Andrea Petkovic hat das deutsche Frauentennis in diesem Jahr zurück in die Weltspitze geführt. Sie will auch 2012 zu den Top Ten gehören.

Frankfurt a. M. - Wenn Andrea Petkovic am ersten Weihnachtsfeiertag am Frankfurter Flughafen zum Saisonstart gen Australien aufbricht, wird sie am Terminal wieder viele alte Bekannte treffen. Schließlich hat Deutschlands beste Tennisspielerin wieder ihre große Tennisschlägertasche mit dabei.

 

"Deswegen erkennen mich die Leute - und dann bekomme ich die unglaublichsten Geschichten zu hören", sagt Petkovic über die vielen Schulterklopfer: "So viele gute alte Bekannte wie jetzt hatte ich noch nie." Vermutlich werden es bei den Turnieren in Brisbane (Beginn: 1. Januar) und Sydney (8. Januar), wo sich die 24-Jährige für die Australian Open (16. bis 29. Januar) einspielen will, noch mehr werden.

Denn hinter Petkovic liegt eine überaus erfolgreiche und emotionale Saison. Die hat die Darmstädterin zuletzt ein wenig Revue passieren lassen: Bei der Gala zur Wahl der Sportlerin des Jahres in Baden-Baden, wo sie Zweite wurde und mit ihrem Kleid auftrumpfte. Beim Fernseh-Jahresrückblick, wo sie Hape Kerkeling Tennisgrundlagen beibrachte; aber auch bei ihrem Heimatverein TEC Darmstadt. Dort saß sie - gut gelaunt wie so oft - vor Kurzem im schlichten Clubheim und analysierte ein Jahr, in dem "andauernd jemand die Vorspultaste gedrückt hat".

"Ich muss mit meinem Dickkopf aufpassen"

Petkovic zog bei drei von vier Grand-Slam-Turnieren in das Viertelfinale ein, sie besiegte als erste deutsche Spielerin seit Steffi Graf die Weltranglistenerste, nämlich Caroline Wozniacki, und sie stürmte in die Top Ten. Weil Petkovic außerdem eine extrovertierte, schlagfertige und hübsche junge Frau ist, haben sie die Deutschen schnell in ihr Herz geschlossen. "Bei Petko stimmt einfach das Gesamtpaket", sagt die Fedcup-Teamchefin Barbara Rittner. "Ich weiß nicht, was sie stoppen soll."

Mit dieser rasenden Entwicklung Schritt zu halten, fiel Petkovic zunächst aber schwer: "Früher dachte ich, wenn ich unter den besten 20 der Welt bin, wird alles einfacher." Doch das Gegenteil sei der Fall. "Ich empfinde jetzt doppelt so viel Anspannung - und spüre die Nüstern der anderen im Nacken." Dazu gab es in der vergangenen Saison für die aktuelle Weltranglistenzehnte auch kleinere Rückschläge. Bei den US Open in New York spielte sie trotz einer Knieverletzung und gegen den Willen ihres Umfelds. "Ich muss mit meinem Dickkopf aufpassen", sagt sie. "Denn manchmal kommt schon die Angst durch, wie schnell alles vorbei sein könnte."

Die Erfolge von 2011 möchte sie gerne wiederholen - vor allem aber ihren, wie sie sagt, "emotionalsten Moment": den Sieg im Fedcup im April gegen die USA in Stuttgart, der den Einzug in die Weltgruppe bedeutete. "Da haben wir das deutsche Tennis wieder so richtig aufgeweckt", sagt Petkovic, die zwar für kein Geld der Welt ihr Dasein als Einzelsportlerin aufgeben würde, aber dennoch sagt: "Die Wochen im deutschen Team genieße ich sehr."

"In einer unglaublichen Form und so fit"

Umso mehr freut sie sich auf die nächste Fedcuppartie am 4. und 5. Februar gegen Tschechien - wieder in Stuttgart. Die Gegnerinnen mit der Wimbledon-Siegerin Petra Kvitova seien zwar "eine Bombenmannschaft", doch Petkovic hat keinen Zweifel daran, dass sie und ihre starken Teamkolleginnen Sabine Lisicki, Julia Görges und Angelique Kerber gewinnen und dann später sogar "den Pott holen können". Für das neue Jahr hat sich die 24-Jährige mindestens noch ein weiteres großes Ziel vorgenommen: Petkovic will unbedingt mal Helmut Schmidt treffen. Sie bewundert den Altkanzler.

Ihre sportlichen Ziele skizziert sie derweil nicht so konkret. Sie sehe sich noch deutlich hinter den besten fünf der Welt und wolle sich nicht von Resultaten abhängig machen, sagt sie. Klar ist aber, dass Andrea Petkovic auch am Jahresende 2012 wieder in den Top Ten stehen will. Barbara Rittner und Petkovic' persönlicher Trainer Petar Popovic sind da deutlich optimistischer. "Sie ist in einer unglaublichen Form und so fit", sagt Rittner, die Petkovic kürzlich während ihrer Vorbereitung in der Offenbacher Tennisakademie von Alexander Waske und Rainer Schüttler besucht hat.

Und Popovic ergänzt: "Sie kann in ihrer Karriere sicherlich auch die großen Titel holen. "Um zu untermauern, wie sicher er sich seiner Sache ist, ließ sich der Serbe auf eine Wette ein. Wenn sie einen Grand-Slam gewinnt, will er ihren Petko-Dance auf dem Centre-Court tanzen - und zwar nackt. "Kein Problem", sagt Popovic. Und als sich Petkovic nach lautem Lachen wieder beruhigt hat, muss sie zugeben: die Perspektive, ihren Trainer nackt tanzen zu sehen, sei die beste Motivation für das neue Jahr.