar-Preisträgerin Octavia Spencer spielt die Hauptrolle.

Drogenexperimente und Gurus

„Maniac“ (Start: 21. September 2018) kann wie viele Netflix-Serien mit veritablen Kinostars aufwarten: Emma Stone und Jonah Hill spielen zwei Menschen, die an einer bewusstseinsverändernden medizinischen Studie teilnehmen. Die läuft bald anders, als die Doktoren prognostiziert hatten. Auch die Regie bei diesem als schwarze Komödie angelegten Remake einer norwegischen Serie hat ein profilierter Kinoregisseur übernommen: Cary Fukunaga („Sin Nombre“, „Jane Eyre“, „Beasts of no Nation"). Fukunawa hat sich allerdings auch als Schwergewicht der Qualitätsserien erwiesen: Die erste Staffel von „True Detective“ hat er inszeniert.

Mit Michael Douglas und Alan Arkin als Darsteller macht „The Kominsky Method“ (Start: 16. November 2018) von Sitcom-Spezialist Chuck Lorre („Two and a half Men“, „The Big Bang Theory“, „Young Sheldon“) neugierig. Douglas spielt in dieser Veräppelung des aufgeregten Filmgeschäfts einen vor langer Zeit mal kurzzeitig erfolgreichen Schauspieler, der sich in der Branche ungeachtet seiner eigenen kurzen Brennzeit erfolgreich als gurugleicher Schauspiellehrer etabliert hat.

Hexen, Cops und Liebende

Die Serie „The Chilling Adventures of Sabrina“ basiert auf einem Comic und erzählt in „Buffy“-Tradition wieder mal von einem Teenager, der nicht ganz von dieser langweiligen Welt ist, sondern hinter den Kulissen des Schülerinenalltags wichtige Kämpfe gegen die Legionen des Unheimlichen führt. Kiernan Shipka spielt die Halb-Hexe Sabrina Spellman, die übrigens im selben fiktiven Kosmos lebt wie die Figuren der Serie „Riverdale“ – spätere Crossovers nicht ausgeschlossen.

Auch „The Innocents“ mit Sorcha Groundsell, Percelle Ascott und Guy Pearce erzählt von Teenagern mit übernatürlichen Gaben. In der britischen Produktion wird wohl auch das „Romeo & Julia“-Thema aufgegriffen, Harry und June reißen von zuhause aus, weil ihre Eltern ihre Liebe ausienander bringen wollen. Viel mehr ist allerdings noch nicht bekannt.

„The Good Cop“ (Start: 21. September 2018) ist das von „Monk“-Erfinder Andy Breckman gelenkte Remake einer israelischen Serie: Diese Polizeiabenteuer aus New York mit Josh Groban und Tony Danza in Hauptrollen sollen nicht düster, grimmig, realistisch daherkommen, sondern ganz nostalgisch als „verspielte, familienfreundliche Rätselknobelei“, wie Breckman verrät.

Kriminalfälle und Kochrezepte

Die Produzenten von „The Crown“ und von „Haus des Geldes“ werden bei „White Lines“ zusammenarbeiten. Eine Britin kommt hier nach Ibiza, als dort die Leiche ihres vor 20 Jahren verschwundenen Bruders, eines DJ, entdeckt wird. Die von „Haus des Geldes“-Autor Álex Pina geschriebene Serie führt in die Welten der Superjachten, Disco-Könige, Musikproduzenten und aller Arten Sonnenbrillenträger.

Die Krimiserie „Ozark“ über den Geldwäscher Marty Byrde, der auf der Flucht vor gefährlichen früheren Geschäftspartnern in die tiefsten Provinz abtaucht und dort gleich wieder Ärger bekommt, hat auch in der zweiten Staffel 2 (Start: 31. August) wieder 10 Folgen zu bieten. Jason Bateman wirkt hier eindrucksvoller als in mancher seiner Kinorollen.

Mit „Salt, Fat, Acid, Heat“ und „The Curious Creations of Christine McConnell“ will Netflix weitere Anteile auf dem großen Markt der Koch- und Exotikküchen-Dokus erobern. „The Chef’s Table“, Netflix’ bisheriger Champion in dieser Kategorie, bekommt eine fünfte Staffel (Start: 28. September 2018).

Eines behält sich Netflix auch bei dieser Programmankündigung fürs zweite Halbjahr vor: Sie muss keineswegs vollständig sein.