Seit 70 Jahren ist der Kampfmittelbeseitigungsdienst im Einsatz. Speziell alte Blindgänger machen den Mitarbeitern die Arbeit schwer.

Stuttgart - Der Zweite Weltkrieg ist seit mehr als 70 Jahren Geschichte, der Nachlass sorgt aber noch immer für Gefahr. In jedem Jahr gehen in Baden-Württemberg 850 bis 950 Meldungen über Funde von Granaten, Minen und Bomben beim Kampfmittelbeseitigungsdienst ein. Die Mitarbeiter haben deswegen immer noch die Hände voll zu tun.

 

Am Dienstag feierte der Kampfmittelbeseitigungsdienst seinen 70. Geburtstag. „Irgendwo im Wald entdecken Pilzesammler oder Förster etwas, oder beim Ausheben einer Baugrube kommen Dinge zum Vorschein und dann machen sich die Kampfmittelbeseitiger präzise wie ein Schweizer Uhrwerk an die Arbeit, das ist eine wichtige Aufgabe für unser Land“, sagte Thomas Strobl, stellvertretender Ministerpräsident und Minister für Inneres, Digitalisierung und Migration, am Dienstag bei der Feier. Strobl gehörte mit Regierungspräsident Wolfgang Reimer zu den Gratulanten, die als Gäste zu der großen Anlage im Wald zwischen Rohr und Böblingen kamen.

Seit der Gründung des Kampfmittelbeseitigungsdienstes im Jahr 1946 wurden 7200 Tonnen Munition aufgefunden, die Arbeit der derzeit 33 Mitarbeiter ist aber noch lange nicht getan. In diesem Jahr sind allein bis Ende Juli bereits 47 Tonnen Munition vernichtet worden, gleichzeitig wurden fünfzehn Bomben, jeweils mit einem Gewicht von mehr als fünfzig Kilogramm sicher entschärft.

Seit Winnenden 200 000 Waffen abgegeben

Zu den Aufgaben des dem Regierungspräsidiums Stuttgart unterstellten Dienstes gehört es außerdem, abgegebene Waffen unbrauchbar zu machen. „Seit Winnenden wurden mehr als 200 000 Waffen landesweit abgegeben“, sagt Regierungspräsident Reimer. Außerdem werden Luftbilder der Alliierten Streitkräfte ausgewertet, so können mögliche Standorte von weiteren Bomben identifiziert werden.

Die Arbeit der Bombenentschärfer wird nicht etwa einfacher: Im Land wird viel gebaut, jede Baustelle kann etwas zutage bringen, außerdem verrotten die alten Bomben, werden fragiler und sind daher umso schwerer einzuschätzen.

„Am gefährlichsten sind die englischen und amerikanischen Bomben mit Langzeitzündern“, sagt Ralf Vendel, Leiter des Kampfmittelbeseitigungsdienstes. Wenn eine solche gefunden wird, arbeiten die Bombenexperten mit Fernentschärfungsgeräten. Das ist aber keineswegs ungefährlich. „Bevor eines der Geräte den Zünder herausdreht, müssen wir rund eine Stunde an der Bombe arbeiten, um das passende Gerät anzubringen. Während dieser Zeit kann die Bombe hochgehen“, so Vendel.

Er ist seit mehr als 30 Jahren im Dienst und hat schon so einiges erlebt: „Im Allgäu kamen Panzergranaten ans Licht. Je länger man da gewartet hat, desto schlimmer wurde es. Es kam Luftsauerstoff und Feuchtigkeit an die Waffen. Das hätte mit dem Sprengstoff reagieren können. Da musste man schnell handeln“, sagt Vendel.