Rund 90 Veranstaltungen gibt es bei den Aktionswochen gegen Rassismus in Stuttgart – darunter einen Kochabend zu den gemeinsamen Wurzeln der Esskulturen und ein Abend zu den Ursprüngen von Gemeinschaftsspielen.

Lokales: Armin Friedl (dl)

Rassistische Vorurteile prägen nach wie vor unseren Alltag. Das trifft vor allem jene, die auf diese Weise angegriffen und ausgegrenzt werden, geht aber auch jene an, die andere Menschen diffamieren. Dass die Aktionswochen gegen Rassismus in Stuttgart nun zum achten Mal stattfinden, ist also zum einen ein Zeichen, dass hier nach wie vor vieles im Argen ist. Zugleich ist das aber auch der Beweis dafür, dass die Bereitschaft da ist, dagegen anzugehen. Mehr als 90 Veranstaltungen, veranstaltet von etwa 60 Organisationen – das kann sich sehen lassen. Schaut man auf die Liste der Veranstalter, sind die meisten das ganze Jahr über mit dem Thema befasst. Und doch, oder gerade deshalb, benötigen sie auch eine Bündelung all ihrer Aktivitäten, um in einem höheren Maße auf sich aufmerksam zu machen.

 

Veranstaltungen für Schüler und für Erwachsene

„Mit den Aktionswochen wollen wir eine möglichst breite Öffentlichkeit erreichen und sensibilisieren“, sagt Anke Bauer vom Forum der Kulturen, das all diese Veranstaltungen bündelt. Das bedeutet: Da gibt es Programme, die gezielt Leute zum Thema Rassismus ansprechen, also etwa Schüler in Schulen, oder Erwachsene in Weiterbildungseinrichtungen, in betriebsinternen Veranstaltungen oder in besonderen Formaten in Vereinen oder Verbänden. Und natürlich gibt es Lesungen, Vorträge und Diskussionen und schließlich noch ein Ausstellungsprojekt, das gerade entsteht.

Die Künstlerin und Aktivistin Ülkü Süngün ist Schirmfrau dieser Aktionswochen; außerdem sind dabei: Alice Heisler, Bildungsreferentin im Fachbereich Demokratiebildung beim Stadtjugendring; Houda El Medahe vom Fachbereich Antirassismus, Diversität und Interkultur beim Forum der Kulturen sowie Kerim Arpad, der Geschäftsführer des Deutsch-Türkischen Forums Stuttgart. Sie wissen genau, woran es hapert und bieten dazu maßgeschneiderte Angebote. „Rassismus, das ist nicht nur das doofe Verhalten einzelner Menschen“, sagt El Medahe, „das begegnet allen überall. Das gibt es in Filmen, in Medien allgemein, auch an allgemeinen Anlässen wie Fasching. Die Auswirkungen können nahezu täglich festgemacht werden, im Privaten wie bei der Arbeit.“

Rassismus durch die Hintertür

Rassismus präge auch die Erinnerungskultur, denn das Phänomen sei ja nicht neu, Rassismus gebe es seit Jahrhunderten. Insofern kann man Süngüns leise Zweifel nachvollziehen, wenn sie sich angesichts dieser historischen Dimension fragt: Bringt das überhaupt etwas? – Und genauso nachvollziehbar ist auch ihre Reaktion: „Solch einen Aktionszeitraum sollte es nicht nur zwei Wochen im Jahr geben, sondern das ganze Jahr über, es sollte Teil einer strukturellen Arbeit sein“. Denn Rassismus komme nicht immer offensichtlich daher, sondern häufig auch beiläufig durch die Hintertür, sagt Süngün. Und da seien die Aktionswochen eine gute Wegmarke, die zeige, wo was erreicht wurde und wo es noch viel Nachholbedarf gibt.

Zumal so auch all jene zusammenkommen, die sich mit diesem Thema auseinandersetzen, aber dies sonst vor allem mit ihren eigenen Einrichtungen im Blick. So ist jetzt zum ersten Mal das Deutsch-Türkische Forum im Organisationsteam. Arpad: „Der gesellschaftliche Zusammenhalt ist generell ein wesentlicher Bestandteil unserer Arbeit. Künftig wollen wir unsere Zielgruppen verstärkt auf die Möglichkeiten im Weiterbildungsbereich aufmerksam machen“. Traditionell gut ausgebucht sind die Veranstaltungen für Schüler. „Mit den Aktionswochen können wir aber auch ganz gezielt pädagogische Fachkräfte ansprechen. Oder die Multiplikatoren in Vereinen, Firmen und Schulen“, sagt Heisler, „da bieten wir speziell ein Programm für muslimische Frauen an.“

An diesem Donnerstag, 30. März, findet im Rahmen der Aktionswochen ein internationaler Kochabend mit Gesprächen im Gemeindezentrum der evangelischen Kirche Botnang (Paul-Lincke-Straße 19) statt, und zwar von 18 bis 22 Uhr für 18- bis 35-Jährige. Am Beispiel eines indonesischen Gerichts wird gezeigt, dass viele Esstraditionen sich ähneln. In den Räumen der Arbeiterwohlfahrt (Olgastraße 71) findet ebenfalls am 30. März ein Spieleabend statt. Da wird gezeigt, wie sich Brettspiele aus der Zeit des Altertums heraus entwickelt haben.