Immer mehr Rentner in Deutschland sind von Altersarmut betroffen. Die Zahl der Ruheständler, die aus staatliche Hilfe angewiesen sind, steigt. Auch müssen immer mehr Menschen über 65 Jahren hinaus arbeiten, um ihre geringe Rente aufzubessern.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Mehr als sieben Millionen Rentner in Deutschland müssen laut einer Berechnung des Statistischen Bundesamtes monatlich mit weniger als 1250 Euro netto auskommen. Das sind mehr als 42 Prozent aller Rentenempfänger in Land, wie aus der Erhebung auf Anfrage des Linken-Abgeordneten Dietmar Bartsch hervorgeht. Mehr als fünf Millionen der Betroffenen sind demnach Frauen.

 

1000 Euro für jeden vierten Rentner

Auf weniger als 1000 Euro im Monat kommt der Berechnung zufolge etwa jeder vierte Rentenempfänger. Die durchschnittliche Brutto-Rente hierzulande lag laut dem Rentenatlas 2023 der Deutschen Rentenversicherung im Jahr 2022 bei 1728 Euro bei den Männern und 1316 Euro bei den Frauen.

Angesichts dieser Zahlen sprach Linken-Politiker Bartsch von einem „Armutszeugnis für unser Land“. Die Rentner seien die „Hauptverlierer der Inflation.“ Wir bräuchten auch in diesem Jahr eine einmalige und zusätzliche Rentenerhöhung um zehn Prozent, um zumindest die Inflation auszugleichen, so Bartsch.

Wie groß sind die Rentenunterschiede bei Männern und Frauen?

Nach mindestens 45 Versicherungsjahren erhalten die Deutschen im Durchschnitt eine monatliche Rente von 1543 Euro.

Der Unterschied zwischen Frauen und Männern beträgt demnach mehrere hundert Euro: Männer kämen nach 45 Versicherungsjahren auf eine Rente von durchschnittlich 1637 Euro und Frauen auf 1323 Euro pro Monat.

Die durchschnittlichen Renten im Westen und im Osten des Landes gehen dem Bericht zufolge ebenfalls auseinander: In Westdeutschland bekommen Männer und Frauen demnach nach 45 Jahren in der Rentenversicherung durchschnittlich 1605 Euro im Monat. Im Osten seien es hingegen nur 1403 Euro im Monat.

Wie hoch ist die Durchschnittsrente in Deutschland? Rentenniveau

In Deutschland gehen immer mehr Rentner arbeiten. Derzeit seien 1,123 Millionen Arbeitnehmer über 67 Jahre alt und hätten somit das reguläre Renteneintrittsalter überschritten, heißt es in Antworten des Bundesarbeitsministeriums auf parlamentarische Anfragen der Linksfraktion vom September 2023. Die Zahl setzt sich demnach zusammen aus 251 000 sozialversicherungspflichtig sowie 872 000 ausschließlich geringfügig beschäftigten Rentner.

Sozialleistungen im Alter

Wenn die Rente nicht ausreicht, um den Lebensunterhalt zu bestreiten, können Rentner Sozialleistungen beantragen. In Deutschland beziehen so viele Rentner wie nie zuvor Grundsicherung. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Stand: 2021) erhalten 3,4 Prozent der rund 21 Millionen Rentner Grundsicherung.

Steigt die Zahl der Rentner mit Grundsicherung?

Ja, und zwar deutlich. Wie die Zeitungen der Funke Mediengruppe am Sonntag (16. Juli) unter Berufung auf bislang unveröffentlichte Daten des Statistischen Bundesamtes (Destatis) berichteten, waren in den ersten drei Monaten des Jahres 684 000 Rentner auf Grundsicherung angewiesen – 90 000 mehr als 2022. Dies entspricht im Jahresvergleich etwa einem Anstieg um 15 Prozent.

Besonders von Altersarmut betroffen sind demnach Frauen. Den Daten zufolge bezogen zuletzt sechs von zehn Rentnerinnen Grundsicherung.

Wer erhält im Alter Grundsicherung?

Grundsicherung im Alter können alle Menschen beantragen, deren Einkünfte nicht ausreichen, um die Lebenshaltungskosten zu decken. Der Regelsatz entspricht dem der Grundsicherung. Seit vergangenem Jahr haben auch Geflüchtete aus der Ukraine im Rentenalter unter den üblichen Voraussetzungen Anspruch auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch statt wie zuvor nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.

Betroffen sind vor allem Rentner, die angesichts der Preisexplosionen in die Altersarmut rutschen. Die Dunkelziffer sei dabei deutlich höher, da viele Betroffene aus Scham nicht zum Sozialamt gingen, heißt es in dem Bericht des Bundesarbeitsministeriums.

Info: Durchschnittsrente in Deutschland

Durchschnittsrente
Die Standardrente – auch Eckrente oder Durchschnittsrente genannt – liegt der Statistik der Deutschen Rentenversicherung zufolge in den alten Bundesländern bei 1620,90 Euro brutto. In den neuen Bundesländern kann ein Standardrentner mit einer Brutto-Rente von 1598,40 Euro rechnen (Stand: 1. Juli 2022). Das sind netto vor Steuern in den alten Bundesländern 1442,60 Euro und in den neuen Bundesländern 1422,58 Euro monatlich.

Brutto- und Nettorente
Die individuelle Rentenhöhe in Euro wird durch die Bruttorente, den Rentenzahlbetrag nach Abzug der Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sowie die Nettorente vor und nach Steuern angegeben.

Steuerpflichtige Rentner
Jeder Rentner ist steuerpflichtig. Ob er auch Steuern zahlen muss, hängt unter anderem von der Höhe seiner Rentenbezüge ab. Wie viel Steuern ein Durchschnittsrentner zahlen muss, lässt sich nicht pauschal sagen. Grund ist die Einführung der sogenannten nachgelagerten Besteuerung im Jahr 2005. Seitdem werden Renten nicht mehr einheitlich besteuert.

Abzüge von der Durchschnittsrente
Neben dem steuerlichen Grundfreibetrag, der allen Steuerzahlern zusteht, gibt es für Rentner noch den sogenannten Rentenfreibetrag. Wie hoch dieser ist, richtet sich nach dem Jahr, in dem man in Rente gegangen ist. Bis 2040 soll der Rentenfreibetrag auf null sinken. Von da an müssen Neurentner ihre gesamte Rente versteuern. Nachdem die Freibeträge berechnet sind, werden von der Bruttojahresrente vor Steuern die gesetzlichen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung abgezogen (zusammen 10,95 Prozent). Berechnungsgrundlage hierfür ist die volle Jahresrente ohne Abzüge der Freibeträge.

Nettorente nach Steuern
Die Nettorente nach Steuern meint den Geldbetrag, der dem Ruheständler wirklich monatlich zur Verfügung steht. Wie hoch ist dieser im Durchschnitt? Bei Frauen lag die reguläre Altersrente – auch Regelaltersrente genannt – 2021 nach allen Abzügen im Schnitt bei 856,05 Euro. Männer erhielten durchschnittlich 1203,53 Euro. Damit erhalten Männer im Schnitt weiter rund 40 Prozent mehr gesetzliche Rente als Frauen. Nach Angaben des Bundessozialministeriums stehen jeder fünften Rente beziehenden Person monatlich weniger als 500 Euro zur Verfügung. Der tatsächliche Betrag, der jeden Monat ausgezahlt wird und den ein Rentner zur Verfügung hat, ist also deutlich niedriger als die Durchschnittsrente 1620,90 bzw. 1598,40 Euro.

Der Eckrentner
Maßstab für die Berechnung der Durchschnittsrente ist der sogenannte Eckrentner. Man könnte auch sagen Durchschnittsrentner. Die fiktive Rechengröße des Eckrentners wird dazu verwendet, das Standardrentenniveau sowie den Nachhaltigkeitsfaktor zu berechnen: (1) Der Eckrentner zahlt 45 Jahre Beiträge in die Rentenversicherung ein. (2) Er verdient jedes Jahr das Durchschnittsgehalt aller Versicherten. (3) Beim Rentenbeginn erreicht der Eckrentner die Regelaltersgrenzen. (4) Beim Rentenbeginn besitzt der Eckrentner 45 Entgeltpunkte.

Der reale Rentner
Auf 45 Beitragsjahre kommen nur sehr wenige Rentner. Viele Versicherte müssen aber mit wesentlich niedrigeren Altersrenten als der Standardrente rechnen. Abzüge gibt es beispielsweise, wenn das Gehalt regelmäßig unter dem Durchschnitt liegt. Lücken im Erwerbsleben führen ebenfalls zu einer niedrigeren Rente. Insgesamt kommt der Durchschnittsdeutsche auf deutlich weniger Beitragsjahre als der Standardrentner der Deutschen Rentenversicherung.