Die Stuttgart Scorpions wollen in der neuen European League of Football und in der German Football League eine Mannschaft an den Start schicken, diese Strategie gefällt den deutschen Verband AFVD nicht.

Sport: Jürgen Kemmner (jük)

Stuttgart - Frankfurt Galaxy, ein Name mit einem erhabenen Klang im Football. Der Club hat viermal den World Bowl gewonnen, den Titel der NFL Europe. Mit ihrem Ableger versuchte die nordamerikanische Eliteliga NFL von 1991 bis 2007 Football in der Alten Welt mit vielen Dollars auf dem Sportmarkt zu etablieren, was nicht gelang. Vor 14 Jahren wurde die NFL Europe eingemottet, die Zeit war nicht reif. Jetzt scheint sie es zu sein. Seit Jahren steigt das Interesse enorm, sowohl Vereine als auch TV-Sender registrieren hohe Zuwächse bei Sportlern wie Zuschauern. So wurde die European League Football (ELF) an den Start gebracht. Damit schließt sich der Kreis.

 

Wenn im Juni der erste Kick-off der ELF ausgeführt wird, ist Frankfurt Galaxy mit von der Partie. Die Hamburg Sea Devils, der Sieger im World Bowl 2007, werden reaktiviert, dabei sind die Barcelona Gladiators, die Wroclaw Panthers (Polen) sowie Clubs aus Berlin, Ingolstadt, Hildesheim – und die Stuttgart Scorpions. Eigentlich müsste der Headcoach der Stuttgarter glücklich sein über die neue Herausforderung, doch Martin Hanselmann fühlt sich wie ein Restaurantgast, der sich auf ein leckeres Menü gefreut hat und feststellt, dass schon die Suppe eine zu kräftige Prise Salz erwischt hat. „Die Beteiligten im Football reden übereinander statt miteinander“, kritisiert er, „damit bleiben Sportler und Sportart auf der Strecke.“

Scorpions wollen den Standort Stuttgart stärken

Die Scorpions waren begeistert, als Patrick Esume, prominenter TV-Experte und Generalsekretär der ELF, vor Monaten den Club als Kandidaten für die neue Liga auserkoren hatte. Die Zusage kam prompt, gleichzeitig erklärte der deutsche Vizemeister von 2007, weiter in der German Football League (GFL) zu starten. Ein semiprofessionelles Team in der ELF, eines mit ambitionierten Amateuren in der GFL. Das stärkt den Standort, weil die Kombination Perspektiven bietet – für Spieler und Nachwuchs. Doch im Football werden mitunter bestens durchdachte Spielzüge durchkreuzt, in diesem Fall von einer Defensive, die nicht jeder unbedingt vermutet hatte: Vom American Football Verband Deutschland (AFVD).

Der lehne, erzählt Hanselmann, die Teilnahme eines Clubs sowohl in der ELF als auch der GFL ab. „Ich bin verärgert“, sagt der 57-Jährige, „eigentlich möchten wir die Trennung nicht.“ Der AFVD wolle seine Liga „sortenrein“ führen: Ein Hin-und-Her-Wechseln eines Spielers zwischen EFL und GFL sei unerwünscht, es müsse sich um zwei verschiedene Vereine handeln – als Folge fordere der AFVD beim Transfer eines Aktiven von der ELF in die GFL 500 Euro. „Ich bin sehr enttäuscht, wie restriktiv der Verband vorgeht“, sagt der Trainer, „die Zukunft mitzugestalten halte ich für die bessere Alternative als etwas verhindern zu wollen – jetzt, wo ein Ruck durch die Sportart geht.“ Football-Experte Esume bemängelte bereits vor Jahren, „der Amateursport nutzt den Hype, den das Fernsehen liefert, nicht richtig aus“.

Vereinswechsel kostet 500 Euro Gebühr

Der Verband sieht die ELF skeptisch, wie GFL-Ligavorstand Axel Streich einräumt: „ELF und GFL sind unterschiedliche Veranstaltungen.“ Deshalb solle verhindert werden, dass der Name eines Clubs in beiden Ligen zugleich auftaucht. „Eine Vermischung halten wir für ungünstig, sie verwässert das Profil“, sagt Streich, „die Clubs müssen entscheiden: rechts oder links?“ 500 Euro stehen seit Jahren in der Gebührenordnung für eine Reamateurisierung, und die sei fällig, weil die ELF als Profiliga eingeordnet wird.

Natürlich gab es Gespräche von AFVD und ELF, dabei war schnell zu erkennen, dass es keinen Konsens für ein gedeihliches Miteinander gibt – auch weil AFVD-Präsident Robert Huber und ELF-Generalsekretär Esume wohl kein Verhältnis haben, in dem man sich auf ein Feierabendbier verabredet. Vor drei Jahren hat ein Kontakt stattgefunden, an dem eine Liga nach Zuschnitt der ELF vorgeschlagen worden war. Huber soll abgelehnt haben. Noch etwas: Als die EM 2018 vom Weltverband IFAF von Deutschland nach Finnland verlegt worden war, kritisierte Esume den AFVD: „Man hat in Deutschland nicht verstanden, dass das Wohl der Spieler das Wichtigste sein müsste und nicht das der Funktionäre.“

In diesem unbarmherzigen Mahlwerk stecken die Scorpions. Am Start in der EFL wollen die Stuttgarter nicht rütteln, auch die GFL steht nicht zur Disposition – es läuft darauf hinaus, dass ein neu zu gründender Club ein Team ins Rennen schickt. „Wir riskieren nicht die Zukunft eines 39 Jahre alten Vereins“, sagt Hanselmann. In Frankfurt haben sie neben dem GFL-Club Frankfurt Universe nun Frankfurt Galaxy für die ELF wiederbelebt. Aber wirklich glücklich ist auch dort niemand über die Situation.