Immer mehr Menschen suchen Antworten in der Astrologie. Aber warum? Und was haben Influencer wie Palina Rojinski damit zu tun? Die Religionswissenschaftlerin Isis Mrugalla von der Uni Tübingen klärt auf.

Baden-Württemberg: Lea Krug (lkr)

„Der Jupiter ist der Cheerleader unter den Planeten“, erklärt Influencerin, Moderatorin und Model Palina Rojinski mit einem fröhlichen Lächeln in die Kamera. Es sei an der Zeit, sich zu fragen: „Wofür setze ich meine Strahlkraft ein?“ Tausende folgen ihr über ihren Kanal Astrolinski auf Instagram. Erst vor wenigen Monaten veröffentlichte sie außerdem ihr Buch mit dem Titel „Folge deinen Sternen“.

 

Damit liegt Rojinski voll im Trend. Laut einer Umfrage von YouGov glauben mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland an einen Zusammenhang zwischen Persönlichkeit und Sternzeichen. Vor allem unter jungen Menschen ist Astrologie beliebt, 61 Prozent der 18- bis 24-Jährigen glauben an Horoskope.

Menschen nehmen ihre Spiritualität selbst in die Hand

Aber woher kommt der Trend? Und was erhoffen sich so viele von der Astrologie? „Heute nehmen mehr Menschen ihre Spiritualität selbst in die Hand“, erklärt die Religionswissenschaftlerin Isis Mrugalla, die an der Universität Tübingen forscht und sich unter anderem mit Okkultismus der Gegenwart auseinandersetzt.

Es sei ein Irrglaube, dass Religion heute keine Rolle mehr spiele, sie gehe nur weg von den großen Institutionen. „Viele betreiben eine Art ‚pic and mix’ und bedienen sich an verschiedenen Formen der Spiritualität“, sagt sie. Astrologie spiele dabei eine wichtige Rolle. „Das bietet eine kosmische Ordnung, in der viele Menschen Orientierung für sich finden, in einer Welt, die wahnsinnig komplex und mehrdeutig ist“. Außerdem gehe es für viele darum zu klären: Wer bin ich eigentlich? Typisierungen verschiedener Formen seien hoch gefragt, auch Psycho-Tests und Ähnliches spielten eine große Rolle. „Viele spricht dabei auch das natürliche Element der Sterne und Planeten an“, erklärt Mrugalla.

Worauf Menschen in der Astrologie Antworten suchen

Wann sollte man einen Karrierewechsel wagen, welcher Zeitpunkt ist gut, um auf ein Date mit dem Schwarm zu gehen und in welchen Wochen erwarten Zwillinge, Krebse und Wassermann viel Pech? Viele Menschen suchen auf solche Fragen die Antworten in der Astrologie. Und selbst im Fußball gibt es Astrologen, die auf die Spiele der Saison blicken und Rat geben.

Früher waren es klassische Frauenzeitschriften, die gefüllt waren mit Astrologie-Ratgebern, heute sind es vor allem Kanäle auf den sozialen Netzwerken. Das sei kein Zufall, erklärt Religionswissenschaftlerin Mrugalla. „Wir leben in einer Welt, in der die Selbstpräsentation im Fokus steht, das eigene Sternzeichen kann Teil dessen sein“. Vor allem auf Netzwerken wie Instagram sei das spürbar.

Religionswissenschaftlerin Isis Mrugalla von der Uni Tübingen forscht zu Okkultismus der Gegenwart. Foto: Privat

Mit den Sternzeichen lasse sich aber auch schlicht perfekter Inhalt für die Netzwerke kreieren. „Mir den klassischen Tiersternzeichen erreiche ich eben ein Zwölftel der Zuschauer.“ Aber auch Videos wie „Wer wäre in einer Drogenbande der Boss“, machten eben neugierig – selbst Menschen, die mit Astrologie sonst nichts zu tun haben.

Mit Physik hat all dies nichts zu tun

Aber ist all das eigentlich wahr? „Wenn sie das einen Physiker fragen würden, bekämen sie ein klares ‚Nein’. Aber ich bin keine Physikerin“, sagt Isis Mrugalla. Ihr Job sei nicht, das zu beurteilen. „Wir sind in der Religionswissenschaft keine Richterinnen oder Richter“, so die Wissenschaftlerin. Doch Astrologie wird, im Gegensatz zur Astronomie, meist als Pseudowissenschaft bezeichnet. Einen wissenschaftlichen Beleg zwischen dem Leben auf der Erde und der Bewegung der Himmelskörper – also etwa eine Art Synchronizität– ist wissenschaftlich nicht belegbar.

Model und Influencerin Palina Rojinski gibt online Astrologie-Tipps (Archivbild). Foto: www.imago-images.de/IMAGO/Eventpress Fuhr

„Love is not an escape from reality“, (auf deutsch: „Liebe ist keine Flucht vor der Realität“) ist etwa ein Rat, den Krebse im Juni von der millionenfach genutzt App Co-Star – wohl eine der bekanntesten weltweit – bekommen. Klingt völlig harmlos, aber kann Astrologie auch zur Gefahr werden? „Definitiv ja und definitiv nein“, sagt die Wissenschaftlerin der Uni Tübingen. Es gebe sicherlich problematische Seiten – wie aber bei allem, woran sich die Menschen orientierten. „Es besteht immer eine Gefahr, wo ein Wissen validiert wird. Wenn ich als Sternzeichen Widder immer wieder höre, wie gefährlich die Widder sind, dann verinnerliche ich das womöglich irgendwann“, sagt Mrugalla. Für die einen sei Astrologie Unterhaltung, für andere biete sie Orientierung und wieder andere drohten, sich darin zu verrennen.

Der Wunsch von Influencerin Rojinski am Ende ihres Instagram-Videos jedenfalls ist nicht gefährlich: „Wenn wir jetzt positiv sind, dann katapultieren wir unser gemeinsames Miteinander in eine bessere Welt. Lasst mir Sternenstau und Freude da.“