Ursprünglich war der 1. Mai eng mit dem Kampf für Arbeiterrechte verbunden, aber im Laufe der Zeit hat sich seine Bedeutung vielfach gewandelt. Heute wird der Tag oft als Gelegenheit genutzt, um mit Familienausflügen, Maibaumstellen oder politischen Kundgebungen zu feiern. Doch warum ist der 1. Mai überhaupt ein Feiertag?

Katrin Jokic

Die Bedeutung des 1. Mai

Die Ursprünge des 1. Mai als Feiertag gehen auf das Jahr 1886 in den USA zurück. Zu dieser Zeit begannen organisierte Streiks von Gewerkschaften, die sich für bessere Arbeitsbedingungen und den Acht-Stunden-Tag einsetzten. Etwa 400.000 Arbeiter beteiligten sich an diesen Streiks, die an mehreren Tagen stattfanden und teilweise zu gewaltsamen Auseinandersetzungen führten.

 

Besonders in Chicago, einem Zentrum dieser Bewegung, streikten rund 90.000 Menschen für verbesserte Arbeitsverhältnisse. Die Lage eskalierte am 3. Mai, als die Polizei in der Nähe einer Fabrik sechs streikende Arbeiter erschoss. Am folgenden Tag, während einer Kundgebung auf dem Haymarket in Chicago, wurde eine Bombe in die Menge geworfen, die zwölf Menschen tötete. Die Verantwortlichen für das Attentat wurden nie eindeutig identifiziert, doch acht Männer, die den Streik mitorganisiert hatten, wurden ohne ausreichende Beweise verurteilt - einige zum Tode oder zu langen Haftstrafen. Diese Urteile lösten internationale Solidaritätsbekundungen und Proteste in Arbeiterkreisen weltweit aus. Der 1. Mai wurde als Gedenktag für den Haymarket Riot in Chicago im Jahr 1886 etabliert.

Die Geschichte des 1. Mai

Die Geschichte der Etablierung des Tags der Arbeit als Feiertag ist von bedeutenden historischen Ereignissen geprägt. Im Juli 1889 versammelten sich etwa 400 Delegierte sozialistischer Parteien und Gewerkschaften in Paris zu einem internationalen Kongress, der anlässlich des 100. Jahrestags des Sturms auf die Bastille stattfand. Dabei waren auch die „Haymarket Riots“ ein wichtiges Thema. Am 20. Juli 1889 wurde auf diesem Kongress beschlossen, den Weltfeiertag der Arbeit einzuführen und auf den 1. Mai zu legen.

Ab 1890 fanden in vielen Ländern regelmäßig Demonstrationen statt, vor allem mit dem Ziel, den Acht-Stunden-Tag durchzusetzen. Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) erklärte den Tag zum Tag der Arbeiterbewegung, an dem Streiks und Proteste stattfanden. Arbeitgeber reagierten jedoch mit Entlassungen und anderen Sanktionen, wodurch der 1. Mai zum Symbol des Klassenkampfes wurde.

Bereits 1919 gab es in der Weimarer Republik Bestrebungen, den 1. Mai zum Feiertag zu machen, was jedoch an politischen Differenzen zwischen den Parteien scheiterte.

Der 1. Mai wurde erstmals 1933 unter den Nationalsozialisten zu einem bezahlten und arbeitsfreien Feiertag erklärt. Sie machten ihn zum „Tag der nationalen Arbeit“, zerschlugen die Gewerkschaften und nutzten den Tag für ihre Propaganda.

Im darauffolgenden Jahr wurde der 1. Mai zum „Nationalen Feiertag des deutschen Volkes“ erklärt. Die Verbindung zur Arbeiterbewegung wurde dadurch gelöst, und es wurde an angeblich germanische Brauchtümer erinnert, indem der Tag als Frühlingsfest gefeiert und mit Traditionen wie dem Aufstellen von Maibäumen verbunden wurde. Trotz dieser Umdeutung blieb der Tag auch ein Symbol des Widerstands gegen das Nazi-Regime.

Nach dem Zweiten Weltkrieg bestätigten die Alliierten den 1. Mai als Feiertag, der wieder als „Tag der Arbeit“ gefeiert wurde. Vor allem in der DDR erlangte der Tag eine besondere Bedeutung mit Kundgebungen und Massendemonstrationen. In dieser Zeit entwickelte sich auch die rote Mai-Nelke als Symbol für den sozialistischen 1. Mai.

Bräuche und Traditionen am 1. Mai

Wegen der Vermischung von Klassenkampf, sozialistischer Bewegung und Frühlingsfest gibt es heutzutage verschiedene Aktionen rund um den 1. Mai, die sich zum Teil auch regional unterscheiden, zum Beispiel:

  • Maibaumstellen auf einem zentralen Platz als Frühlingsfest
  • Maibaumstellen als Liebesbeweis vor der Tür der Liebsten
  • Maistreiche, regional auch als „Hexennacht“ bekannt, in der Kinder und Jugendliche Streiche spielen
  • Tanz in den Mai, abgeleitet von der Walpurgisnacht vom 30. April auf den 1. Mai

1. Mai 2024: "Mehr" ist das Motto

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat auch für den 1. Mai 2024 gemeinsame Demonstrationen angekündigt, um für höhere Löhne, mehr Freizeit und soziale Gerechtigkeit einzutreten. Die Gewerkschaften betonen dabei die Bedeutung und Stärke ihrer Mitglieder, Betriebs- und Personalräte sowie aller Aktiven in der Arbeitswelt.

In diesem Jahr hat der DGB einen neuen Ansatz gewählt: Statt eines üblichen politischen Aufrufs aus dem Büro des DGB wurden die Menschen direkt in den Betrieben, Büros, Hochschulgruppen und Jugendvertretungen befragt. Die Meinungen und Bedürfnisse dieser engagierten Menschen stehen im Mittelpunkt der diesjährigen Aktionen. Es geht darum, zu erfahren, wovon diese Menschen "MEHR" wollen und was sie benötigen, um ihre Arbeitsbedingungen und Lebenssituation zu verbessern.