Seit Anfang 2011 gibt es den Biosprit E 10 in Deutschland. Die Einführung verlief chaotisch und die Akzeptanz bei den Autofahrern ist immer noch gering – auch wegen der Diskussion um das Verfeuern von Nahrungsmitteln. Das beste Argument für E 10 ist der Preis.

Stuttgart - Verstehe einer die deutschen Autofahrer: Einerseits gibt es viele, die immer auf der Suche nach der günstigsten Tankstelle sind, dafür auch Umwege in Kauf nehmen und Sprit verfahren, um zu billigem Treibstoff zu kommen. Anderseits verschenken sie täglich viel Geld, weil sie teureren Sprit tanken, als sie müssten. Am billigsten wird Super E 10 angeboten. Diese Benzinsorte enthält bis zu zehn Prozent Bioethanol. Das soll gut für die Umwelt sein und die Abhängigkeit von Ölimporten verringern. Deshalb hat die EU die Beimischung von Biokraftstoffen bei Diesel und Benzin seit 2009 vorgeschrieben und im Laufe der Zeit erhöht. E 10 gibt es in Deutschland seit Anfang 2011.

 

Die Einführungsphase war chaotisch. Fahrer waren in Sorge, ob ihr Motor die Mischung vertrage, und die Mineralölunternehmen boten zunächst keinen Preisvorteil für den umstrittenen Kraftstoff an. Hinzu kamen Bedenken von Umweltschützern, die darauf hinwiesen, dass der Anbau von Rüben und Getreide für die Kraftstoffproduktion mit dem Anbau für Nahrungsmittel konkurriere. „Tank gegen Teller“ wurde zum Argument, um E 10 zu bekämpfen. Die Umrüstung der Tankstellen stockte wegen mangelnder Akzeptanz. Inzwischen wird die Sorte aber flächendeckend angeboten, und sie ist im Tankstellennetz verankert.

Viele Autofahrer sind weiterhin unsicher

Der Marktführer Aral hat in den ersten zehn Monaten des Jahres 2011 alle seine Stationen darauf umgestellt und E 10 anschließend drei Cent je Liter billiger angeboten als das herkömmliche Eurosuper, das höchstens fünf Prozent Bioethanol enthält. Seit einem Jahr beträgt der Abstand sogar vier Cent. 90 Prozent aller Autos mit Ottomotoren vertragen die Mischung, darunter fast alle neuen Modelle. Getankt wird aber immer noch relativ wenig davon. Bei Aral liegt der Anteil dieser Sorte am gesamten Absatz von Ottokraftstoffen bei einem Fünftel.

Stefan Brok, der für das deutsche Tankstellengeschäft von Aral zuständig ist, führt das auf die anhaltende Diskussion über die Konkurrenz mit der Nahrungsmittelproduktion zurück. Außerdem seien viele Autofahrer immer noch unsicher, ob E 10 ihrem Motor nicht vielleicht doch schaden könnte. Ihm sei in den vergangenen zwei Jahren jedoch kein Fall bekannt geworden, in dem ein Motor zu Schaden gekommen wäre, der für E 10 geeignet ist.

Der Anteil von E 10 nimmt leicht zu

Auch bei den freien Tankstellen macht sich Zurückhaltung bemerkbar. 75 Prozent der Kunden akzeptierten den Kraftstoff überhaupt nicht und nur 13 Prozent voll und ganz, stellte der Kemptener Energiehändler Präg in einer Umfrage unter 91 Betreibern seiner rund 100 Tankstellen fest. Der Geschäftsführer Klaus-Rüdiger Bischoff erwartet deshalb mittelfristig nicht, dass E 10 die Sorte E 5 verdrängen und die Rolle einnehmen wird, die früher das Normalbenzin hatte. Bei Präg pendelt der Anteil von E 10 seit eineinhalb Jahren um 20 Prozent wie bei Aral. Das ist aber vergleichsweise hoch.

Im gesamten Markt ist der Anteil von E 10 deutlich niedriger, jedoch stagniert er nicht, sondern nimmt leicht zu. Nach den neuesten Zahlen des Mineralölwirtschaftsverbandes hat Super E 10 im Jahr 2012 von neun auf durchschnittlich 14 Prozent Anteil am Absatz aller Ottokraftstoffe zugelegt. Im Dezember 2012 wurden fast zwölf Prozent mehr von der neuen Sorte abgesetzt als im Dezember 2011, während der Verkauf von Eurosuper E 5 um mehr als neun Prozent sank. Nur wenn das Preisniveau nach oben schießt, wie an Ostern 2012, wird mehr vom billigeren E 10 getankt. Sobald die Preiswelle abebbt, sinkt der Anteil wieder. Von der ursprünglichen Erwartung, dass E 10 bald zum neuen Standardprodukt und zur meistgetankten Benzinsorte werden würde, ist der Markt noch weit entfernt.

Entwicklungsminister Dirk Niebel hat im vergangenen Jahr vorgeschlagen, die hohe Beimischung von Bioalkohol einzustellen, um die Preise für Getreide nicht in die Höhe zu treiben. Das geht aber nicht, weil die EU eine durchschnittliche Bioquote von 6,25 Prozent vom Energiegehalt über alle Kraftstoffe verlangt. Auch deshalb wird E 10 nicht von den Tankstellen verschwinden. Wer die Sorte tankt, verbraucht zwar wegen des geringeren Energiegehalts etwas mehr Benzin als bei Eurosuper, kann aber bei jeder Füllung mehr als einen Euro sparen.