Im April hat das Stuttgarter Verwaltungsgericht den Polizeikessel bei der Antinazidemo im Oktober 2013 in Göppingen für rechtens erklärt. Wer damals gewaltsam ausbrechen wollte, muss jetzt vor Gericht.

Göppingen - Das Plädoyer war kurz. Er fordere für sich einen Freispruch. Dann aber bat der Angeklagte noch um das letzte Wort. Was folgte, waren viele Wörter in einem dreieinhalbseitigen Pamphlet, das den jungen Angeklagten vom Judenmord der Nazis über den Bundeswehreinsatz in Afghanistan bis zur aktuellen „Griechenland-Erpressung“ führte. Der ganze Prozess, so schloss er, sei eine Farce, veranstaltet von einer bundesdeutschen Justiz, die nie richtig entnazifiziert worden sei. Wenn der Herr Richter nachher sein Urteil verkünde, dann solle er doch bitte auf die Floskel „Im Namen des Volkes“ verzichten.

 

Die Polizei setzt sich zur Wehr

Der Hinweis des Amtsgerichtsdirektors Wolfgang Rometsch, man wolle den Fall „auf den rechtlichen Gehalt reduzieren, nicht auf den politischen“, hatte also nicht gefruchtet. Laut der Anklage ging es nämlich lediglich um „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“. Beim Göppinger Naziaufmarsch im Oktober 2013 hatte der 22-Jährige zu einer Gruppe linker Gegendemonstranten gehört, die versucht hatte, eine Polizeikette zu durchbrechen. „Sie haben von zehn runtergezählt und sind dann auf uns zugerannt. Wir mussten UZW anwenden“, sagte ein Polizeibeamter im Zeugenstand. UZW, das bedeute „unmittelbarer Zwang“, erklärte er dem Richter.

Gericht hält Kessel für rechtmäßig

Auf Fotos war der Angeklagte unschwer als einer der Beteiligten zu erkennen. Weil das Verwaltungsgericht im April die Einkesselung der Demonstranten für rechtmäßig und geboten erklärt hatte, war für Rometsch der Fall klar. Er verurteilte den jungen Mann, der bis vor Kurzem Landessprecher der Linksjugend Solid war, zu 50 Tagessätzen à zehn Euro – und zwar „Im Namen des Volkes“. Das schreibe die Prozessordnung nun mal vor.