Die Durchsuchung ist abgeschlossen - um die letzte Bleibe der Zwickauer Zelle ist eine Debatte entbrannt.

Zwickau - Die Explosion hatte zunächst nur das Haus erschüttert, ein paar Tage später dann die ganze Republik. Seit dem 4. November, zweieinhalb Wochen lang, durchsuchten Kriminalisten das, was von der Doppelhaushälfte in der Zwickauer Frühlingsstraße 26 übrig blieb. Die Funde - Waffen, Bekenner-DVD, Klamotten - lösten einen der größten Sicherheitsskandale der Republik aus. Und sie lösten mit einem Schlag gleich mehrere, bis dahin ungeklärte Verbrechen. Am Mittwoch rückte nun der erste Abrissbagger an.

 

Während die politische Debatte um den Rechtsterrorismus noch im vollen Gange ist, haben die Ermittler ihre Arbeiten auf dem Grundstück offenbar abgeschlossen. Zwar mochte das bis zum Nachmittag die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe noch nicht bestätigen - es hieß lediglich, dass die Spurensuche „bisher noch nicht endgültig abgeschlossen“ sei, es aber durchaus sein könne, dass es sich dabei nur noch um die Auswertung der Asservate handele.

Befürchtung: Haus könnte zu Pilgerstädte werden

Doch das Bild, das sich am Mittwoch an der Frühlingsstraße bot, sprach eine deutliche Sprache: Zu den Polizisten, die natürlich immer noch präsent waren, gesellten sich Mitarbeiter einer Firma, die mit der Vorbereitung des Abrisses begannen.

Nicht ausgeschlossen, dass mit der Beseitigung des Trümmerfeldes neue Probleme aufkommen: Die Stadt Zwickau, die ihren Ruf durch die Affäre um die Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund sowieso schon geschädigt sieht, dringt jedenfalls auf einen vollständigen Abriss der Doppelhaushälfte, in deren erstem Stock die drei Neonazis Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe drei Jahre lang gewohnt hatten. „Ich sehe ansonsten die Gefahr, dass die Rechtsextremisten daraus eine Kultstätte machen werden - nach dem Schema: „Hier haben unsere Märtyrer gewohnt“. Und das will ich nicht“, sagt Oberbürgermeisterin Pia Findeiß (SPD).

Irgendwann ziehen auch die Medien ab

Nach Angaben der Stadtverwaltung soll nun der obere, durch eine Explosion zerstörte Teil der Doppelhaushälfte abgetragen werden. Das Erdgeschoss soll bleiben und demnächst wieder aufgestockt werden. Das zumindest will der private Eigentümer des Hauses, heißt es. Ob die Stadt sich dennoch durchsetzen kann - etwa mit Verweis auf Sicherheitsbedenken -, werden die nächsten Wochen zeigen. An Katastrophentourismus jedenfalls mussten sich die Anwohner in den vergangenen Tagen schon gewöhnen - seit Zschäpe am 4. November flüchtete, nachdem sie die 120 Quadratmeter große Wohnung offenbar zur Vernichtung von Beweismitteln angezündet hatte.

Die Kameras der Medien werden irgendwann auch abgezogen sein. Die Stadt Zwickau hofft freilich, dass sie wenigstens bei einer Veranstaltung noch dabei sind - obwohl der Bundespräsident seine Teilnahme dazu abgesagt hat: Am Freitagabend soll in der Innenstadt ein Zeichen gesetzt werden, mit Kerzen, gegen „braunes Gedankengut“, wie es im Appell für Demokratie und Toleranz heißt. Oberbürgermeisterin Findeiß nennt es Zufall, dass das aus Thüringen stammende Trio ausgerechnet in Zwickau unterschlüpfte, insgesamt vermutlich sogar zehn Jahre lang.

Den Medien macht sie keine Vorwürfe für die Bezeichnung Zwickauer Zelle - „man muss das Geschehen ja auch örtlich einordnen“. Ihre Kritik richtet sich aber gegen Sachsens Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU). „Ich hätte mir gewünscht, dass der Ministerpräsident zu dem Thema nach Zwickau kommt. Es ist jetzt schon seit einer Weile klar, dass hinter der Mordserie aus Fremdenfeindlichkeit Täter stecken, die in Zwickau lebten. Und die Stadt gehört nun einmal zu Sachsen.“