Die Abwahl Volker Kauders als Unionsfraktionschef hat namhafte CDU-Politiker im Land negativ überrascht. In Baden-Württemberg genoss Kauder noch Rückhalt – und wurde als Stimme des Südwestens im Bund geschätzt. Schon werden erste Rufe nach Kompensation laut.

Stuttgart - Die Abwahl Volker Kauders als Unionsfraktionsvorsitzender hat namhafte CDU-Politiker im Land negativ überrascht. „Das war kein guter Tag für die CDU-Landesgruppe“, sagte die Stuttgarter CDU-Bundestagsabgeordnete Karin Maag unserer Redaktion. „Ich persönlich bedauere das Ergebnis menschlich wie politisch. Ich bin kein Freund der Revolution, sondern des geordneten Übergangs.“ Volker Kauder habe keine Fehler gemacht. Maag, die den Wahlkreis Stuttgart II vertritt und selbst dem Fraktionsvorstand angehört, sagte, offenbar habe jedoch der Wunsch nach Erneuerung eine Rolle gespielt. Man müsse sich nun in der Landesgruppe darüber unterhalten, wie es weitergehe. Kauder habe dafür gesorgt, dass das Land auch ohne einen eigenen Minister in Berlin gut positioniert sei. „Er war immer auch Baden-Württemberger“, sagte Maag. „Bei der nächsten Kabinettsumbildung wird Baden-Württemberg Ansprüche stellen müssen.“

 

CDU-Vize und Landesinnenminister Thomas Strobl reagierte gelassener auf das Votum. „Das ist Demokratie innerhalb einer Fraktion. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat souverän entschieden“, erklärte Strobl. Er habe in den vergangenen Wochen „die kritische Stimmung unter den Kollegen im Deutschen Bundestag durchaus wahrgenommen“.

„Der Verlust eines wichtigen Postens für die Landes-CDU“

Stefan Kaufmann, ebenfalls CDU-Bundestagsabgeordneter (Wahlkreis Stuttgart I), sagte, Brinkhaus habe eine gewisse Stimmung in der Fraktion angesprochen. „Es ging auch um die Frage des Selbstbewusstseins der Fraktion gegenüber der Bundesregierung.“ Die CDU-Landesgruppe selbst habe solidarisch hinter Kauder gestanden. Die Südwest-CDU sieht der Stuttgarter Abgeordnete jetzt deutlich schwächer in Berlin vertreten. „Der Fraktionsvorsitz ist mit einem Ministerposten vergleichbar“, sagte Kaufmann. „Die Abwahl Kauders bedeutet für uns den Verlust eines wichtigen Postens“, sagte Kaufmann. Als Kompensation brachte er den bisher von Brinkhaus besetzten Posten des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden ins Spiel, über den bald entschieden werde. „Das wäre das Mindeste.“

„Kauder musste die Suppe auslöffeln“

„Für Volker Kauder tut es mir menschlich sehr leid“, erklärte Thomas Bareiß, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium. „Diese Niederlage hat er nach 13 Jahren seines enormen Einsatzes für die Fraktion nicht verdient.“ Gleichzeitig stehe man vor großen Herausforderungen. „Wir können uns jetzt keinen Durchhänger leisten.“ Der Nürtinger CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Hennrich erklärte: „Volker Kauder musste die Suppe auslöffeln, die ihm Merkel und Seehofer eingebrockt haben.“ CDU-Innenpolitiker Armin Schuster sprach von einem Wechsel zur Unzeit. „Wir haben jetzt sowieso eine instabile Phase in der Regierungsarbeit, da hilft das natürlich jetzt nicht.“

Ute Vogt: „Basta-Typen sind in der Politik out“

Ute Vogt (SPD), die für den Wahlkreis Stuttgart I im Bundestag sitzt und stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion ist, sagte unserer Redaktion, sie habe Volker Kauder als verlässlichen Partner kennengelernt. Er stehe aber auch für eine „Basta-Politik, und Basta-Typen sind in der Politik out.“ In der Wahl von Brinkhaus drücke sich der Wunsch vieler CDU-Bundestagsabgeordneten aus, dass die Bundeskanzlerin „kommunikativer wird. Dafür haben sie ein Ventil gesucht“.

Andere politische Gegner schalten schon in den Angriffsmodus. Hans-Ulrich Rülke, der FDP-Fraktionschef im Landtag, spricht von einer Ohrfeige für Thomas Strobl. Erst sei es „der CDU Baden-Württemberg nicht gelungen, bei der letzten Regierungsbildung einen Ministerposten im Bundeskabinett zu erreichen, und jetzt ging auch noch der Fraktionsvorsitz verloren“.