Im Haus der Wirtschaft präsentieren rund 150 deutschsprachige Verlage ihre Neuerscheinungen. Die Stuttgarter Buchwochen finden zum 73. Mal statt – und machen manches anders.

Stadtleben/Stadtkultur/Fildern : Andrea Kachelrieß (ak)

Das Wörtchen „Insel“ weckt bei Urlaubern besondere Sehnsüchte. Sonne, Strand und Meer gibt es auch anderswo. Doch das von natürlichen Grenzen definierte Terrain einer Insel verspricht ein Plus an Erholung, weil der Raum für Entdeckungen überschaubar ist.

 

Von diesem positiven Effekt wollen auch die Macher der nunmehr 73. Buchwochen profitieren und haben die Ausstellung neu geordnet. Wer sich noch bis zum 3. Dezember im Haus der Wirtschaft ins Meer der Neuerscheinungen stürzt, kann sich wie bisher an den Ständen von rund 150 Verlagen vorbeitreiben lassen. Doch dazwischen geben nun Themen-Inseln Orientierung und laden mit Sitzkissen zum Verweilen ein.

Nachhaltigkeit ist eines der gesetzten Themen

„Bücher können Nachhaltigkeit“ – so lautet das Versprechen auf der ersten Themen-Insel in der Nähe des Eingangs. Titel wie „2,8 Grad – Endspiel für die Menschheit“, „Durstiges Land“ oder „Die große Trockenheit“ warnen vor einer heißen Zukunft. Sie stehen in aufgetürmten Kästen, deren helles Holz freundlich und einladend aussieht. Schließlich werden auf dieser Insel nicht nur die Szenarien der Klimakrise durchgespielt, sondern auch Wege daraus aufgezeigt. Artenvielfalt, ein schonender Umgang mit Ressourcen: Viele Bücher geben Tipps, wie jeder beim Gärtnern, Kochen oder Reisen einen Beitrag leisten kann, sogar nachhaltiges Angeln ist mit dem Titel „Hook & Cook“ im Angebot.

Große Namen machen das Programm attraktiv

Ein turbulenter Chor von Kinderstimmen lässt die gute Laune aus dem Veranstaltungsraum bis in die Bücherausstellung schwappen. Schulklassen sind am Vormittag beliebte Gäste der Lesungen, Kinderbuchautoren wie Ulf Blank, Jörg Isermeyer und Britta Sabbag sorgen für volle Reihen. So gut besucht hätte Tom Erben, der als Geschäftsführer des baden-württembergischen Buchhandelsverbands auch Veranstalter der Buchwochen ist, gern die ganzen Ausstellungsräume. „Wir möchten ein diverseres Publikum ansprechen“, sagt Tom Erben. Attraktive Namen unter den Programmgästen wie zum Beispiel Joachim Gauck oder Denis Scheck werben für die Bücherschau, sind aber auch teuer.

Neue Förderung beantragt

Für den ansprechenderen Auftritt der Buchwochen, der bis in die Außenwerbung reicht, haben ihre Macher deshalb bei der Stadt um Unterstützung gebeten. Von 2000 bis 2009 wurde die Branchenschau mit bis zu 12500 Euro an jährlichen Projektmitteln schon einmal gefördert, dann kam die Finanzkrise. Nun hat die Bücherschau, um die neue Qualität der Ausstellung halten zu können, jährliche Fördermittel in Höhe von 25000 Euro beantragt. „Ich bin überzeugt davon, dass die Buchwochen eine für Stuttgart wichtige Veranstaltung sind“, sagt Tom Erben. Wichtig ist ihm ihre Verankerung in der Kulturförderung auch, um Zugang zu den entsprechenden Werbeflächen der Stadt zu erhalten.

Brückenschlag zu einem jüngeren Publikum

Neben Schulklassen sprechen die Buchwochen an einem Vormittag unter der Woche vor allem ein älteres Publikum an. Um eine Brücke von den bei Kindern beliebten Büchern wie „Die drei ???“ ins Angebot für Erwachsene zu schlagen, gibt es eine Themen-Insel namens „New Adult“. Buchcover in Pink- und Türkistönen wenden sich an eine Leserschaft, die vor allem eine Leserinnenschaft sein dürfte. Ein Workshop mit zwei von dieser Zielgruppe geschätzten Autorinnen war begehrt. Ob die New-Adult-Fans auch die restliche Ausstellung wahrnehmen? Tom Erben, der die Buchwochen breit gefächert und niederschwellig aufstellen will, würde das freuen. „New-Adult“-Bücher thematisierten trotz ihrer Emotionalität schließlich Ernsthaftes wie Identitätsfragen, betont Erben und weiß: „Es bildet sich durch die Trends eine Landschaft von talentierten jungen Autoren und Autorinnen heraus, die über das reine Herzschmerz hinausschreiben. Bücher können nur erfolgreich sein, wenn sie auch mehrschichtig sind.“

Gewinn an Attraktivität

Wer sich durch die Buchausstellung treiben lässt, kommt auch an den Reise-Verlagen vorbei. Tatsächlich fällt der Insel-Urlaubstrend sofort auf, von den Balearen über Mauritius bis Sardinien führt das Insel-Hopping gleich auf dem ersten Regalmeter. Stranden kann man an zwei weiteren Themen-Inseln. Um Gesundheit und Gesellschaft geht es. Hier um Ernährung und Gewichtsprobleme, dort um das Risiko von Ego-Kapitalismus, Ungleichheit und einer übersensiblen Gesellschaft. Beim Stöbern bestätigt sich: Mit der neuen Struktur haben die Buchwochen an Attraktivität gewonnen. Sie lädt zum Verweilen ein und verrät ein bisschen davon, wo die Welt jenseits schöner Buchdeckel der Schuh drückt.

Info

Termin
Die 73. Stuttgarter Buchwochen finden bis zum 3. Dezember im Haus der Wirtschaft statt. Sie sind täglich von 11 bis 19.30 Uhr geöffnet, an Donnerstagen bis 21 Uhr.

Tickets
Tageskarten kosten 3 Euro, ermäßigt 1,50 Euro. Kinder bis einschließlich 14 Jahren und Schulklassen haben freien Eintritt.

Programm
Infos zu allen Veranstaltungen und Lesungen finden sich auf www.buchwochen.de